Jennifer Robison und Marco Nink von Gallup erklären das kleine 1&1 des Lobens – für all die vielen Führungskräfte, deren Mitarbeiter danach lechzen

Marco Nink (Foto: Privat)
Fast drei Viertel aller Arbeitnehmer (71 Prozent) finden, dass ihre Vorgesetzten ihnen nicht regelmäßig Feedback geben, das ihre Entwicklung unterstützt. Egal, ob Führungskräfte vor unbequemen Themen zurückschrecken oder sie zwar guten Willen zeigen, aber ihr Feedback ineffektiv rüberbringen, Tatsache ist: nur wenige Mitarbeiter bekommen zu hören, was sie hören müssen. Das bestätigt einer aktuelle Gallup-Umfrage (Erhebung November/Dezember 2021 mit 1.500 Arbeitnehmern) ).
Das bedeutet: Führungskräfte verpassen eine wichtige Gelegenheit, um das Arbeitsklima Ihres Unternehmens zu verbessern. Führungskräfte gestalten diese Kultur zwar, getragen wird sie aber letztlich von den Mitarbeitern. Die Sicht der Arbeitnehmer ist entscheidend für die Umsetzung der Kultur.

(Foto: C.Tödtmann)
Hier eine Anleitung, wie Führungskräfte zielgerichtetes Feedback geben können:
1. Zeitnahes und zukunftsorientiertes Feedback
Generell soll mögliches Verbesserungspotenzial immer zeitnah, aber zukunftsorientiert angesprochen werden. Formulieren Sie Hinweise und Vorschläge konkret und zeitnah, damit sie direkt umgesetzt werden können. Bewerten Sie jedoch nur die Leistung und kritisieren Sie niemals die Person als solche. Betonen Sie stattdessen konkrete Verbesserungsmaßnahmen, um nach vorne zu schauen und schneller Ergebnisse zu erzielen.
2. Stärken fördern
Durch die positive Anerkennung des Verhaltens Ihrer Mitarbeiter erkennen diese ihr eigenes Potenzial. Wenn Mitarbeitende vorwiegend Feedback zu ihren Schwächen erhalten, lernen sie nur, was sie nicht tun sollten. Es ist zwar möglich, an den eigenen Schwächen zu arbeiten, aber dieser Lernprozess ist frustrierender, der Fortschritt langwieriger, und das Resultat meist eher durchschnittlich als hervorragend. Es ist wesentlich effektiver, den Mitarbeitenden zu vermitteln, wie sie erfolgreich sein können – und nicht, wie sie aufhören können, Dinge falsch zu machen.
3. Mögliche Auswirkungen erläutern
Handlungen haben ihre Konsequenzen, aber manche wissen womöglich nicht, wie sie aussehen. Führungskräfte sollten ihren Mitarbeitenden vermitteln, welche Auswirkungen ihr Verhalten auf andere Teammitglieder, das Unternehmen und ihre eigenen Karrierechancen haben könnte.
4. Weniger ist mehr und präzise sein
Es ist nicht einfach, mehr als einen oder zwei Kritikpunkte zu verarbeiten. Und Feedback zwischen Lob und Anerkennung einzustreuen, kann die Wirkung des Feedbacks beeinträchtigen; manche Mitarbeitende werden nur das Lob aufsaugen und die Kritik nicht wahrnehmen, andere werden nur die Kritik hören und die Anerkennung nicht wahrnehmen. Klare und genaue Formulierungen verbessern die Wirkung der Verbesserungsvorschläge.
5. Seien Sie direkt und stehen Sie zu Ihrem Feedback
Formulieren Sie Ihre Anmerkungen in der ersten Person, wenn Sie Feedback geben. Aussagen wie „Ihre Kollegen beschweren sich über Sie“ untergraben die Teamdynamik und fühlen sich nicht fair an.
6. Kommunizieren Sie regelmäßig und partnerschaftlich
Regelmäßige Gespräche ermöglichen es Führungskräften und Mitarbeitern, echte Beziehungen aufzubauen und zusammenzuarbeiten, wenn sich Arbeitsanforderungen und – umfeld verändern. Werden Sie aktiv, sobald sich abzeichnet, dass ein Teammitglied seine Ziele nicht erreicht. Finden Sie heraus, welche Schritte oder Maßnahmen helfen könnten und welche Hindernisse beseitigt werden müssen. Suchen Sie dann gemeinsam nach realistischen Lösungen, anstatt einen Korrekturplan aufzustellen. Als Faustregel gilt, dass Führungskräfte 30 Prozent der Zeit sprechen sollten, Mitarbeiter 70 Prozent. Dadurch haben die Führungskräfte genug Zeit, um die Mitarbeitenden und ihre Anliegen besser zu verstehen.
7. Bitten Sie um Rückmeldung
Führungskräfte, die um Feedback bitten, nehmen eine Vorbildfunktion für ihre Mitarbeiter ein. Indem sie Feedback aktiv begrüßen (die effektivste Form von Feedbacks), zeigen Sie, wie man am besten mit konstruktiver Kritik umgeht. Und Mitarbeiter lernen, sich gegenseitig um Feedback zu bitten.

(Foto: C.Tödtmann)
Lob ist wie ein Espresso
Lob hingegen ist wie Espresso: belebend und vitalisierend. Durch gezielte und zeitnahe Anerkennung gewinnen Mitarbeitende mehr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten und werden so motiviert, auch schwierigere Aufgaben in Angriff zu nehmen.
Führungskräfte sollten ihr Lob aufrichtig und klar aussprechen und dabei ins Detail gehen – willkürliches Schulterklopfen wirkt nicht gerade inspirierend. Wenn man zum Beispiel hört, „Sie haben die Angelegenheit hervorragend recherchiert, sind dem Problem auf den Grund gegangen und haben mehrere Lösungsmöglichkeiten entwickelt“, unterstreicht dies die Stärken der Mitarbeiter, leitet ihr künftiges Verhalten und verdeutlicht, dass sie von Führungskraft und Unternehmen wertgeschätzt werden.

Manche Chefs sollten vielleicht so einen Stempel anschaffen – und einsetzen. Wenn es ihnen sonst so schwer fällt, Respekt zu zollen.
Mitarbeiter dazu bringen, Kollegen zu loben
Auch Teams profitieren von positivem Feedback. Die Anerkennung aller Beteiligten steigert die Motivation und fördert eine Kultur des positiven Feedbacks innerhalb der Gruppe. Mitarbeiter, die Lob bekommen, loben sich auch gegenseitig und schenken einander entsprechend Prozentmehr Aufmerksamkeit.
Leider geben nur etwas mehr als ein Viertel (29 Prozent) der Arbeitnehmer hierzulande an, dass sie regelmäßig und hilfreiches Feedback von ihren Vorgesetzten erhalten. Würde man diesen Anteil deutlich erhöhen, könnte dies die Leistung der Mitarbeiter erheblich beeinflussen.
Das soll nicht heißen, dass Führungskräfte sich vorschnell in heikle Themen einmischen sollten, denn dadurch könnten Mitarbeitende für konstruktive Kritik noch weniger empfänglich werden. Vielmehr sollten Führungskräfte ihr Feedback sensibel, geschickt und strategisch geben – und sich ihres Einflusses auf die Feedback-Kultur in ihrem Team bewusst sein.
Führungskräfte prägen diese Kultur, aber die Mitarbeiter geben den Anstoß für deren Umsetzung, und hochwertiges Feedback hilft ihnen, ihre Ziele zu erreichen.
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