Abmahn-Opfer wegen Google Fonts sollten sich nicht bluffen lassen – und erst recht nicht zahlen. Gastbeitrag von IT-Anwalt Christoph Werkmeister von Freshfields


Die IT-Anwälte Christoph Werkmeister und Michael Schwaab von der Kanzlei Freshfields raten den Tausenden von Apotheken, Handwerksbetrieben und medizinischen Praxen, die Abmahnungen wegen Google Fonts auf ihrer Homepage bekommen, sich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen.    

Christoph Werkmeister (Foto: C.Tödtmann)

 

Was sie falsch gemacht haben sollten, konnten sich etliche Leute gar nicht vorstellen, als sie diese Post bekamen: ihre Homepage verstoße angeblich gegen den Datenschutz, weil bestimmte Schriftarten – sogenannte Google Fonts – darauf eingebunden seien. Schreinereien, Apotheken oder Physiopraxen und viele tausend Andere wurden in Deutschland und Österreich so aufgeschreckt. Sie sollten dem Absender – zum Teil Anwaltskanzleien – Geld überweisen, andernfalls würden sie verklagt, hieß es in den Anschreiben. Manche der Adressaten nahmen vor Schreck sogar gleich ihre Webseite vom Netz.

 

Diese fragwürdige Praxis hat zuletzt auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen, die in Berlin eine Kanzlei durchsuchte, die in großem Umfang Abmahnungen verschickt hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen einen Anwalt wegen Betruges und Erpressung wegen dieser Abmahnungen in 2.418 Fällen. Der Jurist hatte von den Adressaten je 170 Euro an seinen Mandanten gefordert, der andernfalls den Schadensersatz gerichtlich einklagen würde. Das Schreiben war erschreckend erfolgreich: Rund 2.000 Leute haben aus Angst vor einem Gerichtsprozess bereits gezahlt.



Der betreffende Anwalt begründet diesen – vermeintlichen – Anspruch auf Schadensersatz mit einem Urteil vom Landgericht München: Die Richter sprachen einem Webseitenbesucher 100 Euro Schadensersatz zu, weil seine Daten durch die Einbindung von Google Fonts ohne vorherige Einwilligung an Google in den USA übermittelt worden seien. Diese – vermeintlich unzulässige – Datenverarbeitung würde eine Art von Schmerzensgeld rechtfertigen. Wir meinen: Ein fragwürdiges und juristisch angreifbares Ergebnis, weil hierbei keine sensiblen personenbezogenen Daten erhoben wurden, sondern nur technische Daten wie eine IP-Adresse.

 

                                             Michael Schwaab (Foto: Privat)

Unser  Rat: Wem eine solche Abmahnung ins Haus flattert, der hat meist keinen Grund zur Sorge. Man sollte die geforderte Summe grundsätzlich nicht zahlen und auch keine Unterlassungserklärungen unterschreiben.

 

Unzulässige Abmahnung

Fast immer ist die Abmahnung unbegründet oder sogar unzulässig, weil sich die Abmahner nicht mal die Mühe machen, die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Einbindung von Schriftarten oder anderen Tools auf Webseiten im Einzelnen zu prüfen. Deshalb verbot kürzlich das Landgericht Baden-Baden einem besonders fleißigen Abmahner das Abmahnen einstweilig. Denn: Solchen Massenabmahnern gehe es nämlich nicht um Datenschutz, sondern nur um eigene Gewinnerzielung durch das Einziehen vermeintlicher Forderungen, die im Zweifel mangels nachvollziehbarer Darlegung eines Verstoßes oder eines Schadens gar nicht bestehen.

 

Lese-Tipp wiwo.de:  Abmahnindustrie „Die meisten Unternehmen wehren sich“

 

 

 

 

 

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