Ein Teller Salat mit IT-Anwalt Christoph Werkmeister, der für den Datenschutz auf Kreuzfahrtschiffen in Miami recherchieren muss

Warum Datenschutzbeamte so gerne in der Tageszeitung schmökern

Die Medienkrise wütet seit über 20 Jahren. Einst große Blätter, starke Medienmarken halbierten ihre Auflage und die Redaktion, so manche sind ganz vom Markt gefegt. Anzeigenschwund und Leserschwund – vor allem bei den Publikumszeitschriften – aber wer offenbar fleißig die Presse studiert, das sind die Leute in den Datenschutzbehörden. Das erzählt mir  Christoph Werkmeister, IT-Anwalt bei Freshfields. Dabei suchten die Datenschützer nicht einmal nur nach konkreten Hinweisen auf Datenschutzverstöße in einem Unternehmen. Es reiche ihnen schon, wenn sie zum Beispiel von internen Ermittlungen einer Company im Wirtschaftsteil einer Zeitung lesen, sagt er. Das bringe sie schon auf Ideen und fragen schon mal prophylaktisch – aber hochoffiziell und womöglich mit sehr kurzen Fristen für die Antworten – bei dem Unternehmen nach, wie die internen Ermittler dabei denn sicherstellen, dass der Datenschutz eingehalten wird. Oder ob die Mitarbeiter genau Bescheid wissen, was mit ihren Daten geschieht.

 

Erstaunlich, wie groß der Unterschied da zu den Arbeitsschutzbehörden ist. Die kommen, wie Arbeitsrechtler erzählen, allenfalls in die Gänge, wenn sie ganz konkrete Hinweise auf dem Silbertablett erhalten. Aber die Arbeitsschützer können wohl auch nicht Strafen von 35,3 Millionen Euro verhängen wie vor zwei Jahren die Rekordbusse für H&M von der Datenschutzbehörde.

 

Christoph Werkmeister (Foto: C.Tödtmann)

 

220 Klimmzüge täglich im Büro

Hier im Prinzinger im Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel hat sich Werkmeister einen Caesar Salad bestellt – mit einer doppelten Portion Hähnchen. An einem casual friday sitzt er da im blauen Poloshirt. Doch so viele aufgespritzte Lippen habe ich noch selten mittags in einem Lokal an den Nachbartischen gesehen. Die Location ist ganz in der Nähe des Kanzleigebäudes, der alten Konzernverwaltung der Feldmühle, die der Starachitekt Richard Meier für die Anwälte umgebaut hat. Noch heute dreht dort ein alter Paternoster seine Runden. In seinem Büro hat Werkmeister ein Reck anmontiert, erzählt er, und dass er daran täglich 220 Klimmzüge mache. Und die sieht man seinen Oberarmen auch an.

 

Recherche auf Kreuzfahrtschiffen 

Wer denkt, IT-Recht und Regelwerke wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) seien trockenes Zeug, irrt. Um alle Datenthemen zum Beispiel auf einem Kreuzfahrtschiff zu erkennen und zu beurteilen, muss man solch einen Dampfer und alles, was da passiert, genau kennen. Christoph Werkmeister flog für einen amerikanischen Kreuzschifffahrtsanbieter für solche Datenschutzprüfungen insgesamt fünfmal nach Miami und nochmal auf die Bahamas, als in Deutschland die DSGVO in Kraft trat. „Ich war noch nie so oft auf einem Schiff, wie in der Zeit“, erzählt der IT-Rechtler.

 

Passagiere scannen und Handys-orten für die Drinkbestellung

Und auf den Pötten gibt es massenhaft Datenschutz-Themen – ganz abgesehen von Gesetzeskollisionen, weil in Deutschland andere Regeln herrschen als in den USA und an den Ferienorten, wo angelegt wird, nochmal andere. Ganz abgesehen davon, dass viele der Schiffe obendrein unter maltesischer Flagge fahren, erzählt Werkmeister weiter. Seine Prüfung ergab konkret, dass trotz der maltesischen Flagge das deutsche  Datenschutzrecht gilt.

Jeder Gast wird schon beim Betreten des Schiffs gescannt – damit´s schneller geht beim Einchecken, und damit mögliche Kriminelle von Dieben bis Heiratsschwindler gleich identifiziert werden können. Von denen gibt´s auf solchen Schiffen genug, sagt Werkmeister. Deshalb gibt´s da auch Sicherheitsleute, die auch bei unangemessenem Verhalten von Gästen eingreifen wie Geschlechtsverkehr am falschen Ort oder anderen Vorgängen, die je nach Landesgesetz strafbar sein können. Die Datenschutzfrage ist: Dürfen diese Sicherheitsleute nun Bodycams tragen und wann dürfen sie sie anschalten? Die Lösung ist, erste die Kandidaten anzusprechen und hinzuweisen und dann sagen „ich mache die Kamera jetzt an“.

 

Zahlungswillige Gäste am Casino-Tisch erkennen

Oder: Dann suchen die Kellner auf den Decks ihre Kunden, die Drinks online oder an der Bar geordert haben, via Handyortung. Im Spielcasino werden die Player aus zwei Gründen beobachtet: Ob sie Spielsüchtige, High Roller, sind und man sie schützen muss vor sich selbst. Oder ob man ihnen – wenn sie so ausgabefreudige Typen sind – die Galerie oder den Juwelier in der Ladenstraße empfiehlt oder denen wiederum einen Wink geben darf. Ebenso kann der Reiseveranstalter Covid-Erkrankte kontrollieren wollen, indem er ihr Handy trackt, ob sie ihre Quarantänevorschriften einhalten und auch keine andere Passagiere anstecken.

 

Kafkaeske Folgen der DSGVO

Und dann sagt Werkmeister einen Satz, der auch mir schon öfter durch den Kopf ging: Dass die Folgen der DSGVO zuweilen kafkaesk sind. Da ist er ganz nüchtern: „Mein Beruf macht die Welt nicht besser“.

 

Wie Werkmeister ans IT-Recht kam, will ich noch wissen. Das war, als er nach seinem Examen in Bonn einer der Mitgründer des Online-Portals juraexamen.info für Jura-Studenten wurde. Das Portal startete die Truppe 2009 als ehrenamtlicher Verein, um Jurastudenten schneller die nötigen Infos fürs Examen schneller zu liefern, als es die Fachliteratur schafft. Die Webseite gibt es noch heute und sein besonderer Stolz ist, dass sie schon auf einen sechsstellige Betrage an Werbeeinnahmen geschafft habe, die samt und sonders für gute Zwecke weitergereicht wurden.

 

 

Caesar Salad im Prinzinger (Foto: C.Tödtmann)

 

 

 

 

 

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