Erfolgreich im Top-Management. Neugierde auf die eigenen Leute muss sein. Gastbeitrag-Serie von Gudrun Happich (4)

Erfolgreich im Top-Management

Stolperfallen, politische Spielchen und eine neue Unternehmenskultur – Executive Coach Gudrun Happich erklärt, worauf Sie besonders beim Einstieg ins Top-Management achten sollten (4)

Happich ist Führungskräfte-Coach für Unternehmen wie Henkel oder Lufthansa Systems und Autorin. Hier in der vierten Folge ihrer Gastbeitrags-Serie geht es um die Frage, warum so viele Manager sehr früh scheitern.:

 

Gudrun Happich (Foto: PR/ Galileo/ Birgitta Petershagen)

 

Vom Problemlöser zum Erfolgsgaranten – so ist die ideale Laufbahn für Menschen an der Unternehmensspitze. Wobei «ideal» eigentlich nicht der richtige Begriff ist. Vielmehr geht es darum, den besten Weg für einen selbst im Sinne des Unternehmens und der eigenen Rolle in der Organisation zu finden und dem konstant zu folgen. Zu den zentralen Themen gehört dabei vor allem der persönliche Führungsstil. Besonders in den aktuell bewegten Zeiten ist es wichtig, hier einer klaren Linie zu folgen, und dennoch basierend auf Empathie die notwendige Flexibilität an den Tag zu legen. Klingt schwierig? Vielleicht! Ist es machbar? Ja, ist es.

 

Es gibt nicht so etwas, wie den einen, den richtigen Führungsstil

Oliver Blume, mittlerweile nicht nur Porsche-, sondern auch VW-Chef sagt: «Ich führe nicht nach Theorien, sondern aus Erfahrung.» Damit bringt er auf den Punkt, was gute und erfolgreiche Führungskräfte heute auszeichnet. Es geht zuerst um die praktische Umsetzung wie auch Erfahrung. Es ist wichtig, gute theoretische Kenntnisse mit- und einzubringen, aber final sollte jeder darauf aufbauend einen eigenen Stil entwickeln. Im Buch «Herausforderungen im Führungsalltag» habe ich dazu geschrieben: «Ein eigener Führungsstil ist Bestandteil der Persönlichkeit und damit auch eine feste Konstante, die nach einem Stellenwechsel nicht einfach abgelegt wird. Zwar entwickelt sich der Führungsstil im Laufe der Jahre weiter, so wie sich auch die Persönlichkeit eines Menschen weiterentwickelt, im Kern jedoch bleibt er erhalten. Den Führungsstil wechseln zu wollen, wenn sich das Umfeld ändert, halte ich deshalb für falsch – auch wenn viele anderer Meinung sind.»

 

Den Führungsstil des eigenen Vorgesetzten kopieren ist nicht ratsam

Im Laufe ihrer eigenen Karriere haben viele schon verschiedene Chefs erlebt oder auch überlebt. Steht man selbst an der Spitze und trägt die Verantwortung dafür, dass der Laden läuft, bekommt das Wort Führung eine neue Bedeutung. Sich selbst führen ist eine Herausforderung, andere plus sich selbst führen eine Mammutaufgabe – vor allem im Top-Management. Oft sehe ich, dass viele in dieser Position den Führungsstil ihres Vorgesetzten übernehmen – schließlich ist der ja schon lange beziehungsweise länger damit erfolgreich. Doch davon rate ich ab.

 

Als Verantwortlicher im Top-Management sind Sie Vorbild und Multiplikator zugleich – und das können Sie nur sein, wenn Sie die Dinge so tun, wie es zu Ihnen passt, also auf Ihre Art und Weise. Was ich damit meine ist, dass Sie niemanden kopieren oder nachahmen sollten. Persönlichkeit und Führungsstil müssen zusammenpassen, sonst nimmt niemand einen ernst. Zugleich wird es Ihnen viel leichter fallen, individuell auf die Mitarbeiter eingehen zu können. Denn wenn Sie Ihren Führungsstil kennen und können, werden Sie nicht ständig darüber nachdenken müssen, was zu tun ist. Sie haben den Kopf frei, können Ihren Mitarbeitern echte Aufmerksamkeit schenken. Sprich: Sie werden erkennen, wer wie geführt werden möchte, aber auch muss.

 

Die vier wichtigsten Fragen auf dem Weg zu Ihrem eigenen Führungsstil sind:

  1. Wie sehen Sie meine Rolle als Führungskraft?
  2. Wie möchten Sie ihre Mitarbeiter, ihr Team zum Erfolg führen?
  3. Wie führen Sie bislang? Was hat gut funktioniert? Was war effektiv? Und was vielleicht eher weniger gut?
  4. Welche Beispiele gibt es, bei denen Sie erfolgreich geführt haben?

