Betriebsrat ist einfach keine Topmanager-Karriere und Headhunter suchen sie auch nicht – ein wiwo.de-Kommentar

Übertriebene Gehälter: Betriebsrat ist einfach keine Topmanager-Karriere

HOHE BETRIEBSRATSGEHÄLTER

Betriebsrat ist einfach keine Topmanager-Karriere

Wer Betriebsräte kauft, indem er ihr Gehalt verdoppelt, macht sich strafbar. Nur durch dieses Ehrenamt haben Arbeitnehmer keinen höheren Marktwert – und verdienen auch nicht höhere Bezahlung. Ein Kommentar.

Betriebsräte dürfen nach ihrer Wahl in ihr neues Ehrenamt nicht mehr Gehalt verdienen als vorher. Mit dieser Klarstellung hat das Landgericht Braunschweig den Topmanagern der Großunternehmen einen ordentlichen Schreck eingejagt. Zwar sprachen sie in dem Urteil, das im vergangenen Herbst verkündet und nun in seiner Begründung veröffentlicht wurde, vier VW-Topmanager – die meisten bereits nicht mehr im Unternehmen – zwar frei, zeigten in der Sache aber dennoch Härte: Das zu hohe Gehalt für Arbeitnehmervertreter ist demnach strafbare Untreue gegenüber dem Unternehmen und eine Steuerhinterziehung obendrein.

 

Man darf nicht Betriebsräte kaufen

Selbst wenn den Topmanagern, die in Braunschweig vor Gericht standen, noch unklar gewesen sein sollte, dass sie einen Betriebsrat nicht kaufen dürfen – spätestens jetzt sollten es alle anderen Entscheider kapieren. Sie können sich nicht mehr blauäugig geben. Nicht mehr länger fiktive Karrieren mit fiktiven Beförderungen konstruieren, weil die Betriebsräte ja angeblich so viel dazulernen und auf Augenhöhe mit Vorständen seien. Der ehemalige VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh kam so auf 750.000 Euro statt den 50.000 Euro, die er bekam, bevor er das Glück hatte, Betriebsratschef zu werden.

Sympathiewal gegenüber hochgearbeiteter Karriere

Aber: Nur weil man am selben Verhandlungstisch sitzt, hat man eben noch lange nicht dieselben Verdienste erworben. Vorstände sitzen da, weil sie sich mit vielen Entbehrungen und harten Ausbildungen viele Jahre hochgearbeitet haben. Betriebsräte sitzen da, weil sie bei einer reinen Sympathiewahl durch die Arbeitnehmer dahin gewählt wurden. Sie haben sich entschieden ein Ehrenamt – das nämlich ist der Betriebsratsposten – anzutreten. Und was verbindet man mit einem Ehrenamt? Richtig, keine Gehaltsvervielfachung, wie sie durchaus vorkam.

Kein Arbeitsmarkt: Headhunter suchen nie Betriebsräte für Auftraggeber

Solange keine Headhunter durchs Land ziehen und hoch bezahlte Betriebsräte für ihr eigenes Unternehmen abwerben, weil diese ja nun ach so viel dazu gelernt haben, darf die Nummer mit den realen Euros für fiktive Karrieren nicht ziehen. Tatsächlich ist der Marktwert von Betriebsräten, wenn ihre Amtszeit vorbei ist und sie sich woanders bewerben würden, nicht höher als zuvor. Kein anderes Unternehmen würde Osterloh 750.000 Euro zahlen. Warum auch? Solange es keinen Markt für Ex-Betriebsräte mit diesen bisher oft sechsstelligen Gehältern gibt, sind sie es eben auch nicht wert.

Gewiss, zu dieser Nummer gehören immer zwei: Derjenige, der kauft. Und derjenige, der sich kaufen lässt. Betriebsräte haben das Spiel gerne mitgemacht – und das Geld genommen, meist heimlich. Schon nach der Urteilsverkündung im vergangenen Herbst hatte zum Beispiel Vattenfall reagiert und das Gehalt des Betriebsratschefs von 160.000 auf 80.000 Euro halbiert. Der hat seinerseits geklagt: Er will wieder das Doppelte verdienen.

Betriebsräte verheimlichen Kollegen ihre horrenden Gehälter

Nicht nur Manager sollten sich also die Urteilsbegründung aus Braunschweig deshalb genau durchlesen. Auch Betriebsräte sollten es tun. Immerhin sind diese klammheimlichen und horrenden Gehaltserhöhungen auch gegenüber den Kollegen, die sie wählten, unfair.

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