Wenn Mitarbeiter whistleblowen ist es empörend, bei Firmen gar nicht

Interessant, wie schnell die Interessenslagen so wechseln. Irgendwann hatte Henkel auf einer Pressekonferenz Spülmaschinentabs vorgestellt, die alles aufeinmal konnten. Die Maschine pflegen, Geschirr reinigen und das Geschirr zum Glänzen bringen. Ich erinnere mich noch gut, gabs als Give-away doch ein dreidimensionales Lineal in Form einer Toblerone-Schokolade mit einer blauen Flüssigkeit mit auf den Weg. Es vergingen mehrere Jahre und irgendwann meldete sich die Rechtsabteilung des Konzerns und bat mich um eine Zeugenaussage, was sie da und vor allem wann genau sie diese Tabs auf ihrer Pressekonferenz vorgestellt hatte. Damals ging es wohl um einen Prozess gegen einen Wettbewerber und das Fakt, wer der erste gewesen war. Es war eine mühevolle Prozedur, bis die Reisekostentüte wieder ausgebuddelt war und ich anhand der Presseunterlagen von der Konferenz (ich hatte sie tatsächlich noch) meine Zeugenaussage abliefern konnte. Wie die Sache insgesamt damals ausging? Keine Ahnung. Zeugen erzählt man das wohl nicht – so im Nachhinein für ihre Mühe.

Das war der erste Akt.
Der zweite, den man jetzt im Nachhinein zum Beispiel in der „Rheinischen Post“ erfährt: Die Produzenten Reckitt Benckiser und Henkel sollen verbotene Preisabsprachen über diese Spülmaschinentabs getroffen haben – immerhin von 2005 bis 2007 , immer wenn´s eine Preiserhöhungsrunde gab  – und wir Verbraucher haben die ganzen Jahre zuviel bezahlt. Danke sehr.
Damit nicht genug: Auch die Waschmittelprodukte Vanish Oxi Action und Sil oder die Allzweckreiniger Cilit Bang und Bref haben wir offenbar zu teuer bezahlt. hatten die Firmen offfenbar die Preise verbotenerweise aufeinander abgestimmt.   http://www.rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/preisabsprachen-bei-calgonit-und-somat-1.2613485?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=wirtschaft%20-%20newsletter
Verbotene Preisabsprachen nennt das Bundeskartellamt so was. Und weil sie das nicht mag, verhängt sie millionenschwere Geldbußen. Meistens. Aber nicht für jeden und manche bekommen Rabatt und wieder andere – aber das schaffen nur einzelne – brauchen trotz verbotenem Verhaltens und dem Kassieren schöner Renditen brauchen keinen Cent Busse zahlen. Die Konsumenten, die bekommen soweso nichts wieder – das gibt´s nämlich in den Vereinigten Staaten.
Denn, und jetzt kommt der dritte Akt: Wer ohne Strafe davonkommt, hat die „Kronzeugenregelung genutzt“. Was sich so vornehm anhört, ist tatsächlich etwas, was Unternehmen sonst hassen: Whistleblowing, Petzen bei den Behörden. Jedenfalls wenn es es die Arbeitnehmer tun und  sie der Gegenstand des Whistleblowings sind.
Dabei müssen die Kronzeugen-Firmen noch mehr tun als Whistleblower: Sie müssen in einem Wettlauf  antreten gegen die Kartellfreunde, um ja der Erste zu sein – nur der bekommt 100 Prozent Straffreiheit. Und nicht nur das, sie müssen total konstruktiv sein und den Häschern wirklich alles offenlegen. Dann und nur dann entscheidet die Behörde ganz am Schluss allein und nicht justiziabel,  ob jemand 100 Prozent Rabatt oder nur etwas weniger bekommt – oder gar keinen. In diesem Fall war Henkel der Whistleblower – 24 Millionen Euro Strafe bleiben insgesamt an Reckitt Benckiser und deren Mitarbeitern hängen. Hören Sie Empörung über die Verräter? Nienich.
Auch die Deutsche Lufthansa war schon mal Whistleblower gegenüber Kartellfreunden. Hat da jemand mit dem Finger auf die Airline gezeigt und „illoyal“ geschrien? Ich habe nichts vernommen.
Übrigens: In der USA werden Arbeitnehmer-Whistleblower von Behörden zuweilen fürstlich belohnt mit hohen Geldsummen. Zwar ist es für die verpfiffenen Unternehmen nicht lustig, aber die Mitarbeiter werden nicht so geächtet wie hierzulande.
Warum Unternehmen aufhören sollten, allen Papierkram schnell zu entsorgen:
Geschmiert wird nur bei den anderen:

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