Warum es für die Anwaltskarriere nützlich sein kann, Bridge-Profi zu sein: Vergaberechtler Tobias Osseforth wechselt samt Team zu Luther (Exklusiv)

 

Ausgerechnet mit Bridge-Spielen verdiente sich Tobias Osseforth Geld in seiner Studienzeit am King´s College London. Das konnte er gut, schließlich spielte der Vergaberechtler damals schon zehn Jahre lang Bridgeturniere, wurde 1995 Deutscher Juniorenmeister und hatte es bis zur Teilnahme an der Weltmeisterschaft gebracht. Da lerne man Taktieren und die nächsten Spielzüge des Gegners zu antizipieren. Doch im elitärsten Londoner Bridgeclub, in West Brompton gleich neben Chelsea, guckte man den jungen Mann erst mal groß an, als er sich anbot, Trainerstunden zu geben.

 

Tobias Osseforth (Foto: C.Tödtmann)

 

Und dann auch noch ausgerechnet den britischen Upper-Class-Ladys. Das war schon dreist, gibt Osseforth heute zu. Aber man gab ihm die Chance. Auch wenn die vier Damen, die er coachte, ihm gegenüber erst mal extrem ablehnend und überheblich waren. Den jungen Deutschen, der kein perfektes Englisch sprach. Sie ließen es mich absolut spüren, erinnert sich der gebürtige Schwabe. Doch ihre Ablehnung währte nicht lange, der Jurastudent eroberte die Herzen der Bridge-Ladys und nach kurzer Zeit wertschätzten sie ihn. Dann genossen wir alle miteinander die gemeinsamen Bridgeabende, erzählt er. Für vier Unterrichtsstunden in der Woche bekam er 80 Pfund, die er brauchte, um sein Auslandsstudium zu finanzieren.

 

Was er dagegen weniger genoss war der Whisky, den ihm der Chef des Bridge-Clubs oft einschenkte. Den fand Osseforth nur übel und war froh, wenn er ihm nicht so viel eingoss. Doch einen prima Nebeneffekt hatte dieser ungewöhnlichen Studentenjob: Er war der einzige von 13 deutschen Stipendiaten am King´s College, der einen Praktikantenplatz bei einer renommierten Law Firm in London bekam: In der australischen Kanzlei Hudson & Co. – und zwar durch die Kontakte einer der vier Bridge-Ladys. Fürs Praktikum sollte Osseforth keinen Cent bekommen. Eigentlich. Doch weil „ich so fleißig war, morgens der erste und abends der letzte“ in der Kanzlei, schenkten ihm die Briten zum Dank für sein Engagement zum Abschied 1.000 Pfund. Wie es überhaupt seine Erkenntnis wurde: Mit Fleiß kann man extrem viel erreichen.

 

Osseforth links im orangen Shirt (Foto: Privat)

 

Im „Juve“-Umsatzrankig von Rang 88 auf Platz 13 zu Luther 

Schnitt. Cut. 22 Jahre später. Ab Januar wird Osseforth – nachdem er vor zehn Jahren bei Graf von Westphalen (GvW) und dann bei Lutz Abel seine Karriere als Vergaberechtler startete – mit drei weiteren Juristen aus seinem Team unter der Flagge der Top-15-Kanzlei Luther segeln. Die Sozietät mit dem Hauptsitz in Köln. Eine von denen, die sich nicht von Angelsachsen in den vergangenen Jahren vereinnahmen ließen. Luther wurde erst kürzlich von dem Fachblatt „The Lawyer“ als „Europäische Law Firm des Jahres“ gekürt. Für Osseforth ein gewaltiger Sprung, jedenfalls gemessen am Umsatzranking der 100 Top-Wirtschaftskanzleien von „Juve“: Unter den Top-100 stand Lutz Abel im Oktober auf Rang 88, Luther auf Platz 13. Und die wollen ihren Vergaberechtsbereich speziell in München ausbauen, weil doch dort die Hochburg der Tech-Unternehmen ist, das Silicon Valley von Bayern. Wer in seinem Team ist? Die Vergaberechtler Stephen Lampert und Jenny Schindler sowie Juliana Gesellhofer.

 

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Einen Namen hat sich der 46-jährige inzwischen mit Vorzeige-Projekten wie dem Universitätsklinikum Heidelberg, dem Konzerthaus München vom Freistaat Bayern oder der Mega-Surf-Welle in Hallbergmoos in der Nähe des Flughafen Münchens gemacht. Das Fachblatt „Juve“ attestiert ihm, er habe „hohes Engagement“, er sei „sehr präsent“ und „fachlich hoch kompetent“. Auch im Ranking der „WirtschaftsWoche“-Topkanzleien ist Osseforth schon mehrmals vertreten – gewählt von der eigenen Peer-Group und Juroren aus der Wirtschaft.

 

Vom Stahlhändler zum Vergaberechtsanwalt

Dabei wollte Osseforth auch nach den ersten juristischen Erfahrungen gar kein Anwalt werden, sondern begann 2005 erst mal als Unternehmensberater in Köln zu arbeiten, bevor er drei Jahre später das Start-up 1st Steel gründete. Wäre der Stahlmarkt nicht 2011 zusammengebrochen, wäre er heute noch Unternehmer, sagt der Wahl-Münchner. Das Unternehmen handelte knapp fünf Jahre lang mit Stahlresten, die beim letzten Guss übrigblieben und die für die großen Player wie Thyssenkrupp kein lohnendes Geschäft waren. Aus den Resten wurde Flachstahl beispielsweise für die Automobilindustrie gemacht. Das Geschäft ging gut, bis die Stahlpreise einbrachen und die Weltwirtschaftskrise kam. Also musste Osseforth umdenken, besann sich auf Jura zurück, durchlief Kanzleien wie Redeker Sellner Dahs, Görg, Graf von Westphalen (GvW) und war in den vergangenen fünf Jahren Partner bei Lutz Abel.

 

Sein eisernes Durchhaltevermögen bewies der Münchner seinen Lehrern in der Oberstufe. Die hatten sich zu einem Marathonlauf in Berlin angemeldet und wollten vier Schüler dorthin mitnehmen. Zu den Trainingseinheiten ging er nur einmal hin, die anderen drei sprangen gleich ab, erinnert er sich. Er lief den ersten Halbmarathon noch problemlos mit, lag gut in der Zeit, doch bei Kilometer 30 ging nix mehr: Krämpfe und so starke Schmerzen, dass er völlig am Ende war und ins Massagezelt musste. Am Ende schaffte er die Strecke, konnte sich aber nicht mehr bewegen. Um in der Autobahnraststätte auf dem Rückweg mit dem Bus ins Untergeschoss zur Toilette zu gehen, brauchte er eine geschlagene halbe Stunde – so lange mussten all die Lehrer auf ihn warten.

 

Bei Twitter: @TobiasOsseforth
https://twitter.com/TobiasOsseforth

 

 

 

 

 

 

 

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