Designer bestimmen, wie andere zu arbeiten haben – bei Apple sind die Programmierer sauer auf neue Großraumbüros

Sollten sich Unternehmenslenker nicht freuen, wenn es ihren Mitarbeitern selbst wichtig ist, gute Arbeit abzuliefern? Und das möglichst fehlerfrei und zügig? Wenn alles, was sich die Leute dafür wünschen, Ruhe und Konzentration zum Arbeiten ist? Hat man sich nicht jahrzehntelang gerade solche Mitarbeiter mit Unternehmergeist gewünscht?

 

Apples Programmierer wollen Einzelbüros – der Konzentration halber

Es klingt bescheiden. Und das erst recht, wenn der Arbeitgeber Apple heißt und alles andere als am Hungertuch nagt. Wenn so ein Gigant für sein neues Hauptquartier fünf Milliarden Dollar ausgibt und die betroffenen Mitarbeiter, die ihre professionelle Arbeitsumgebung wollen, hochspezialisierte Programmierer sind. Vermutlich sind sie auch keine leicht ersetzbaren Typen – jedenfalls sind sie erwiesenermaßen erfolgreich.

Wer hätte das gedacht? Bei Apple – so schreibt das Fachblatt „Chip“ – hassen die Programmierer und Codierer ihre künftigen Großraumbüros in der neuen Zentrale, die sich die Designer so schön ausgedacht haben. Sicherlich ohne sie zu fragen.

 

Zeitdruck plus Erfolgsdruck – das lässt keinen Raum für Experimente

Denn die Programmierer hatten wohl Einzelbüros und müssen plötzlich in Großraumbüros, wo sie nicht mehr störungsfrei arbeiten können. Verwunderlich? Eigentlich gar nicht. Sie dürften unter Zeitdruck plus Erfolgsdruck stehen. Beides wird schwierig, wenn man in Wohnlandschaften arbeiten muss. Wo ständig jemand durchläuft, dauernd irgendetwas passiert, nicht alle denselben Druck und denselben Arbeitsrhythmus haben und dieselbe Ruhe brauchen zum konzentrierten Arbeiten. Mal abgesehen von Zeitverlust durch zwischenmenschliche Reibereien.

Wenn geistig anspruchsvolle Tätigkeit mit hohem Tempo quasi mitten auf dem Rummelplatz absolvieren soll. Auf den Punkt gebracht: Wo es Personal- und andere Ressourcen im Überfluss gibt und es auch nicht eilig ist mit Ergebnissen, der kann sich Großraumbüros leisten.

Wer das sein soll, fällt mir allerdings gerade nicht ein, denn alle Unternehmen sind heute auf Kante genäht und haben enge Termine.

 

Tatsächlich müssen Mitarbeiter a) selbst gute Arbeit abliefern wollen und b) sie arbeiten unter sportlichen Zeitvorgaben. Bei keinem Projekt kann es heute schnell genug gehen. Beides widerspricht Großraumbüro-Konzepten. Denn wer unter Erfolgs- plus Zeitdruck steht, den bringt jede kleine Störung und Ablenkung noch mehr unter Druck.

 

Wieder mal Boni als Spalter im Unternehmen?

Warum die Top-Manager das nicht wissen? Keine Ahnung. Warum sie die Einwände ihrer gutwilligen Angestellten ignorieren und doof finden? Nicht nachvollziehbar. Es muss wohl an ihren persönlich gestrickten- leider nicht einsehbaren – Boni liegen, andere Erklärungen sind kaum mehr vorstellbar.

 

Top-Manager-Boni als wahrer Grund für Großraumbüros?

Warum es dennoch landauf landab so passiert? Bei manchen Unternehmen wollen die Top-Manager ganz profan Miete sparen. Sparaktionen wirken sich prima und ganz schnell auf ihre persönlichen Boni aus. Die Konzentration und Gesundheit der Kollegen steht demgegenüber auf ihrer – verborgenen – Prioritätenliste ganz weit unten.

 

Oder purer Modernitätswahn – mangels echter Konzepte?

Bei manchen Unternehmen wollen die Top-Manager – sagen sie – Transparenz für Kunden und Besucher schaffen. Das heißt im Klartext: Show-Aktionen sind wichtiger als Arbeitsergebnisse. Merkwürdige Argumentation. Nach Show-Maßnahmen haben weder Kunden je gerufen noch würden sie deshalb auch nur einen Sous mehr für die Produkte zahlen. Doch die Entscheider an der Spitze versuchen solche sichtbaren Maßnahmen als Manager-Leistung zu verkaufen: Als Ausdruck für zeitgemäße Führung, die frisch und modern und irgendwie als Arbeit 4.0 daherkommen soll. Nur leider tut sie das nur optisch. Fehlerquoten steigen, die Effizienz sinkt immer um mindestens zehn Prozent, sagen Studien.

