Wenn Dienstwagen und Sitzungsgelder für Betriebsräte zu persönlichen Fallen für die Topmanager werden

Top-Manager riskieren persönliche Schadenersatzzahlungen und Strafen, wenn sie Betriebsräte pampern und mit hohen Löhnen gewogen machen. Das ist seit dem BGH-Urteil im Fall VW klar, da gibt es kein Vertun mehr. Dumm nur: Wie hoch nun der Lohn für Betriebsräte sein soll, um unangreifbar zu sein, dafür gibt’s kein Patentrezept, keine simple Formel. Wie es am besten geht, erklärt Martina Hidalgo von der Kanzlei CMS. 

 

 

Martina Hidalgo (Foto: PR/CMS)

 

Die Gehälter von Betriebsräten richtig zu bemessen, ist schwierig:

    • Ist der Lohn zu niedrig, wird das Betriebsratsmitglied verbotener Weise benachteiligt und der Vorstand/Geschäftsführer macht sich strafbar wegen Betriebsratsbenachteiligung.
      Jedoch: Strafverfolgung der Topmanager geschieht aber nur, wenn sie beantragt  wird.
    • Ist das Gehalt zu hoch, macht sich der Vorstand / Geschäftsführer / Personalleiter der verbotenen Begünstigung strafbar und auch der Untreue.

 

Der prominenteste Fall – VW 

Die Staatsanwaltschaft klagte Vorstände sowie den Personalleiter von Volkswagen an wegen Untreue durch Gewährung unzulässig hoher Löhne für vier – freigestellte – Betriebsräte. Diese hatten von VW Bruttomonatsgehälter von 10.000 Euro bis 17.000 Euro sowie außerdem freiwillige Boni zwischen 98.000 Euro und 146.000 Euro im Jahr bekommen, in  einem Fall sogar zwischen 432.600 Euro und 560.000 Euro pro Jahr.

Bevor diese vier Arbeitnehmervertreter von ihren Kollegen in den Betriebsrat gewählt wurden, waren sie Montagearbeiter, Beanstandungsbeheber und Güteprüfer, Kfz-Mechaniker beziehungsweise Arbeiter in der Montagelinie. Drei der vier Betriebsräte hatten eine Berufsausbildung absolviert, einer hatte keine abgeschlossene. Als Betriebsräte durchliefen sie dann Management-Schulungen und die Personalabteilung ordnete sie dem Top-Managementkreis beziehungsweise dem Oberen Managementkreis zu und zahlte ihnen entsprechend hohe Gehälter wie Managern.

 

Betriebsratsamt ist Ehrenamt

Anfang vergangenen Jahres urteilte der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen 6 StR 133/22) dazu: Bei dieser Sachlage kann strafbare Untreue vorliegen, wenn Vorstände oder Prokuristen Betriebsräten überhöhte Gehälter zahlen.

Denn das Betriebsratsamt ist ein Ehrenamt. Für die Tätigkeit als Betriebsrat darf keine Vergütung gezahlt werden, damit er unabhängig bleibt. Insoweit gilt das Lohnausfallprinzip: Betriebsräte sollen den Lohn erhalten, den sie auch ohne Wahl in den Betriebsrat erhalten hätte.

 

Verhandeln auf Augenhöhe ist kein Argument

Fest steht: Dass Betriebsräte mit den Top-Managern auf Augenhöhe verhandeln, ist kein Kriterium für die Höhe ihres Gehalts.

Stoßen Vorstände oder Geschäftsführer auf dieser Checkliste auf eins der folgenden Indizien für unzulässige Begünstigung ihrer Betriebsräte, riskieren Sie, selbst wegen Untreue verfolgt zu werden:  

      • Vergütung der Betriebsräte auf Management-Level, ohne dass dies gerechtfertigt ist wegen der betriebsüblicher beruflichen Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer
      • Sitzungsgelder für Betriebsratssitzungen
      • Aufwandsentschädigungen für Betriebsrats-Tätigkeit
      • Pauschalbeträge zu Überstunden wegen Betriebsratstätigkeit
      • individuelle Zuschläge für die Betriebsratstätigkeit
      • Dienstwagen auch zur privaten Nutzung für Betriebsräte
      • gleiche Bezahlung für alle Betriebsräte


Betriebsratsgehalt kürzen

Orientierungspunkt für den richtigen Lohn ist also zunächst immer die betriebsübliche Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer. Wenn – wie bei VW – Beanstandungsbeheber, Montagearbeiter und Kfz-Mechaniker im Betrieb üblicherweise weniger verdienen als die Betriebsräte, muss der Vorstand/Geschäftsführer hellhörig werden, den Sachverhalt prüfen und womöglich das Gehalt des Betriebsrats kürzen.

 

Boni nur für Betriebsräte

Das gilt insbesondere, wenn Betriebsratsmitglieder gegenüber ihrer Vergleichsgruppe unüblich hohe Boni erhalten. Dann liegt der Verdacht nahe, dass sie diese Boni vom Unternehmen nur wegen der Betriebsratstätigkeit bekommen – um sie gewogen zu halten.

Betriebsräte als überragend beurteilt

Das gilt beispielsweise auch, wenn Betriebsratsmitglieder im Gegensatz zur sonstigen Belegschaft bei ihrer variablen Vergütung immer mit outperformed – übertreffend – beurteilt werden oder sonst eine Sonderbehandlung / Sonderbeurteilung bekommen.

 

Wie die richtige Vergütung eines Betriebsrats ermittelt wird:

      • 1. Schritt: Bestimmung der Vergleichsgruppe / der vergleichbaren Arbeitnehmer, also im Wesentlichen Arbeitnehmer mit gleich qualifizierter Tätigkeit und in gleicher Weise dafür fachlich und persönlich qualifiziert.
      • 2. Schritt: Ermittlung der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung der Personen der Vergleichsgruppe, also welche Entwicklung hat die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer genommen?
      • 3. Schritt: Hätte sich der Lohn des Betriebsrats erhöht, wenn er die betriebliche berufliche Entwicklung der Vergleichspersonen tatsächlich durchlaufen hätte? Dann hat er Anspruch auf Erhöhung des Gehalts.

 

Geplante Gesetzesänderung

In Planung ist eine Gesetzesänderung: Unternehmensleitung und Betriebsrat können dann ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer in einer Betriebsvereinbarung regeln. Wird dieses Verfahren dann angewandt und eingehalten, kann das Gericht das Ergebnis – also die Festlegung, welche Arbeitnehmer mit dem Betriebsratsmitglied vergleichbar sind – nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfen.

Wer sich somit in Zukunft bemüht, das Betriebsverfassungsgesetz zu beachten und das auch belegen kann, macht sich nicht mehr strafbar.

 

 

 

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