Gleichbehandlung beim Lohn – die Hürden bleiben hoch. Auch nach dem BAG-Urteil, das aber ein Signal ist und Manager beachten sollten, rät Arbeitsrechtler Thomas Gennert

Dass ein Mann eben besser verhandelt habe als seine Kollegin, ist kein Argument für unterschiedlich hohe Gehälter für dieselbe Arbeit. Ebenso wenig, dass der Mann ein Hoffnungsträger und vorgesehen sei für eine Karriere in der Firma. Das urteilte gerade das Bundesarbeitsgericht (BAG) zugunsten der Kollegin, die sich ungerecht behandelt fühlte ( Aktenzeichen 8 AZR 450/21). Für die Frau aus Dresden gab es deshalb eine Nachzahlungen von 14 500 Euro plus einer Entschädigung von 2000 Euro. Die Benachteiligung bei der Metallfirma sei wegen ihres Geschlechts geschehen, befand das BAG.

Ob und was das Urteil für andere Unternehmen und Angestellte bedeutet, beantwortet Arbeitsrechtler Thomas Gennert von McDermott Will & Emery:

 

Thomas Gennert (Foto: C. Tödtmann)

 

Herr Gennert, welche Folgen wird dieses Urteil im Unternehmensalltag haben?

Arbeitgeber werden sich künftig genau überlegen, ob sie jemandem eine Gehaltserhöhung geben, weil dann die Kollegen vom jeweils anderen Geschlecht – also mal Männer, mal Frauen – sich melden und ebenfalls mehr Geld wollen könnten. Es kann ja in beide Richtungen gehen.

Dann können jetzt massenhaft Frauen – oder Männer – die für denselben Job weniger Geld bekommen als der Kollege mit dem anderen Geschlecht – sich auf dieses höchstrichterliche Urteil berufen und eine Gehaltsanhebung verlangen? 

So einfach geht es nicht. Die Hürde, dass die Jobs tatsächlich vergleichbar sein müssen, ist am Ende immer noch hoch. Das Entgelttransparenzgesetz gilt und das hat in den vergangenen Jahren keineswegs für massenhaft Gleichstellungen gesorgt. Die Frage nach der Vergleichbarkeit stellte sich im entschiedenen Fall nämlich gar nicht mehr: Weil feststand, dass die beiden Außendienstmitarbeiter und   tariflich gleich eingruppiert  waren. Sobald die Stellen etwas unterschiedlich sind, wird es auch künftig wieder schwierig für diejenigen, die sich benachteiligt wähnen. Hieran hat sich durch das Urteil nichts geändert.

Und was ist mit Compliance? Kann es ein Managementfehler sein, wenn Entscheider nicht selbst peinlich genau auf Gleichbehandlung beim Lohn achten und es versäumen, Unterschiede beim Lohn bei denselben Aufgaben zu beheben, sprich, schlechter verdienende Frauengehälter anzuheben?

Ich würde Vorständen und Geschäftsführern und auch Personalchefs hier zu mehr Sensibilität raten und im Zweifel schlechter verdienenden Frauen – oder Männern – das Gehalt anzuheben, wenn nur einzelne Kollegen eine Gehaltserhöhung fordern.

Also wie lautet Ihre Resümee?

Die Brisanz des Urteils hält sich in Grenzen. Neu ist nur, dass weder das Verhandlungsgeschick noch das Entwicklungspotenzial des Besser-Verdienenden als Argument für eine Rechtfertigung bei einer Ungleichbehandlung beim Lohn taugen.

Lese-Tipps:

Entgeltgleichheit von Männern und Frauen

Auskunftsanspruch: Und dann kennt man irgendeinen Mittelwert und ist keinen Meter weiter. Die Klippen des Entgelttransparenzgesetzes. Gastbeitrag von Vangard-Arbeitsrechtler Maiß

 

Steht in Ihrem Vertrag eine Verschwiegenheitsklausel über Ihren Lohn? Vergessens Sie´s. Es ist ein Bluff.

 

Angst, Angst, Angst – schon nachzufragen, löst bei Arbeitnehmern Ängste aus. Zum Stichwort: Entgelttransparenzgesetz

 

 

 

 

Copyright: @Claudia Tödtmann. Alle Rechte vorbehalten. 

Kontakt für Nutzungsrechte: claudia.toedtmann@wiwo.de

Alle inhaltlichen Rechte des Management-Blogs von Claudia Tödtmann liegen bei der Blog-Inhaberin. Jegliche Nutzung der Inhalte bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung.

Um den Lesefluss nicht zu behindern, wird in Management-Blog-Texten nur die männliche Form genannt, aber immer sind die weibliche und andere Formen gleichermaßen mit gemeint.

 

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*