 

Neugierig sein auf die eigenen Leute: Wahrnehmen, aber nicht bewerten

Empathie ist die wohl wichtigstes Schlüsselkompetenz der Zukunft. Als Top-Manager ist es wichtig, echte und ernst gemeinte Glaubwürdigkeit zu schaffen und Vertrauen aufzubauen. Damit Ihnen das gelingt, brauchen Sie Einfühlungsvermögen, bezogen auf Menschen, Erwartungen und Situationen. Sie sollten verstehen, was Ihr Gegenüber antreibt, was ihn bewegt. Sie sollten erkennen, was die Menschen von Ihnen erwarten und was bestimmte Situationen von Ihnen erfordern. Eine gute Voraussetzung dafür ist, das Sie sich wirklich für Ihr Gegenüber interessieren. Sie neugierig auf ihn oder sie sind. Nehmen Sie wahr, aber werten Sie nicht. Hinschauen, anschauen, und das fern von Schubladendenken. Seien Sie unvoreingenommen.

Die gute Nachricht: Empathie lässt sich bis zu einem gewissen Maß lernen und konstant verbessern. Grundlage ist dabei eine gute Selbstwahrnehmung. Wenn Sie Ihre eigenen Gefühle kennen, Ihre eigenen Emotionen spüren und auch händeln können, werden Sie auch auf andere offener, interessierter und einfühlsamer zugehen können. Wie heißt es so schön: Selbst-Empathie schafft die Voraussetzung für Fremd-Empathie. Daher arbeiten Sie konstant an Ihrer Selbstwahrnehmung sowie Ihrem Selbstmanagement beziehungsweise Ihrer Selbst-Führung und gehen Sie bewusst mit anderen Menschen um. Hören Sie zu, schauen Sie hin – und wenn Sie fragen: «Wie geht es Ihnen?» sollte das keine Floskel sein, sondern es sollte Ihnen wirklich darum gehen, herauszufinden, wie es Ihren Teammitgliedern und Ihrem Gegenüber geht.

 

Im mittleren Management Problemlöser für den Chef, an der Spitze Erfolgsgarant

In Ihrer Rolle im Mittleren Management war es selbstverständlich, dass Sie Ihrem Chef den Rücken freigehalten haben. Sie waren der Problemlöser und haben dafür gesorgt, dass er sich um die Führungsaufgaben kümmern konnte, um es ein wenig überspitzt zu sagen. Nun sind Sie selbst Führender an der Spitze und es geht nicht mehr darum, situativ fachliche oder operative Probleme aus der Welt zu räumen, sondern langfristigen Erfolg sicherzustellen.

Sie sind nun ein Erfolgsgarant oder ein Erfolgsversprechen. Sie haben das große Ganze im Blick, priorisieren Themen und sind dafür verantwortlich, dass Ihr Verantwortungsbereich auf Kurs bleibt. Der Vorstandsvorsitzende, der Aufsichtsrat, Stakeholder, die Kunden alle sollten sich darauf verlassen können, dass Sie das geregelt bekommen. Sie arbeiten ergebnisorientiert im Sinne der gemeinsamen Ziele, im Sinne des Unternehmens, um nachhaltig erfolgreich zu sein.

 

Führen in unsicheren Zeiten erfordert besondere Skills

Im Top-Management brauchen Sie neben fachlicher Expertise vor allem so genannte Skill Fits. Ich unterscheide hier in Soft Skills und die immer wichtigeren Social Skills. Das Fachliche wird vorausgesetzt, viel wichtiger ist jedoch, ob Sie Zuhören, ein Team begeistern können. Ob Sie Entscheider, auf welcher Ebene auch immer, mit Ihren Ideen, Ihren Anliegen beeindrucken können. Ob Sie ausdrücken können,  wie Sie die aktuelle Lage des Unternehmens oder der ganzen Branche zum Besseren wenden wollen. Integrität, Empathie, Ausdauer, Arbeitsethos sind weitere Grundlagen, die Sie an der Spitze von Unternehmen erfolgreich machen. Sie müssen sich selbst treu und dennoch flexibel bleiben.

 

Was bedeutet: Sie haben Ihren Führungsstil, Sie kennen Ihre Rolle, haben einen klaren Plan, wie Sie in Ihrer Position agieren wollen – und dennoch wissen Sie um die Komplexität der heutigen Welt und die vielen Überraschungen, die damit einhergehen können. Bieten Sie Ihrem Team, aber auch Ihren Stakeholdern Vertrauen und Verlässlichkeit, indem Sie besonnen handeln und selbstbewusst Entscheidungen treffen. Diese werden nicht immer richtig sein, aber Kurskorrekturen sind erlaubt. Wichtig ist, in diesen bewegten Zeiten nicht Vogel Strauß zu spielen. Seien Sie präsent und ansprechbar. Das zeichnet gute Führung aus.

 

Hier geht´s zu den drei anderen Folgen dieser Serie:

Erfolgreich im Top-Management: Warum so viele Manager so früh scheitern – Gastbeitrag-Serie von Gudrun Happich (3) | Management-Blog (wiwo.de)

 

Erfolgreich im Top-Management: Warum man fünf Netzwerke braucht. Gastbeitrag-Serie von Gudrun Happich(2) | Management-Blog (wiwo.de)

 

Erfolgreich im Top-Management. Umgang mit Macht – und warum Manager heiße Kartoffeln sofort loswerden sollten. Gastbeitrag-Serie von Gudrun Happich (1) | Management-Blog (wiwo.de)

 

 

 

 

 

 

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