Wer bei Kununu & Co. Lügen über Arbeitgeber verbreitet, riskiert, dass er geoutet wird. Interview mit Anwalt Ruben Hofmann

Müssen Arbeitgeberbewertungsportale wie Kununu, Jobvoting oder Glassdoor die Arbeitnehmer, die ihre Unternehmen dort kritisieren und ein schlechtes Zeugnis ausstellen, denen ans Messer liefern? Möglicherweise.

Jedenfalls wenn der Mitarbeiter Tatsachen behauptet, die das Unternehmen nicht kreditwürdig erscheinen lassen. Im konkreten Fall hatte ein Ex-Mitarbeiter eines IT-Unternehmens mit rund 25 Mitarbeitern im Internet geschrieben, dass das „Gehalt nicht pünktlich kam und Telefone wegen offener Rechnungen gesperrt“ gewesen seien. Dass die Firma die Mitarbeiter auch nicht informierte, als sie ihnen kein Gehalt überwies und dass es keine Fairness gebe, weil manche Kollegen eben dennoch Gehalt bekommen hätten. Dass der Verfasser am Ende nur zehn Prozent seines Lohns erhalten habe und die Firma für ihn die Sozialabgaben nicht abgeführt hätte.

In solch einem Fall muss das Portal verraten, wer das geschrieben hat, stellte das Oberlandesgericht Celle klar (Aktenzeichen 13 W 80/20). IP-Anwalt Ruben Hofmann von Heuking Kühn erklärt im Interview die Details.

 

Ruben Hofmann (Foto: Privat)

 

Müssen Arbeitnehmer, die ihrem Arbeitgeber oder früherem Arbeitgeber bei Arbeitgeberbewertunsgportalen wie Kununu anonym schlechte Noten geben, nun fürchten, dass sie auffliegen? 

Bisher war es so, dass sich die Portale wie Kununu geweigert haben, irgendwelche Informationen über die Bewertenden herauszugeben. Sie blieben anonym und mussten nicht damit rechnen, für etwaige rechtswidrige Äußerungen in Anspruch genommen zu werden. Dies könnte sich jetzt in der Tat ändern. Wenn Kununu & Co. – so wie es das Oberlandesgericht Celle gerade in einem Fall entschieden hat – die Bestandsdaten von verärgerten oder gar rachsüchtigen Mitarbeiten an die Unternehmen herausgeben muss, kann es Rückschlüsse ziehen oder sogar die Identität des Bewertenden erlangen.

 

Was genau erfährt das Unternehmen von dem Portalbetreiber?

Die IP-Adresse, den genauen Zeitpunkt, wann die Bewertung hochgeladen wurde mit Datum, Uhrzeit und Zeitzone, der Name und die Emailadresse des Nutzers, soweit die Informationen vorliegen.

 

… mit welchen juristischen Folgen?

Unternehmen können womöglich gegen den Verfasser Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz stellen – das sind die Anwaltskosten in Höhe der gesetzlichen Gebührenordnung, aber keine Stundenhonorare. Mehr wird schwierig, denn ein Schaden wird nur schwer nachweisbar sein, und das wäre die Voraussetzung. Denn fast nie kann eine Firma nachweisen, dass sie wegen einer konkreten Online-Bewertung eine Geschäftschance nicht realisieren konnte und ihr also ein Gewinn entgangen ist. Ebenso wenig wie Schadenersatz wegen der Beeinträchtigung des guten Rufs.

 

Aber eine Schadenersatzzahlung ist nicht alles, was Verfasser von üblen Bewertungen riskieren?

Wenn die negative Bewertung auch einen Straftatbestand erfüllt, kann das Unternehmen eine Strafanzeige gegen ihn stellen. Beispielsweise wegen Beleidigung oder übler Nachrede. Manchmal auch Verleumdung oder Kreditgefährdung. Dann riskiert der Verfasser eine Geldstrafe oder im schlimmsten Fall eine Haftstrafe. Wenn der Betreffende noch bei der Firma arbeitet, riskiert er obendrein arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur außerordentlichen Kündigung.

 

Kununu muss künftig wohl öfter solche Bewertungen löschen. Was ist, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter auffordern ihnen gute Noten zu geben bei diesen Portalen und ihnen dafür Boni, Beförderungen oder andere Vorteile versprechen?

Wenn diese Bewertungen wahrheitswidrig sind, kann es gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen als irreführenden Werbung. Sind die Mitarbeiter natürlich tatsächlich auch zufrieden und schreiben das, dürfte es schwierig werden, alleine aufgrund einer Incentivierung eine Rechtswidrigkeit der Handlung zu bejahen. Stiftet eine Firma die Mitarbeiter jedoch an, vorsätzliche Falschaussagen zu treffen, so wird dies unlauterer Wettbewerb sein. Führungskräfte sollten das lieber lassen.

Denn insbesondere, wenn sich das Verhältnis zum Arbeitnehmer eintrübt oder etwa ein Jobwechsel ansteht, kann es durchaus sein, dass solche Machenschaften auffliegen und dem Unternehmen dann ein großer Imageschaden sowie die Anwaltskosten wegen einer Abmahnung droht. Ganz abgesehen vom Geldschaden, der von 1.000 Euro bis zu einer mittleren fünfstelligen Zahl gehen kann.

 

Was erwarten Sie künftig?

Sachliche Kritik müssen Unternehmen aushalten. Weil Bewertungsplattformen aber die Anonymität ihrer Nutzer schützen, schaffen sie viel Raum für Rufmordkampagnen gegen Unternehmen. Da ist es gerecht, wenn nun Transparenz geschaffen wird und Bewertende für ihre Bewertungen einstehen sollen. Ich beobachte, dass nach dem Beschluss aus Celle nun mehrere Unternehmen ebenso von Arbeitgeberbewertungsportalen wissen wollen, wer ihnen schlechte Noten und – vielleicht unwahre – negative Einschätzungen eingebracht hat.

 

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