Irgendetwas läuft da mächtig falsch, aber die Unternehmen scheinen es gar nicht zu bemerken und stürzen sich unverdrossen auf moderne Themen wie Arbeitgeber-Marketing oder Employer Branding. Statt erst mal den eigenen Hof zu fegen. „Deutsche Unternehmen haben kaum Fans unter ihren eigenen Mitarbeitern. Nur 21 Prozent der Beschäftigten sind Fan ihres Arbeitgebers, 28 Prozent sogar Gegner und Enttäuschte“, meldet das Marktforschungs- und Beratungsunternehmens 2HMforum in Mainz. Für die Online-Umfrage habe man 2.250 Beschäftigte deutschlandweit quer durch alle Branchen online und telefonisch befragt.
Die gesunkene Zahl der Firmenaufkleber auf dem Firmenparkplatz
By the way: wenn man sich mal ansieht, wie wenig Besitzer von Dienstfahrzeugen mit einem Aufkleber ihrer Company herumfahren, ist das Ergebnis höchst plausibel. Schauen Sie sich mal um in Ihrer Firmentiefgarage oder auf dem Firmenparkplatz. Meistens fallen einem auch nur wenige Marken ein, die man noch im Straßenverkehr sieht. Mal von lokalen Handwerkern undsoweiter abgesehen. Ist das allein doch schon ein Zeichen, dass sich viele eher für ihre Firma schämen. Und dass sie eben nicht zeigen wollen, wo sie arbeiten – statt stolz zu sein, dass man „beim Daimler schafft“ oder ähnliches.
Vertrauen in das eigene Unternehmen? Das haben nur noch die wenigsten
Und weiter: Gerade mal 30 Prozent haben zu ihrem Arbeitgeber vollstes Vertrauen. Diese Aussage spricht Bände. Die nicht enden wollenden Restrukturierungswellen und Schrumpfungs- und Effizienzorgien der vergangenen Jahrzehnte dürften daran schuld sein.
Neue Chefs und Führungskräfte im einen Lager, der Rest im anderen
Denn die Entscheider über ihnen haben ja gut dran verdient mit Boni – und das bleibt auch den Betroffenen und Überlebenden nicht verborgen. Und die schreiben es sich eben doch hinter die Ohren. Das ist ein völlig anderes Erleben als es neu ankommende Chefs haben. Sie wissen a) nicht, was die vorgefundenen Mitarbeiter mitgemacht haben. Und b) haben sie ihren persönlichen Neustart – aber nicht alle anderen.
Also bekommen sie die Zweifel und das Misstrauen der Belegschaft nicht einmal mit. Denn zeigen tun de es ihnen nicht. Zu groß ist die Angst vor dem persönlichen Absturz und der Angst um den Job. Denn auch wenn die Makrozahlen von Vollbeschäftigung sprechen, so ist es eine andere Ebene, als – mit sagen wir mal 45 Jahren plus – von vornherein keine Einladung mehr zum Vorstellungsgespräch zu bekommen. Oder wenn sich Wissenschaftler, von denen die meisten nur Zeitverträge haben, nicht mehr trauen, Kinder in die Welt zu setzen.
„Empfehlen Sie mich weiter“ – „Nee, ach lassen Sie mal stecken“
Und dann kommt die Umfrage auch zum modernen Thema Arbeitgebermarketing: Nur 35 Prozent der Befragten empfehlen ihr Unternehmen auf jeden Fall weiter. Die Detailsergebnisse: In Banken und Kreditinstituten sind es noch viel weniger – nur 15 Prozent der Beschäftigten sind Fans. In der öffentlichen Verwaltung sind es nur 17 Prozent. Die meisten Fans unter ihren Angestellten erreichen Arztpraxen und Kliniken mit 28 Prozent.
Thüringen, Hessen und Berlin leisten sich die meisten verlorenen Seelen
Auch regionale Unterschiede wurden ausgemacht: Thüringen, Hessen und Berlin sind auf dem letzten Platz. Im bundesweiten Vergleich fühlen sich Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und im Saarland am ehesten an ihre Firma gebunden. 34 Prozent der Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein sind Fans ihrer Arbeitgeber, je 28 Prozent in Niedersachsen und im Saarland.
Ganz am Ende: Hessen, Thüringen und Berlin mit nur 14 Prozent der Arbeitnehmer, die sich ihrer Firma sehr emotional verbunden fühlen, in Thüringen nur 13 Prozent.
Die echte Abhilfe wäre eine täglich neue Kraftanstrengung
Wie man das ändern kann, darüber sollten sich Führungsebenen und vor allem die Personaler mal Gedanken machen. Vielleicht wäre die Einhaltung der Firmenwerte und ein Mit-gutem-Beispiel-Vorangehen der Manager und Chefs eine Idee? Mit dem Bekämpfen von Missständen, die jeder kennt, aber keiner angeht? Mit dem Beenden von Schreckensherrschaften einzelner Führungkräfte? Mit einer clevereren Beförderungssystem als heute, wonach nicht gute Teamplayer, sondern ellenbogenstarke Einzelkämpfer hoch kommen?
…dann lieber auf dem Nebenschauplatz Employer Branding tummeln und die Wurzeln allen Übels unangetastet lassen
Aber das ist eben alles unbequemer als auf das Mode-Thema Arbeitgeber Marketing aufzuspringen und damit von allen wirklichen Problemen nur abzulenken. Doch wenn es in Ordnung ist, alles Üble einfach unter den großen Teppich zukehren und nicht anzusprechen und Offenbarungen in Austrittsgesprächen zu überhören, brauchen sich Unternehmen nicht wundern, wenn Arbeitgeberbewertungsportale wie Kununu dann zum Ventil werden.
Dumm nur: offenherzige, schlechte Bewertungen bleiben da stehen und bleiben für Kandidaten auffindbar. Und Versuche, andere Mitarbeiter zu bestechen, um von denen dann tolle Noten zu bekommen, hilft am Ende doch wenig.
Zur Studie:
Schlechte Noten: Nur jeder Fünfte ist Fan seines Unternehmens

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