Unternehmensberater: Die Ex-Branchenkollegen sind die Schlimmsten

Es ist fast erschreckend, wie und dass sich der Umsatz der Unternehmensberater schon wieder gesteigert hat: auf 23,7 Milliarden Euro in 2013, mit einem Plus von 6,3 Prozent. Und für dieses Jahr erwarten sie ein weiteres Plus von 5,5 Prozent. Zum Vergleich: 2004, also vor zehn Jahren, kam der der Beratermarkt erst auf 12,3 Milliarden Euro Umsatz. Also halb so viel Umsatz wie heute.

Errechnet und erfragt hat´s der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU). Und die Herren berichten von ihrer neuen Markt-Studie auf ihrer Pressekonferenz im Düsseldorfer Hotel Interconti.

Hotel Interconti in Düsseldorf

Hotel Interconti in Düsseldorf

 

Erfreulich sind die Ergebnisse aus Sicht der Zunft. Sicher.

Doch erstaunlich, wie unterstützungsbedürftig offenbar die Unternehmen geworden sind – neuerdings. Dass diese Wissenslücken in der vergangenen zehn Jahren so gewachsen sind. Oder ihre Ratlosigkeit.

Auch erstaunlich, wie viele verängstigte Manager ihre Karriere absichern, indem sie externen Beratern die Verantwortung für ihre Entscheidungen zuschustern. Egal wie viel es die Company kostet.

Aber das tun die Top-Manager nicht nur mit Unternehmensberatern, sondern auch mit Anwälten, Stichwort: Gutachteritis der Managerhttps://blog.wiwo.de/management/2012/05/06/unternehmerhaftung-manager-am-pranger/

 

5300 Beratungen gebe es hierzulande, sagt der Verband, – die ihren Hauptumsatz mit Beratung machen. Inklusive der Berater der WP-Gesellschaften, die seit drei bis vier Jahren wieder intensiv mitmischen. 520 der Beratungshäuser sind im Verband organisiert.

 

Keine Frage, es gibt sicher auch viel Know-how, das die Berater zu bieten haben. Aber gut wäre es freilich, man würde öfter und viel intensiver die eigenen Mitarbeiter befragen, die von denen auf Trab gebracht werden sollen. Denn die eigenen Leute wissen oft die Lösungen für die Probleme, nur will niemand sie von denen hören. Weder aus der internen Hierarchie noch von den Beratern. Dies berichten immer wieder kopfschüttelnd renommierte Insolvenzverwalter oder Wissenschaftler, die sich mit der Thematik befassen. Und Angestellte, die sich mit ihrem Know-how übergangen fühlen – mit den üblichen Folgen.

Präsident des verbands der Unternehmensberater Antonio Schnieder und Geschäftsführer bei Cap Gemini (Mitte)

Präsident des verbands der Unternehmensberater Antonio Schnieder und Geschäftsführer bei Cap Gemini (Mitte)

Doch zurück zu den Unternehmensberatern: Der Jugendwahn ist in dieser Branche wohl beendet. BDU-Chef Antonio Schieder erzählt, dass die Beratungshäuser auf der Suche sind nach erfahrenen Beratern. Weil es schwerer geworden sei, Umsatz zu machen mit Junior-Beratern. Oder mit Beratern ohne Umsetzungskompetenz.

Kurz: Die Unternehmenskunden kaufen professioneller ein als früher, meint  auch Hans-Werner Wurzel aus dem Management-Team von BearingPoint berichtet von höheren Anforderungen an die Berater. Was auch daher kommt, dass inzwischen auf der anderen Seite des Schreibtischs – beim Kunden – oft Ex-Berater sitzen. Und Konvertiten seien nun mal die Schlimmsten.

Hans-Werner Wurzel, Präsidumsmitglied beim Unternehmensberaterverband und Vize-Chef von BearingPoint

Hans-Werner Wurzel, Präsidumsmitglied beim Unternehmensberaterverband (BDU) und Vize-Chef von BearingPoint (lrechts), Klaus Reiners, BDU-Sprecher

 

Immer sitzen heute bei Verhandlungen um Aufträge die Einkäufer mit am Tisch – so wie bei Anwälten auch – , schon aus Corporate-Governance-Erfordernissen. Und die brächten gerne mal weitere Wettbewerber ins Spiel, um die Preise drücken zu können. Schon aus Prinzip. Die Unternehmens-Einkäufer seien gewieft und würden durchaus wirtschaftlich einkaufen statt nur auf das niedrigste Angebot zu schielen.

 

Tageshonorare  für Berater zwischen 1.500 und 4.500 Euro

 

Gestiegen seien die Ansprüche der Kunden, aber nicht die Honorare – und das erhöhe den Druck auf die Beratungen, zu fusionieren undsoweiter.

