Gallup-Studie: Vorgesetzte schädigen die Firma, wenn Sie das Thema Führung nicht beherrschen

Produktivität

Hätten sie gute Führungskräfte, würden deutsche Unternehmen 105 Milliarden mehr Umsatz im Jahr machen, rechnet die neue Gallup-Studie vor. Stattdessen leisten sie sich mit 70 Prozent eine große Mehrheit von Mitarbeitern, die schweigen, statt Einsatzfreude an den Tag zu legen.  

 

Die meisten Mitarbeiter sind an ihr Unternehmen emotional kaum gebunden und machen nur Dienst nach Vorschrift. Der Graben zwischen den Mitarbeitern und den Unternehmen wird immer größer, belegt die aktuelle Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Gallup: In seinem Engagement Index 2016 veröffentlicht es alljährlich, wie es um die Mitarbeiterbindung, die Motivation der Angestellten und um deren Verhältnis zu Chefs und Unternehmen steht. Befragt wurden für die Untersuchung 1413 Arbeitnehmer über 18 Jahren in zwei Erhebungswellen, im Februar/März und Oktober/Dezember 2016.

 

Schlechte Führungskräfte senken die Wettbewerbsfähigkeit

Das Fazit der diesjährigen Untersuchung: Schlechte Vorgesetzte sind die Stellschraube, die dringend bewegt werden müsste. Sie kosten die deutsche Wirtschaft bis zu 105 Milliarden Euro im Jahr. So hoch sind die Verluste durch innere Kündigungen der Mitarbeiter. Die Mehrheit der Mitarbeiter ist emotional an ihr Unternehmen kaum gebunden. Die Folge: Das alles beeinträchtigt wichtige Wettbewerbsfaktoren. Die Fehlzeiten steigen, Produktivität, Rentabilität, Qualität und Kundenbindung sinken dagegen.

 

Pannen sehen – und lieber schweigen. Eigeninitiative? Lieber nicht.

Marco Nink, Studienverantwortlicher bei Gallup sagt: „Arbeitnehmer, die sich emotional nicht an ihren Arbeitgeber gebunden fühlen, zeigen weniger Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein – und sie schweigen zudem häufiger zu Fehlentwicklungen.“ Das bedeutet im Klartext: Läuft im Unternehmen etwas schief, schweigt die Mehrheit der Angestellten – aus Resignation -, statt darauf aufmerksam zu machen und um die Behebung von Missständen sowie Fehlentwicklungen zu kämpfen.

Marco Nink vom Marktforscher Gallup

 

Auch schwere Bedenken bleiben unausgesprochen

Sehr bedenklich sind die Folgen dieser Nicht-Widerspruchs- und Schweigekultur für die Unternehmen selbst. Der aktuelle Engagement Index zeigt: jeder dritte Mitarbeiter hat in den vergangenen zwölf Monaten gegenüber seinem Vorgesetzten mindestens einmal sogar schwere Bedenken nicht geäußert. Von den Mitarbeitern ohne emotionale Bindung schwieg sogar fast jeder Zweite (45 Prozent).

 

Der Traumarbeitnehmer ist eine Rarität

So, wie sich Unternehmen den optimalen Mitarbeiter wünschen, sind laut Gallup-Studie nur 15 Prozent der Leute – die sind nämlich mit Hand, Herz und Verstand bei der Arbeit. Das Gros der Mitarbeiter will in erster Linie unauffällig sein: 70 Prozent der Beschäftigten sind emotional gering gebunden und machen lediglich Dienst nach Vorschrift, so Gallup.

 

Man liebt die Arbeit, aber nicht Vorgesetzte und Arbeitgeber

Dabei scheint das alles unnötig zu sein. Denn die Arbeitseinstellung ist durchaus sehr positiv. Auf die Gretchenfrage, ob man denn weiter arbeiten würde, wenn man nicht auf das Gehalt für den Lebensunterhalt angewiesen wäre, gaben 77 Prozent der Befragten die Antwort: Doch, sie würden durchaus weiter arbeiten wollen, das waren vor sechs Jahren noch weniger (2010: 70 Prozent).

