Wenn Manager für ihr Unternehmen ins Gefängnis müssen
Gastbeitrag von Arbeitsrechtler Marco Wenderoth von der Kanzlei FPS

Marco Wenderoth (Foto: PR/FPS)
Das lässt sich kein Entscheider träumen, der für seine Firma als Auslandsmanager zum Beispiel nach Italien geht. Dass es für ihn als Alptraum endet und er ins Gefängnis muss – wegen einer Kostensparmaßnahme. Doch genau so war es im Fall der Thyssenkrupp-Manager, die die Feuerlöscher des noch voll funktionierenden Werks in Turin nicht mehr füllen ließen – weil es in einigen Monaten abgerissen werden sollte.
Lesetipp Management-Blog: Wenn Kostensparmaßnahmen Menschenleben kosten | Management-Blog (wiwo.de)
Als ein Feuer ausbrach, starben im Jahre 2007 acht Mitarbeiter, die Thyssenkrupp-Expats wurden in Turin zu Gefängnisstrafen wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Brandstiftung verurteilt – und die wurden zuhause in Deutschland von den heimischen Gerichten nur angepasst. Zuletzt hatte auch das Bundesverfassungsgericht dem letzten Expat-Manager seine Strafe nicht erspart.
Gesetzliche Vorgaben gehen vor Kostensparmaßnahmen
Das Oberlandesgericht in Hamm erklärte die Strafe letztlich für vollstreckbar und passte nur die Dauer der Gefängnisstrafe an das deutsche Strafgesetzbuch an. Die Gerichte sahen es als erwiesen an, dass der Brand im Werk auf fehlende Brandschutzvorkehrungen zurückzuführen war. Den insgesamt sechs Managern wurde hierbei bewusste Fahrlässigkeit vorgeworfen, da das Werk ohnehin im Jahre 2008 geschlossen werden sollte.
Das Fazit: Für die Maßnahmen zur Ergreifung von Brandschutzvorkehrungen sind letztendlich die Manager des Unternehmens zuständig – auch wenn sie die Maßnahmen etwa wegen der bevorstehenden Schließung eines Werks „aus wirtschaftlicher Sicht nicht gewünscht“ sind. Denn: Wirtschaftliche Erwägungen müssen hinter gesetzlichen Vorgaben grundsätzlich zurücktreten.
Was Manager in Deutschland nach dem Urteil befürchten müssen
In Italien war das Urteil bahnbrechend, nie zuvor wurde ein Manager wegen eines Arbeitsunfalls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Nach deutschem Strafrecht macht man sich strafbar, wenn ein bestimmtes Verhalten auch zum Erfolg führt, Stichwort: Kausalität, mit diesem Verhalten überhaupt ein rechtlich relevantes Risiko geschaffen wurde, Stichwort: objektive Zurechnung, und jemand zudem vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Wenn der Arbeitsunfall eines Mitarbeiters also aufgrund einer arbeitsvertraglich übertragenden Tätigkeit am Arbeitsplatz, beispielsweise durch defekte Arbeitsmittel – oder wie in Italien wegen fehlender Geräte, um das entstandene Feuer zu löschen – geschieht, macht sich ein Manager strafbar, solange die Ursache des Arbeitsunfalls in seiner Wissens- und Organisationsherrschaft liegt.
Was sich Manager – egal, ob in kleinen, großen oder mittelständischen Unternehmen – fragen: Wie können sie sich vor strafrechtlichen Verfolgung schützen?
Vor dem Staatsanwalt schützt keine D&O-Police (Managerhaftpflichtversicherung). Und für strafrechtlich relevantes Verhalten kann man auch keinen Haftungsausschluss vereinbaren – in keinem Dienst- und keinem Arbeitsvertrag. Was möglich ist: Der Manager kann mit seinem Arbeitgeber beispielsweise vereinbaren, dass das Unternehmen ihm die Kosten für einen Strafverteidiger erstattet. Nur für vorsätzliches oder grob fahrlässigen Verhalten des Managers ist so eine Vereinbarung ausgeschlossen.
In Deutschland wurde für börsennotierte Unternehmen im Jahr 2000 der Corporate-Governance-Kodex verabschiedet, der Vorstände verpflichtet, Gesetze und unternehmensinternen Richtlinien einzuhalten und auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hinzuwirken. Kurz: Das Unternehmen entsprechend zu organisieren und kontrollieren, um sich vor hohen Geldstrafen oder gar Gefängnisstrafen zu schützen. Für Manager ist der beste Schutz, sich an ihre Pflichten und Sorgfaltsmaßstäbe zu halten.
Warum nicht das Unternehmen, sondern Manager strafrechtlich haften
Unternehmen sind juristische – keine natürlichen – Personen und können nicht ins Gefängnis gehen. Insofern müssen die für das Unternehmen handelnden und wissenden Personen an die Stelle des Unternehmens treten. Das sind nicht unbedingt die Eigentümer oder Gründer des Unternehmens, sondern meist die jeweiligen Manager. Bei ihnen greift das Motto der Spider-Man-Comics: „mit großer Macht kommt große Verantwortung“.
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Top-Kanzleien: Die besten Anwälte für Compliance-Fragen (wiwo.de)

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