Interview mit Marcus Iske, Arbeitsrechtler bei der internationalen Kanzlei Fieldfisher. Der Jurist gibt Antworten zu #metoo-Fällen in Unternehmen: Was den Top-Managern heute droht, die nicht schon vor Jahren Beschwerdestellen für Opfer übergriffiger ihrer Chefs oder Kollegen eingerichtet haben. Oder dass die Personalabteilung gar nicht automatisch für Opfer der richtige Ansprechpartner ist. Aber dass die auch keineswegs Vorfälle unter den Teppich kehren darf.
Die Lufthansa hat kürzlich eine Pressemitteilung verschickt, dass ihre Mitarbeiter nun zwei externe Vertrauenspersonen für Fälle sexueller Belästigung zur Verfügung stehen. Das kommuniziert nur wenige Unternehmen so deutlich, aber eigentlich müssten sie es doch – oder nicht?
Iske: Hält man sich vor Augen, dass Arbeitgeber – egal wie groß sie sind – ohnehin per Gesetz verpflichtet sind, eine Beschwerdestelle für diskriminierte Mitarbeiter einzurichten, erscheint die Pressemitteilung der Lufthansa etwas platt. Denn das Einrichten einer Beschwerdestelle für sämtliche Diskriminierungen – Benachteiligungen wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität – ist eine Selbstverständlichkeit.
Was müssen Unternehmenslenker also gewährleisten?
Entscheidender als das Versenden einer Pressemitteilung ist, dass die interne Kommunikation funktioniert. Die Mitarbeiter müssen wissen, an wen sie sich im Unternehmen vertrauensvoll wenden können – und dass ihren möglichen Beschwerden auch tatsächlich nachgegangen wird.
… und wenn all das nicht der Fall ist?
Ein Top-Manager, der sich die Einrichtung einer Beschwerdestelle spart, läuft Gefahr, selbst in die Schusslinie zu geraten. Das kann ihn später vielleicht sogar den Job kosten.
Eine Mitarbeiterin eines Rundfunksenders berichtete´mir, dass sie sich an die Personalabteilung gewandt hatte, als ihr gleich zwei Führungskräfte zu nacheinander nahe traten – aber die unternahm nichts. Dürfen Personalabteilungen solche Informationen unter den Teppich kehren? Sie gar nicht erst aufzuschreiben, nichts in der Personalakte des möglichen Täters abheften und das Ganze totschweigen?
Nein, aber die Personalabteilung ist tatsächlich nicht automatisch zuständig für #metoo-Beschwerden. Was sie aber tun muss, ist dies: Die Sache aufzuklären und an die Stelle weiterzuleiten, die das Unternehmen als Zuständige benennt und der Belegschaft mitteilt. Womöglich ist es eine externe Stelle wie bei der Lufthansa. Jedenfalls haben Unternehmen diverse Disziplinierungsinstrumente gegenüber Tätern: Sie können sie abmahnen, umsetzen, versetzen oder kündigen, sofern übergriffigen Kollegen oder Führungskräften ein Fehlverhalten nachgewiesen wird.
Und wenn die Personalabteilung die Sache gleich unter den Teppich kehrt? In den Personalakten möglicher Täter sind ja meist keine Aktennotizen dazu zu finden.

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