Was den Mitarbeitern wichtig wäre? Nink sagt: „Faktoren wie Arbeitsplatzsicherheit, Entlohnung, Sozialleistungen, flexible Arbeitszeit oder die Zahl der Urlaubstage sind für Mitarbeiter zwar durchaus wichtig, sie haben aber auf deren emotionale Bindung kaum Einfluss.“

 

Führungsqualität wird Wettbewerbsvorteil dank einsatzfreudiger Mitarbeiter

Fünfmal wichtiger als das Gehalt ist es dagegen, wenn man „die Möglichkeit hat, das zu tun, was man richtig gut kann“. Entscheidend sind laut Nink außerdem die „Führungsqualität, eine herausfordernde, abwechslungsreiche und als sinnvoll empfundene Tätigkeit und die Kollegen. Emotionale Bindung wird im direkten Arbeitsumfeld erzeugt und der direkte Vorgesetzte ist dabei das A und O.“

 

Warum die Innerlich-Gekündigten immer mehr werden

Die Gallup-Untersuchung zeigt den Zusammenhang zwischen Führung und Ergebnissen. „Wie lange Mitarbeiter ihrem Unternehmen treu bleiben und wie einsatzfreudig und produktiv sie in der Zeit sind, hängt in erster Linie vom Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten ab“, so Nink. „Doch in punkto Führungsqualität klaffen die Wünsche der Mitarbeiter und die Wirklichkeit in den Unternehmen weit auseinander.“

Das hat Folgen für die Betriebstreue – und zwar negative. Waren manche Unternehmen jahrelang froh über Mitarbeiter, die von selbst ihren Hut nahmen. So scheint sich das langsam zu drehen. Den Unternehmen, die inzwischen viel Geld investieren in ihren guten Ruf als Arbeitgebermarke, kann dieses Ergebnis der Gallup-Umfrage nicht gefallen: Die Zahl der Mitarbeiter mit hoher Bindung an die Firma, 15 Prozent, geht keinen Deut nach oben. Ebenso hoch bleibt auch die Zahl der Resignierten, die innerlich gekündigt haben. Dabei seien diese Frustrierten keineswegs Versager, auch sie waren ursprünglich mal als motivierte, gute Leute angetreten – und könnten das auch wieder werden, betont Nink.

 

„Ich will weg hier“

Qualifizierte Führungskräfte könnten helfen. Doch die Führungsqualität liegt hierzulande im Argen: Die Wünsche der Mitarbeiter und die Wirklichkeit in den Unternehmen klaffen besonders weit auseinander. Nur jeder fünfte Arbeitnehmer (21 Prozent) sagt: „die Führung, die ich bei der Arbeit erlebe, motiviert mich, hervorragende Arbeit zu leisten“.  Selbst in der Gruppe der hoch gebundenen Angestellten sagen das nur 66 Prozent. Und bei den Arbeitnehmern mit geringer oder ganz ohne Bindung nur 15 beziehungsweise nur drei Prozent.

Kein Wunder, dass ein Fluchtreflex einsetzt. Fast jeder Fünfte (18 Prozent) dachte in den vergangenen zwölf Monaten daran zu kündigen – und zwar wegen seines direkten Vorgesetzten.

 

Ich bin ein Super-Chef – Sie sind ein schlechter Chef

Interessant ist das Auseinanderfallen von Fremd- und Eigenwahrnehmung: 69 Prozent der Arbeitnehmer hatten mindestens einmal einen schlechten Vorgesetzten laut Gallup. „Doch die Chefs selbst sind sich ihrer Defizite nicht bewusst – 97 Prozent halten sich selbst für eine gute Führungskraft“, so Nink.

Merkwürdigerweise haben laut Gallup-Umfrage 2016 immerhin 40 Prozent der Führungskräfte eine Weiterbildung besucht haben, um den Umgang mit ihren Mitarbeitern zu verbessern. Das aber wohl ohne Erfolg.

 

Dialog mit Mitarbeitern? Totalausfall

Der wichtigste Hebel, um einsatzfreudige Mitarbeiter mit emotionaler Bindung an die Firma zu bekommen ist ein kontinuierlicher Dialog mit den Führungskräften. Das kann nicht funktionieren, wenn nur 56 Prozent der Mitarbeiter mit ihren Chefs und dann nur einmal im Jahr über ihre Arbeit und die Leistung sprechen. Nur 14 Prozent der Mitarbeiter berichten bei der Untersuchung über kontinuierlichen Austausch mit dem Vorgesetzten und das über das Jahr hinweg.

 

Mitarbeitergespräche ohne Ergebnis für die Firma

Vor allem die gefürchteten Mitarbeitergespräche – einmal im Jahr auf Drängen der Personalabteilung – verfehlen oft ihr Ziel, nämlich die Arbeitsleistung nachhaltig zu verbessern. Nur 38 Prozent der Mitarbeiter sagen, dass diese Mitarbeitergespräche helfen, ihre Arbeit besser zu machen. Ein schlechtes Zeugnis für Führungskräfte, urteilt Nink. „Wo es doch die Aufgabe einer Führungskraft ist, die individuellen Leistungspotenziale der Mitarbeiter freizusetzen und zur Entwicklung des Einzelnen beizutragen.“ Chefs müssten herausfinden, was ein Mitarbeiter gut kann und mag und wie er dementsprechend eingesetzt werden kann – und das gehe am besten im Gespräch.

