Gallup-Studie: Wenn ich meiner Firma egal bin, ist sie mir auch egal

Mitarbeitermotivation: Die neue Gallup-Studie belegt, dass den Unternehmen 99 Milliarden Euro Umsatz durch die Lappen gehen, weil sie den Faktor Mensch gering schätzen. Ein teurer Manager-Fehler.

 

Wer morgen aufhören könnte zu arbeiten, weil er über Nacht reich geworden ist, würde in den meisten Fällen trotzdem weiterhin seinen Job ausüben: Das antworten in der neuen Gallup-Umfrage 74 Prozent der befragten Arbeitnehmer. 66 Prozent von ihnen freuen sich schon morgens beim Aufstehen auf den Tag, also die Arbeit.

Gefragt hat der Marktforscher Gallup 1.429 Beschäftigte im vergangenen Jahr zwischen Ende März und Ende April und zwar in computergestützten  Telefoninterviews. Die Ergebnisse sind repräsentativ.

 

 

Nur 16 Prozent der Mitarbeiter sind mit Herz, Hand und Verstand dabei

Doch so gut sich diese Ergebnisse lesen, so bitter der dicke Wermutstropfen für die Arbeitgeber: Nur 16 Prozent der Belegschaft sind mit Herz, Hand und Verstand bei ihrem Job. Sie sind diejenigen, die die Extra-Meile für ihre Firma gehen, die sich aber jedes Unternehmen von jedem einzelnen Mitarbeiter wünscht. Ebenso hoch ist aber der Anteil von denjenigen Mitarbeitern, die gar keine emotionale Bindung mehr zu ihrer Firma spüren. Denen ist das Schicksal der Firma letztlich gleichgültig. Sie setzen sich garantiert nicht über die Massen ein für die Unternehmensziele.

 

 

68 Prozent lieben ihre Firma nicht, sind nicht stolz

Ebenso unerfreulich auch diese Erkenntnis: 68 Prozent der Mitarbeiter haben „nur eine geringe emotionale Bindung“ an ihr Unternehmen. Das bedeutet: die große Masse der Belegschaft – hochgerechnet immerhin 23,1 Millionen Arbeitnehmer – liefern nicht den höchstmöglichen Einsatz.

Die Folge: Dann bekommen Unternehmen von ihren Mitarbeitern nur Dienst nach Vorschrift, aber nicht das Engagement und den Einsatz, den sie sich eigentlich wünschen. Und der auch nötig ist, wenn sie Rendite und Umsatz steigern wollen. Ganz zu schweigen davon, dass die Mitarbeiter nicht an Botschafter fürs Unternehmen und seine Produkte unterwegs sind.

 

 

Hausgemachte Probleme: Mehrere Führungsfehler addieren sich zu hohen Umsatzverlusten

Marco Nink von Gallup

Marco Nink von Gallup

Die Gründe hat Gallup ebenfalls untersucht und das Fazit lautet: Wenn ich Dir egal bin, bist Du mir auch egal. Marco Nink, Experte von Gallup sagt: „Nach wie vor adressieren Führungskräfte nicht die zentralen Bedürfnisse von Mitarbeitern.“ Und das hat mehrere Gründe: Beförderungspraxis, Auswahl von Führungskräften ohne Berücksichtigung von Führungstalent, keine Hinterfragen der eigenen Führung, Fremd- und Selbstbild der Vorgesetzten klaffen auseinander. Kurz: „Das Problem ist hausgemacht,“ so Ninks Schluss.

 

Soft facts werden hard facts: in Form von Umsatzeinbußen

Die tragische Folge: Bis zu 99 Milliarden Euro gehen der deutschen Wirtschaft deshalb an Produktivitätseinbußen verloren. So klar haben den Gallup-Forscher errechnet, wie die viel geschmähten und meist unterschätzten Soft facts im Handumdrehen in Hard facts verwandeln: und zwar Umsatzeinbußen. Könnte man die Zahl für jedes einzelne Unternehmen ausrechnen, würden die Anteilseigner die Manager wohl auch verantwortlich machen.