 

Mitarbeiter: Herabgewürdigt statt respektiert

Und das Schlimmste: Mitarbeiter sehen sich herabgewürdigt zu Zoo-Tieren statt respektiert als qualifizierte Arbeitskräfte, Das wirkt sich irgendwann dann auch durch eine allzu hohe Fluktuationsquote aus und liefert miese Mitarbeiterbefragungs-Ergebnisse. Aber das dauert und so lange haben die Top-Manager ihre Boni in Sicherheit gebracht.

 

Wenn Mitarbeiter Großraum leben, zahlen Unternehmen drauf

Zumal: Unverschämt kann man die Arbeits-Bedürfnisse so hochqualifizierter Leute wie Apple-Programmierer kaum nennen. Nein, eher niedlich. Könnten sie als  Angestellte, die auf dem Papier dafür bezahlt werden, dass sie ihre Lebens-Zeit zur Verfügung stellen, doch die Füße still halten. Sie können sich sagen, ok, dann kommunizieren wir eben den ganzen Tag mit den anderen Großraumbüro-Bewohnern, statt zu arbeiten.

 

Sie könnten Dienst nach Vorschrift machen…

Nach dem Motto: Wer die Musik zahlt, darf sie auch bestellen. Effizient arbeiten gehört nicht dazu? Dann eben nicht. Hocken wir uns in einen Großraum, gucken nett drein für alle Zoobesucher und benehmen uns servil – passt. Und es reicht ja auch.

Zumindest für die nächsten paar Monate. Den Ergebnissen kann man´s erst peu a´ peu ablesen.Und die Kausalität erschließt sich so schnell ohnehin nicht.

 

Fehlerquote geht hoch, Reputation runter

Dumm nur, wenn die Mitarbeiter wie bei Apple a) lieber selbst gute Arbeit abliefern wollen und b) dafür auch noch enge Zeitvorgaben bekommen. Gerade letztere widersprechen nämlich Großraumbüro-Konzepten. Denn wer unter Erfolgs- plus Zeitdruck steht, den bringt jede kleine Störung noch mehr unter Druck, die Fehlerquote steigt.Seine persönliche Reputation nicht.

Warum Top-Manager das nicht wissen oder nicht wissen wollen? Keine Ahnung. Warum sie die Einwände ihrer gutwilligen Angestellten doof finden und ignorieren? Nicht nachvollziehbar. Es muss an ihren persönlich gestrickten – leider unveröffentlichten –  Boni-Regelungen liegen, andere Erklärungen sind kaum mehr vorstellbar.

 

Arbeits-Ehre? Stolz auf die Company? Naja

Und deren Vorwurf an widerspenstige Belegschaften und Bertriebsräte, Großraumbüro-Verweigerer seien ja nur dünkelhaft, hilft ihnen am Ende ja nicht weiter. Meine Freundin M. klagte mir ihr Leid, als hierzulande die ach-so-modernen Großraumbüros in Mode kamen: Da habe sie nun so lange studiert und sei ihrem Arbeitgeber nun nicht mal ein eigenes kleines Zimmer wert. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie weg war. Eine andere Freundin schlug kürzlich ein – an sich attraktives – Job-Angebot wg Großraumbüro aus. Anspruchsvoller Job im Käfighaltungs-Atmosphäre? Danke, nein. Nur verraten hat sie es der Firma leider nicht – aus Angst, als unmodern zu gelten.

 

Innere Kündigung oder Super-Chance für die Konkurrenten: Zum Abheuern

Wer schweigend mitmacht und an Bord bleibt, geht in die innere Kündigung – siehe Gallup-Studie. Wenn er denn an Bord bleibt: Konkurrenten haben jetzt beste Chance, abzuwerben, wen sie zuvor nicht ködern konnten.

PS: Der Marktforscher United Research hat zu Jahrebeginn durch eine repräsentative Umfrage mit dem Vorurteil aufgeräumt, dass junge Leute – Millenials oder Generation Y genannt – diese vermeintlich modernen Arbeitsformen haben wollen. Das formluierte „Capital“ so: „83 Prozent der Befragten gaben an, dass sie keinen Bock haben, ihren Arbeitsplatz mit anderen zu teilen oder mit dem Laptop und einem Kaffeebecher auf dem Sofa zu arbeiten, während andere daneben Kicker spielen.“  http://www.capital.de/themen/fuer-millennials-ist-co-working-tot.html

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Gallup-Studie: Wenn ich meiner Firma egal bin, ist sie mir auch egal

 

http://www.chip.de/news/Apple-UFO-Hauptquartier-Mitarbeiter-hassen-die-neuen-Bueros_119926844.html

 

 

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