Was bedeutet, dass Vorgesetzte sich die Zeit zum Zuhören nehmen und für ihre Mitarbeiter echt interessieren müssen.

 

 

Was Arbeitnehmer von Unternehmen erwarten: Jobsicherheit, Vereinbarkeit und die richtige Arbeit stehen ganz oben

Gefragt hat Gallup nach der Bewertung von 19 Aspekten auf einer Skala von 1 „überhaupt nicht wichtig“ bis 5 „äußerst wichtig“

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Angebote zur Kinderbetreuung  3.05

Möglichkeit, Führungsverantwortung zu übernehmen 3.68

Angebote zur Gesundheitsförderung 3.69

Aufstiegschancen und Entwicklungsmöglichkeiten 3.79

Innovationen 3.85

Unternehmensziele und Unternehmensphilosophie 3.92

Sozialleistungen, Zuschüsse und Annehmlichkeiten 3.96

Ruf/Renommee des Unternehmens + seines Führungspersonals 4

Unternehmenskultur 4.02

Bezahlung oder Verdienstmöglichkeiten 4.12

Freiheiten und Gestaltungsspielraum  4.13

Flexibilität bei der Arbeitszeit  4.15

Herausfordernde und abwechslungsreiche Tätigkeit 4.31

Zahl der Urlaubstage 4.33

Hervorragende Führungskraft 4.35

Tolle Kollegen und Kolleginnen 4.44

Möglichkeit, das tun zu können, was sie richtig gut können 4.45

Vereinbarkeit von Arbeit + Privatleben + persönl. Wohlbefinden 4.52

Sicherheit des Arbeitsplatzes 4.52


 

 

Gallup-Studie 2015/6: Wenn ich  meiner Firma egal bin, ist sie mir auch egal

https://blog.wiwo.de/management/2016/03/16/gallup-studie-wenn-ich-meiner-firma-egal-bin-ist-sie-mir-auch-egal/

Über Gallup: Gallup Deutschland ist ein forschungsbasiertes Beratungsunternehmen und Spezialist für die Schnittstelle zwischen Ökonomie und Psychologie.

 

 

 

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Alle Kommentare [9]

  1. Interessante Ansicht, dass Dienst nach Vorschrift einen Schanden verursachen soll. Wenn man nach Vorschrift (Arbeitsvertrag) Arbeitet bringt man die Geschuldete Leistung zu 100%. Wo ist da also der Schaden?

    Ein Volkswirtschaftlicher Schaden entsteht er, wenn man mehr Arbeitet, denn dadurch nimmt an andere einen Teil der Arbeit ab. Der Eingesparte Mitarbeiter Zahlt weder Lohnsteuer noch Sozialversicherung in den Staatshaushalt. Der Damit Generierte Gewinn der Unternehmen wird deutlich weniger Belastet, bzw ins Ausland geschoben um ja keine Abgabenlast zu haben.

    Schlechtlaufendes in Betreiben melde ich auch nicht mehr, da man sich dadurch leider er Probleme auflädt anstelle Anerkennung erfährt. Man kann schon froh sein, wenn seine Meldung lediglich neutral betratet wird.

  2. Guten Morgen,

    diese Ergebnisse erschrecken mich nicht!

    Sie bestätigen meine Erlebnisse bei der Arbeit mit Führungskräften.
    Deutschland ist nach wie vor ein erlebtes Entwicklungsland in Sachen visionärer Führung ist.

    Damit die digitale Transformation gelingt, braucht es Identifikation, Vertrauen und Eigenverantwortung.

    Die Eigenverantwortung scheitert hier zu lande bereits bei der Vergabe von Zielen und Aufgaben.

    Schöner Artikel.

    Gruß Marcus Riesterer

  3. Mir erschließt sich nicht wie man seriös einen „Führungsschaden“ bei deutschen Unternehmen auf präzise 106 MRD € ermitteln kann?
    Dazu wäre schön zu wissen hat er sich erhöht verglichen mit den letzten Jahren oder nicht?
    Es wäre schön wenn bei solchen Studien die Erhebungsbasis etwas differenzierter mit eingeblendet würde, d.h. neben der Anzahl der Befragten auch die Unternehmensgrößen (Anzahl Mitarbeiter, ca. Jahresumsatz und wenn möglich Anzahl der Führungshirachien).
    Darüber hinaus stellen sich mir die Fragen wie sieht’s denn bei nicht deutschen Unternehmen oder im europäischen vergleich bei unseren Nachbarn wie Österreich Schweiz Frankreich Belgien Holland oder Dänemark und Schweden oder außereuropäisch zu den USA , Kanada oder Australien aus?
    Als Sie sehen mehr Fragen als Antworten?

