Wenn die IT der heimliche Regent der Company ist – und Geschäfte verhindert. Und Top-Manager lieber die Welt retten, statt vernünftiges Arbeiten zu ermöglichen.

Wenn die IT Unfug produziert und sich dabei nicht mal aufhalten lässt

 

Können Sie sich vorstellen, dass es Ihre eigene IT ist, die verhindert, dass Ihre Kunden zufrieden sind ? Oder die verhindert, dass Mitarbeiter einen guten Job machen? Sabine Hübner, Mit-Gründerin der Management-Beratung mit dem seltsamen Namen Richtig Richtig erzählte mir kürzlich  zwei solche haarsträubende Beispiele, von denen es sicher sehr viele Varianten in den Unternehmen gibt – von den Top-Managern unerkannt und der Belegschaft bestens bekannt.

 

Sabine Hübner von der Management-Beratung Richtig Richtig

Sabine Hübner von der Management-Beratung Richtig Richtig

 

Da wäre zum einen die Airline. Nicht genug damit, dass die Fluglinie einen Sonntagabend-Flug in eine deutsche Grostadt überraschend stornierte. Nein, die Schwester-Airline startete durchaus am selben Abend in dieselbe Stadt und hatte vor allem noch Plätze frei – und die blieben auch frei. Statt dorthin gebucht zu werden, mussten die verhinderten im Hotel übernachten – teuer und auf Kosten der Airline.

 

Ob nicht manche der Airline-Kunden gerne umgebucht hätten? Doch.

Ob das nicht eigentlich auch im Sinne der Airline gewesen wäre, um zufriedene Kunden zu haben und Hotelkosten zu sparen? Doch.

Die Airline-Mitarbeiter hätten auch gerne dabei geholfen, die wütenden Fluggäste einfach rasch umzubuchen. Nur: Genau das ließ das IT-Programm nicht zu.

Ich vermute: Wäre ein Top-Manager der Airline am Abflugort sitzen gelassen worden, statt umgebucht und weg geflogen zu werden, würde diese Schwachstelle behoben.

 

Wenn die dümmere IT die klügeren Mitarbeiter ausbremst

Nicht über die Eingabemasken und auch keine händische Umbuchung der sitzen-gelassenen Kunden zur Schwester-Airline. Im Klartext: Was der PC nicht vorsieht, darf nicht sein. Ohne IT kein Flug. Und wenn ein Flieger mit freien Plätzen starten muss, die viele nur zu gerne hätten.

 

Der andere Fall, den Unternehmensberaterin Sabine Hübner berichtet, ist der eines Aufzugproduzenten. Dessen Rechnungen für Wartungsarbeiten waren so unverständlich, dass es jedesmal Ärger gab mit den Kunden – genauer gesagt der Abteilung, die die Rechnung verbuchen mussten. Wieder war es die eigensinnige, unflexible IT, die dem Glück von Kunden wie Hersteller entgegen stand.

 

Jedesmal anrufen, um die IT zu entschuldigen und zu erklären

Der Knackpunkt war dieses Mal: Die Positionen in den Rechnungen waren nicht nachvollziehbar. Sie waren nicht nur in einer Fachsprache abgefasst, nein, sie wurden auch noch abgekürzt. Ergänzt wurden sie um Textbausteine, die niemand verstand. Als die Kundenbeschwerden überhand nahmen, ersann das Profitcenter Aufzugwartung eine eigene Taktik: Noch bevor eine Rechnung an die Kunden geschickt wurde, rief jedesmal ein Mitarbeiter dort an und erklärte im Vorhinein die rätselhafte Rechnung am Telefon.

 

Wenn kleine Dinge große Wirkungen haben

„Rechnungen sind ein starker Faktor bei der Kundenzufriedenheit“, sagt Sabine Hübner. Das Schlimmste: Im konkreten Fall wurde das eigentliche Problem durch die Anrufe vorher gar nicht gelöst. Und die Kunden quittierten die Ignoranz der IT, indem sie ihre Wartungsverträge mit der Firma nicht mehr verlängerten, sondern zur Konkurrenz abwanderten.

Denn wer will sich schon den Ärger mit dem Controlling oder gar dem Finanzamt oder den Betriebsprüfern aufhalsen lassen, wenn´s auch anders geht?

 

Schwierig herauszufinden sind diese Störfaktoren fürs Top-Management nicht. Man müsste nur bereit sein, der Belegschaft, die das Tagesgeschäft bestens kennt, zuzuhören.

Aber das ist in den allermeisten Unternehmen eine ebenso hohe Hürde wie die IT, die für letztlich für ungewollte Ergebnisse sorgt.

 

Streift der oberste Chef täglich durch die Firma und redet mit Menschen, hört er, was schief läuft – und hat die Chance, Missstände abzustellen

Ganz sicher sollten sich die vielbeschäftigten Manager mit den 138 Mails, die sie noch checken müssen, um die Welt zu retten, lernen, zu Fuß durch ihre Betriebe gehen. So wie einst Konrad Henkel, der täglich durch das Henkel-Gelände streifte und mit den Mitarbeitern sprach.

Oder Heiner Finkbeiner, der Chef des Familienhotels Traube-Tonbach mit den Super-Service-Noten, über den der „Stern“ einst schrieb: Er hat eine Mini-Büro von sieben Quadratmetern – aber das ist genau gegenüber dem Haupteingang, von wo aus er alles sieht. Und: Egal, welche Schublade man im Hotel aufzieht, die Mitarbeiter müssen damit rechnen, dass der Chef daraus springt. Oder so ähnlich.

 

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Alle Kommentare [2]

  1. leider heute eine weit verbreitete Mentalität der Geschäftsebene, sich nicht mehr mit den einfachen Mitarbeitern abzugeben und stattdessen hoch und trocken auf Kosten der Firma einen auf auf wichtig zu machen.

  2. „Die IT“ ist hier mehrdeutig und wird in Unternehmen gerne auch für die IT-Abteilung genutzt. Wenn es um die genutzte Software geht, wäre es besser, das auch so zu schreiben.
    Und dann kann man in Unternehmen ja auch mal fragen, wer eigentlich verantwortlich dafür ist , dass genau diese Software mit diesen Eigenschaften beschafft wurde, die ist ja in der Regel nicht vom Himmel gefallen. Da steckt in der Regel weder das Top-Management noch „die IT“ dahinter…
    Insgesamt ist das sehr sehr platt, zwar nicht falsch, aber doch für den Erkenntnisgewinn viel zu lang.