Eine Tasse Kaffee mit Arbeitsrechtlerin Scheicht

Wenn Katrin Scheicht über ihren Alltag erzählt, wird´s spannend. Wenn die Arbeitsrechtlerin von dem älteren japanischen Manager spricht, der auf der Betriebsversammlung weinte. Weil er der Belegschaft eröffnen musste, dass das Mutterhaus den deutsche Standort schließen und alle Mitarbeiter ihre Jobs verlieren würden.

Oder von Betriebsräten, die bei ihr – als Anwältin des Unternehmens – anrufen und ihr anbieten, den Sozialplan zu unterschreiben, wenn sie selbst dafür eine höhere Abfindung bekommen. Das ist ihr mehr als einmal passiert.

Katrin Scheicht, Arbeitsrechtlerin bei Norton Rose Fulbright

Katrin Scheicht, Arbeitsrechtlerin bei Norton Rose Fulbright

Die 37-jährige Münchner Anwältin arbeitet bei der britischen Law Firm Norton Rose Fulbright und ist eine von zwei Arbeitsrechtlern, die das Londoner Wirtschaftsanwälte-Ranking Chambers als Nachwuchs-Stars besonders hervorhob. https://blog.wiwo.de/management/2014/04/25/chambers-europe-2014-hengeler-mueller-kanzlei-des-jahres-und-die-rankings-i/

 

Super, super, super, super-langweilig

Das Erstaunliche wie Ermutigende an der Karriere der Ex-Feld-Hockeyspielerin: Ihre Vita ist keine dieser austauschbaren, die sich alle bilderbuchmässig, gleichförmig lesen und sonst in den internationalen Law Firms anzutreffen sind. Super-Abi, Super-Examina, Super-MBA, volle Kriegsbemalung, Doktortitel undsoweiterwundsoweiter. Superlangweilig. Denn Gewandtheit, Akquise-Fähigkeit, Smartheit, Auftreten-Können und Business-Behave-Fähigkeiten oder ob jemand Symphathieträger ist, das ist mt Super-Noten noch lange nicht gesichert.

Scheichts Karriere ging nicht von Anfang an steil bergauf. Studienzeit und Berufsstart  waren unauffällig. Zu den Top-Talenten, um die die Großkanzleien sich in ihrem ewig beschworenen `War for Talents´ – den Kampf um die besten Köpfe unter den Jungjuristen – balgen, zählte sie erst mal nicht. Ihre ersten Karriereschritte absolvierte sie bei zwei kleineren Sozietäten im Rheinland und hatte ihren Durchbruch in die Top-Anwälte-Liga erst irgendwann, nachdem sie vor knapp acht Jahren bei Norton Rose Fulbright einstieg. Wo sie zügig zur Partnerin aufstieg.

 

Schlange-Stehen in München

Scheicht ist eine waschechte Rheinländerin, geboren in Bonn und aufgewachsen in
Düsseldorf, und lebt nun in München. Von dort erzählt sie, wie anders der Alltag aussehen kann. Dass die Münchner Samstagsmorgens schon eine Stunde vor der Öffnungszeit der Waxing-Studios geduldig in der Schlange anstehen. Die Idee, es den Kunden ohne umständliche Reservierungssysteme einfacher zu machen, geht dort gründlich nach hinten los – zumindest zu Wochenend-Beginn.

Oder dass in München der Textilfilialist Abercrombie & Fitch, der bei den Kunden in Ungnade gefallen ist, seinen prägnanten Duft nicht mehr hemmungslos versprühen darf. Weil sich die umliegenden Restaurants über den permanenten, intensiven Parfümgeruch beschwert hatten.

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Tretmine Scheinselbständigkeit

Wo Scheicht künftig viel Arbeit auf sich zukommen sieht? Vom Thema Scheinselbständigkeit etwa. Dem „schlafenden Riesen“, der sich
in seiner wahren Relevanz bei den meisten Unternehmen immer noch nicht herumgesprochen hat. Denn vielen drohen hohe Geldforderungen der Sozialversicherungsträger, wenn sie in ihren Prüfungen der Unternehmen Scheinselbständige aufspüren.

„Die Betriebsprüfer werden immer kritischer“, sagt Scheich und meint nicht etwa die von Finanzamt, sondern die von den Kranken- und Rentenkassen. Wie die darauf kommen? Die Finanzämter suchen nach Indizien für Scheinselbständige in den Steuerakten der Unternehmen und geben den Sozialversicherungsträgern Tipps, wo sie etwas finden können. Und bis zu zehn Jahre rückwärts die Sozialabgaben nachfordern können.

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