 

 

Wenn sich Leistung nicht auszahlt

Ein Frustfaktor für Mitarbeiter ist beispielsweise: Nur 34 Prozent der Befragten glauben, dass in ihrer Firma diejenigen Mitarbeiter schneller vorankommen, deren Leistung besser ist. Im Umkehrschluss sind 66 Prozent der Arbeitnehmer davon überzeugt, dass es in ihrer Firma nicht weiterhilft, wenn sie gute Leistungen erbringen. Das, obwohl 87 Prozent der Beschäftigten sie grundsätzlich schon denken, dass es in Deutschland möglich ist, mit Leistung voranzukommen – nur eben nicht in ihrer Firma.

 

… und Vorgesetzte den Mitarbeitern nicht zuhören oder sie befragen

Ein anderer wichtiger Hebel, weshalb die Mitarbeiter resignieren, ist die fehlende Zuwendung der Vorgesetzten, also der kontinuierliche Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Es mangelt an der Kommunikation, also schlicht dem Gespräch zwischen Chef und Mitarbeiter: Weniger als die Hälfte der Befragten antwortete denn auch, dass in den letzten sechs Monaten ein Gespräch stattgefunden hat (45 Prozent). Wanderte einst Konrad Henkel täglich einmal durchs ganze Unternehmen und blieb im Kontakt mit den Arbeitern, so sagt das in dem Chemiekonzern heute kein Mitarbeiter mehr Simone Bagel-Trah oder Kasper Rorstedt nach.

 

Lieber kritisiert werden als ignoriert

Nink: „Mitarbeiter haben durch Gespräche das Gefühl, dass ihnen Aufmerksamkeit entgegengebracht wird und sie im Mittelpunkt stehen.“, sagt Nink. Und weiter: „Menschen werden lieber kritisiert als ignoriert.“ Selbstverständlich? Eher doch nicht.

Doch so erklärt es sich auch, dass immerhin vier von zehn Arbeitnehmern, die in den letzten sechs Monaten ein Mitarbeitergespräch geführt haben, mit dem Gespräch sehr zufrieden waren, so Nink. Und 72 Prozent hatten nicht das Gefühl, dass das Gespräch für ihren Vorgesetzten eine lästige Pflichtübung war.  Aus Ninks Sicht ist das der Aufmerksamkeitsfaktor.

 

 

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Alle Kommentare [3]

  1. Ich glaube es reicht nicht nur miteinander zu reden. Mitarbeiter merken in der Regel sehr schnell ob die Führungskfraft es ernst meint oder nicht.
    Wenn man nicht an den Mitarbeitern interessiert ist wird man durch mehr reden auch nicht mehr erreichen.

  2. Ihre Studie verfolge ich schon seit einigen Jahren. Die Schlussfolgerungen aus den Befragungen versuche ich zu deuten. Ist es nicht auch Ihre Art, Ergebnisse mit einem düsteren Licht zu beleuchten als für alle besser, eine gangbare Lösung zu präsentieren. Die Prozentaussagen über so manche Managentfehler stimmen nicht sehr optimistisch. Ich gehöre nicht zur Generation APP. Ich mache einen guten Job, gehe gerne auf Kunden zu und bin tätig bei einer erfogreichen Prüforganisation. Ich glaube, Sie sind bei der Interprätation Ihrer Befragungsergebnisse zu absolut. Will damit sagen, spricht der Mensch immer die Wahrheit? Äußert er bei seiner Antwort auch geheime Wünsche? Wie berücksichtigen Sie bei Ihrer Studie das sinkende Bildungsniveau und die menschlichen Eigenschaften wie Missgunst, Neid und Geiz…? Von der Medienpolik in unserem Lande ganz abgesehen (Negativberichterstattung und Falschmeldungen).