Was sie kosten? Die Spannen sind hoch, die Tagessätze liegen zwischen 1.500 und 4.500 Euro.

Warum es insbesondere den großen Beratungen nicht gelingt, Frauen als Berater zu halten? Es sei die fehlende Work-Life-Balance.

 

Kunden zerstören unnötigerweise die Work-Life-Balance der Unternehmensberater

 

Doch dann wird man doch konkret: Schuld seien die Kunden, es, die unbedingt wollten, dass die Berater ihre Stunden bei ihnen vor Ort ableisteten. Egal ob Männer oder Frauen.

Es fehle keineswegs an Respekt und Anerkennung weiblicher Berater. Aber das Misstrauen der Unternehmenskunden, dass ihnen zu viele Manntage auf die Rechnung gesetzt werden, sei eben sehr hoch.

Dabei könnten Berater tatsächlich auch viele ihrer Arbeiten auch woanders ableisten als vor Ort beim Kunden. organisatorisch sei das kein Problem.

 

Frauen sind konsequenter – und verlassen die Beratungen

 

Das Ende vom Lied: Weibliche Berater wandern dann schneller konsequent in Unternehmen weg, weil sie die ständige Reisetätigkeit nervt. Egal ob sie Kinder und / oder Lebenspartner haben. Darin seien sie konsequenter als Männer.

 

Misstrauen beherrscht die Führungskräfte – einerseits

Ein wenig ist es also wie bei deutschen Führungskräften, die tatsächlich keine Home-Offices wollen, weil sie viel zu viel Misstrauen gegenüber ihren Mitarbeitern hegen. Könnten sie doch zuhause längere Pausen machen, als sie es in der Firma täten.

 

Andererseits erkennen sie offensichtliche Zeitverschwendung nicht

 

By the way: Merkwürdig nur, dass an dem Punkt das Misstrauen gar nicht abebbt im Laufe der Jahre – wo im selben Moment niemand Theater macht, wenn rauchende Mitarbeiter ihrer Firma locker eine Stunde am Tag für ihre Rauchpausen klauen.

 

Arbeitsverdichtung in Betrieben behindert Unternehmensberater-Projekte

Ob es etwas gibt, was den Beratern Sorgen bereitet? Dass die Projekte in Stocken kommen oder gefährdet werden – durch die Angestellten der Kunden. Denn die seien heute so ausgelastet mit Arbeit, dass bei ihnen kein bisschen Luft mehr ist, um sich auch noch mit Unternehmensberater-Projekten zu befassen. Und dann geht es mit den Projekten nicht mehr weiter.

 

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Alle Kommentare [6]

  1. Unternehmensberatung ist wohl ein hartes Job…Tatsächlich wäre es aber besser, wenn die „Rezepte“ der einen und anderen miteinander verglichen würden, sodass ein eigentliches – und vielleicht wissenschaftlich begründetes – Wissen in diesem wirschaftlichen Bereich entwickelt werden kann!

  2. Nunja, jeder, der in einer Beratung, sei es Unternehmensberatung, Marketingberatung oder Strategieberatung, arbeiten möchte, muss eben darauf gefasst sein, dass es etliche Stunden zu arbeiten gibt und die Work-Life-Balance nicht die beste ist. Dafür – wie Sie hier auch schreiben – ist das Gehalt dementsprechend deutlich höher als in anderen Berufen. Und warum die Nachfrage gestiegen ist? Finanzkrise, Globalisierung, Alternativen etc. etc. – es gibt dafür einfach viele Gründe. Es ist leider nicht mehr alles so rosig wie früher für KMUs und andere Unternehmen.

  3. Also ich finde das mit dem Rauchen in beziehung Misstrauen ein schlecht gewähltes Beispiel. mein Arbeitgeber weiß, dass ich rauche. Wenn ich jetzt rauchen gehe, weiß er auch, dass ich dann nicht arbeiten kann (ich muss ja raus. Wir haben schließlich nichtraucher in der Firma). Jetzt sagt er: „Gut, der raucht… macht den Rest der Arbeit aber so zügig, dass die 5 minuten nicht fehlen“. Ich verstehe den zusammenhang mit Rauchern nicht 😉

    lg
    ben

  4. Eine Anmerkung zu den Raucherpausen: viele Raucher müssen inzwischen aus- und einstempeln wenn sie ihre Zigarettenpause machen. Und ob die Kaffeepausen der Nichtraucher viel kürzer sind ist auch fraglich. Schlechtes Beispiel….

  5. Vielen Dank für den tollen Artikel, der hat mich sehr interessiert. Was die Tageshonorare betrifft, so finde ich das teilweise richtig unverschämt!

    Wichtig finde ich, dass Meilensteine vereinbart werden und, dass es eine Preiskorrekturklausel gibt wenn Erfolge nicht eintreten.