Wenn Kostensparmassnahmen Menschenleben kosten

Die Feuerlöscher waren leer und die Notruf-Telefone funktionierten nicht, als es vor gut zwei Jahren eine Explosion in einem Werk von ThyssenKrupp in Turin gab. Sieben Arbeiter starben wegen ihrer schweren Verbrennungen, die sie dabei erlitten. Die Staatsanwaltschaft warf dem deutschen Top-Manager Harald Espenhahn vorsätzliche Tötung vor. Er habe das Risiko eines Brandes bewusst in Kauf genommen, als er in das Werk, das geschlossen werden sollte, nicht mehr investierte.

Warum auch immer. Vielleicht wurde auch er von dem Stahlkonzern fürs Kostensparen belohnt – mit Prämien oder Boni. Wenn ja, war das ein ganz schlechtes Geschäft für den Mann und offen bleibt die Frage, inwieweit die Konzermutter dann Verantwortung an dem Unfall und den sieben Toten trägt. Ob solche Kostensparvorgaben tatsächlich sittenwirdrig sind oder sonstwie unzulässig sein können. Zumal, wenn die Kostensparvorgaben vielleicht nichtüber Gehaltszulagen erreicht werden sollen, sondern stattdessen die Drohung dahinter steht – sicher unausgesprochen -, dass der Manager seinen Job verliert, wenn er nicht auf Teufel komm raus Einsparungen vornimmt – oder eben nötige Massnahmen unterlässt. http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,757569,00.html

Doch so weit ist man noch nicht. Auch wenn diese Anschlussfrage unausweichlich sein dürfte. Hat sich ein Arbeitsrechtler darüber schon mal Gedanken gemacht? Über kluge Einträge unter den Kommentaren würde ich mich freuen.

Hin wie her. Der Deutsche wurde vom italienischen Gericht zu 16 Jahren Haft verurteilt, wegen vorsätzlicher Tötung. Der Fall ist auch in Italien ein Präzedenzfall. Zum ersten Mal wurde ein Manager nach einem Arbeitsunfall verurteilt. Das Werk wurde tatsächlich im Folgejahr, also 2008, geschlossen.

Es ist traurig, dass es in solch einem renommierten Weltkonzern so weit kommen kann, dass kein Geld mehr locker gemacht wird für Feuerlöscher-Füllungen und Notruf-Telefone. Dass Menschenleben letzten Endes dem Kostensparwahn geopfert werden.

Wer sagt, dass so etwas nur in Turin passiert und nicht auch hier im Heimatland? Bei ThyssenKrupp ebenso wie bei anderen gut beleumundeten Unternehmen? Das Prämiensystem – gekoppelt an Einsparungen – wuchert überall. Dass immer weniger Menschen nach all den Entlassungsrunden immer mehr und länger arbeiten müssen, um trotz der Spar-Vorschläge der vagabundierenden Unternehmensberater noch die Arbeit zu bewältigen. Die Menschen, die nun Burnouts erleiden oder psychisch erkranken – die Zahl der Betroffenen steigt und macht Betriebsmedizinern immer mehr Sorgen -, werden womöglich auch eines Tages Schmerzensgeld von ihren Führungskräften verlangen.  Weil sie nichts zu ihrem Schutz getan haben.

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