  3. Hallo Herr Nink,

    vielen Dank für die düsteren aber dennoch erhellenden Zahlen. Allerdings bin ich mit Ihrer Interpretation der Ergebnisse mit Blick auf die Führungskräfte nicht einverstanden. Meines Erachtens weisen Sie den Führungskräften einen viel zu hohen Einfluss auf die Stimmung unter den Mitarbeiter*innen zu .

    Dies hat mindestens 3 Gründe, die ich kurz anreißen möchte:

    1. Zumindest in mittleren großen Unternehmen bestimmt weitgehend das Management und nicht die Führungskraft, wie viel eine Mitarbeiter*in dem Unternehmen wert ist. (z.B. Entgelt, Bonus, Benefits, aber auch z.B. Qualifizierungsbudget, Entwicklungsprogramme, Durchlässigkeit von Karriere-Leveln usw..) Die Führungskraft ist häufig nur Vermittler zwischen Management und Belegschaft und hat häufig genug nichts oder wenig zu verteilen, d.h. im Ergebnis muss sie schlechte Botschaften von oben nach unten durchreichen und diese im Betrieb vertreten.
    2. Die intrinsiche Motivation der Mitarbeiter*in entscheidet maßgeblich darüber, wie sie oder er zum Unternehmen steht. Diese wird wiederum maßgeblich davon beeinflusst, ob die ausgeübte Tätigkeit interessant ist, den Fähigkeiten, Stärken und Neigungen entpricht, ob im Unternehmen eine Kultur herrscht, die die Potenzialentfaltung fördert oder sie behindert. In diesem Feld spielt die Führungskraft definitive eine größere Rolle, weil sie Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit vorleben oder zerstören kann. Aber: auch hier haben die Entscheidungen des Managements – und hier ganz maßgeblich des Controllings, einen großen Einfluss darauf, wie die Mitarbeiter*innen sich im Unternehmen fühlen, ob sie sich an das Unternehmen gebunden fühlen.
    3. Es ist schlicht eine Systemfrage, dass sich in einer zweck- und zielgebundenen hierarchischen Organisation, tradierte Mechanismen, Kultur- und Kommunikationsformen immer wieder stabilisieren, dass z.B. Karrierepfade für das Gros der Mannschaft nur auf dem Papier existieren, informelle Netzwerke die heimliche Macht darstellen, dass das rein zahlengesteuerte Controlling letztlich den Kurs vorgibt, usw. Im Ergebnis wird von den Mitarbeitern – vermittelt durch die Führungskraft – immer mehr Flexibilität, Eigenständigkeit oder unternehmerisches Handeln verlangt, aber die dafür notwendigen Entscheidungsspielräume und Ressourcen werden systematisch verweigert. An der Fassade der Unternehmen wird von Fehler- und Innovationskultur gesprochen, intern werden jedoch Fehler nach wie vor bestraft und Innovationen scheitern häufig am Sicherheitsdenken des Managements sowie an prozessualen Lehmschichten.

    Fazit:
    Dies alles und noch viel mehr wissen oder spüren und antizipieren die Mitarbeiter*innen und Führungskräfte und es setzt sich in Stimmung und Verhalten um. Es ist unbestritten sehr wichtig für jedes Unternehmen, fachich gute und motivational inspirierende Führungskräfte zu haben und zu fördern. Führungskräfte, die ihr Geschäft nicht gut beherrschen und durch ihr Verhalten demotivierenden Einfluss auf die Mitarbeiter*innen nehmen sollten ersetzt werden. Aber: die Führungskräfte tragen längst nicht soviel zur Unzufriedenheit der Mitarbeiter bei, wie das Managment im Allgemeinen und das Controlling im Besonderen. Die regelmäßig zu befriedigende Erwartungshaltung der Anteilseigner, die jede nachhaltige Entwicklung einer Organisation im Keim erstickt, wäre als eine von etlichen weiteren systemisch angelegten Frustrationsquellen zu erwähnen, die nicht bei der Führungskraft liegen. Aber das würde den Rahmen an dieser Stelle sprengen.

    Beste Grüße