Exklusiv: Was verdienen Aufsichtsräte und Beiräte bei Mittelständlern?

Wer beaufsichtigt die Mittelständler? Die Professoren Jürgen Thömmes, Frank Wallau von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach haben zusammen mit Stefan Siepelt, Professor der Rheinischen Fachhochschule in Köln 118 Aufsichtsräte und Beiräte in mittelständischen Unternehmen befragt zu ihrer Zusammensetzung, Qualifikation und Vergütung. 

Die dazugehörigen Unternehmen machen zehn Millionen Euro bis drei Milliarden Euro Umsatz und stammen aus sämtlichen Branchen. Die Studie ist nicht repäsentativ, gibt aber wertvolle Hinweise über das Innenleben dieser Gremien. Hinzukommt: Gerade die Beiräte wirken meist so sehr im Verborgenen, dass deren Namen nicht einmal veröffentlicht werden und auf den Webseiten der Unternehmen zu finden sind. Das ist typisch für Mittelständler und Familienunternehmen insbesondere.

 

Thoemmes

Jürgen Thoemmes

 

–          In den mittelständischen Aufsichtsgremien gibt es einen ausgewogenen Mix an viel Erfahrung durch das Alter und die Verweildauer von Aufsichtsräten / Beiräten sowie qualifizierte Neuzugänge:

–          85 Prozent der Aufseher sind zwischen 40 und 70 Jahre alt

–          Es gibt ein Qualifizierungsmerkmal, das alle anderen schlägt: Eigene unternehmerische Erfahrung

–          69 Prozent der Befragten in Beiräten als freiwilligen Aufsichtsgremien kommen aus der Gesellschafterfamilie des beaufsichtigten Unternehmens.

 

Zum  Thema Frauenquote:

–          Der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien des klassischen  Mittelstands ist mit 17 Prozent weder signifikant höher noch niedriger als der in den großen Dax-Unternehmen.

–          Frauen sind mit 78 Prozent stärker für gesetzliche Initiativen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten als Männer, aber auch mehr als die Hälfte des Männer, genau 60 Prozent,  ist – zumindest abgestuft – dafür.

Insgesamt geht der Mittelstand mit dem Thema Frauenquote unaufgeregt um.

 

Zufriedenheit

Die Zufriedenheit der Aufsichtsräte und Beiräte ist hoch, sowohl mit der Zusammenarbeit Geschäftsführung / Vorstand und Aufsichtsgremium, als auch mit der kollegialen Zusammenarbeit innerhalb der Gremien

 

Das Honorar ist meist ein Freundschaftspreis

Die Vergütung ist nach wie vor sehr niedrig, zumindest gemessen an der Vergütung, die im Dax gezahlt wird.

Fazit: Das Geld kann nicht der Motivator sein, um in ein mittelständisches Aufsichtsgremium ein zuziehen.

Beinahe die Hälfte aller Befragten erhalten weniger als 10.000 Euro pro Jahr, und das bei vier Sitzungen im Durchschnitt, teilweise bis zu sechs.

 

In ein Aufsichtsgremium des Mittelstands ziehen die meisten Mitglieder ein, weil sie Unternehmer sind, die Kollegen in deren Firmen unterstützen oder weil eine verwandtschaftliche Beziehung zu den Gesellschaftern besteht. Für Profi-Aufsichtsräte, die mit kommerziellen Absichten Mandate suchen, ist der Mittelstand keine Spielwiese. Kaum ein Mandat wirft – in der Spitze der Vergütungsstrukturen – mehr als 50.000 Euro im Jahr ab, einschließlich aller Vor- und Nachbereitungszeiten.

Diese Werte, ganz besonders die 50 Prozent unter 10.000 Euro, sollte man mit den im Mittel gezahlten 270.000 Euro im Dax30 vergleichen.

 

Haftungsrisiken

– die Aufseher haben wenig Befürchtungen, haften zu müssen für ihre Tätigkeit

– die meisten haben eine D&O-Versicherung

– Juristen sind in den Gremien nicht gefragt

– Unternehmer – und das sind/waren das Gros der befragten Mandatsträger, sind offensichtlich sogenannte Risk-Taker, die nicht für alles eine Vollkasko verlangen.

 

Professionalisierung und Qualifizierung

Es gibt inzwischen eine breit gefächerte Weiterbildungsszene für Aufsichtsräte. Beiräte scheinen hier bislang unterrepräsentiert zu sein. Bei einigen Themen, beispielsweise den Pflichten eines Aufsichtsrats, traten in der Befragung vereinzelt Wissenslücken auf, die teils als fahrlässig zu bezeichnen sind. Gleichzeitig werden Kosten für Weiterbildung nur in Ausnahmefällen von den Unternehmen getragen. Hier entsteht schnell ein Teufelskreis: magere Vergütung, hohe formale Verantwortung, privat gezahlte Weiterbildung.

Damit ein Aufsichtsrat oder Beirat eines Mittelständlers kein reiner Cosy-Club von Gleichgesinnten oder eine geschlossene Gesellschaft wird, sollten die Mitglieder finanziell völlig unabhängiger Persönlichkeiten sein und auch kein reines Family-&-Friends-Programm sein.

Die Studie gibt es ab 23. Juni 2014 für 25 Euro hier: https://shop.bundesanzeiger-verlag.de/

 

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