  4. Bei den Befragten handelt es sich um einen repräsentativen Querschnitt der Arbeitnehmerschaft in Deutschland. Befragt wurden Frauen ebenso wie Männer, Vollzeitbeschäftigte genauso wie Teilzeitbeschäftigte, es fanden Personen aller Altersgruppen Berücksichtigung, ebenso wie aller Bildungsschichten, Berufsgruppen, Unternehmensgrößen und auch der Branchenmix ist repräsentativ für Deutschland. Selbstverständlich umfasst die Stichprobe auch Arbeitnehmer, die eine Vorgesetztenfunktion innehaben, also Personalverantwortung für Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen haben.

    Die volkswirtschaftlichen Kosten von innerer Kündigung entstehen durch Produktivitätseinbußen. Berechnungsgrundlage hierfür ist zum einen das Bruttoinlandsprodukt und zum anderen das durchschnittliche Jahresgehalt abhängig Beschäftigter. Hinzu kommt die Anzahl der abhängig Beschäftigten und der Anteil der Mitarbeiter mit hoher, geringer und ohne Bindung, die wir mithilfe von zwölf Kernaussagen zum Arbeitsplatz ermitteln. Die Formel zur Berechnung der Kosten ist ein Geschäftsgeheimnis von Gallup. Die volkswirtschaftlichen Kosten von innerer Kündigung belaufen sich nach unseren Berechnungen auf eine Summe zwischen 80 und 105 Milliarden Euro. Im Jahr 2015 lagen sie zwischen 76 und 99 Milliarden Euro.

    Wir führen vergleichbare Untersuchungen in einer Vielzahl von Ländern durch – darunter auch Österreich und die Schweiz. Die Auswertung des internationalen Vergleichs wird allerdings erst in einigen Wochen vollständig abgeschlossen sein und im Herbst 2017 vorliegen. Daher an dieser Stelle der Blick auf das letzten verfügbaren Daten. Für Deutschland ist sicherlich der Blick auf die Gruppe der sieben führenden Industrieländer als Vergleich besonders interessant. Den höchsten Grad an emotionaler Bindung unter den G7 wiesen im letzten Jahr die Beschäftigten in den USA auf. Dort waren nahezu doppelt so viele Arbeitnehmer mit Hand, Herz und Verstand bei der Sache wie in Deutschland. Allerdings: Beim Anteil derer, die innerlich gekündigt haben, lagen die USA und Deutschland nahezu gleichauf. Gegenüber Deutschland weisen Großbritannien, Italien, Frankreich und Japan mehr Beschäftigte auf, die innerlich gekündigt haben und weniger Arbeitnehmer, die mit Hand, Herz und Verstand bei der Sache sind.

  5. Guten Tag
    Leider muss ich feststellen, dass die vorgenannten Zahlen mit meinen Erfahrungen in keinster Weise übereinstimmen. Als Coach und Vermittler arbeite ich sozusagen „an der Front“. Viele Unternehmen sind durchaus an einer Mitarbeiterbindung interessiert – und zwar auf allen Ebenen.
    Facharbeitermangel existiert nicht. Gut ausgebildete Bewerber gibt es in Hülle und Fülle.
    Lediglich ein Mangel an Auszubildenden im Handwerk und Gewerbe ist zu beklagen. Schuld daran ist unser Schulsystem. Seit die Grundschulempfehlung aufgehoben wurde, müssen Söhne und Töchter zur Steigerung des Ansehens der Eltern auf Gymnasium und studieren. In den Schulen und Unis hängen dann Leute rum, die da keinesfalls hingehören und dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Was kann man dagegen tun?
    Attraktivere Entlohnungen und langfristige Perspektiven sind die Lösungen.

  6. Statistiken haben leider noch nie zu irgendeiner Verbesserung geführt. Und die Schlüsse, die daraus gezogen werden, sind manchmal schon ganz schön gruselig. Aus diesen Studien einen Schaden von 105 Milliarden pro Jahr herzuleiten ist eine dieser Gruselgeschichten, die aus linearem Denken resultieren. So, als ob gesellschaftliche und kulturelle Begebenheiten mathematisch erfassbar wären. Sie sind graue, einfältige Theorie.

    Nun kennt man ja die große Unzufriedenheit in Unternehmen und dass nur ein geringer Teil der Mitarbeiter sich wirklich dem Unternehmen verbunden fühlt und das arbeiten kann, was seinen Fähigkeiten entspricht. Auch die Burnout-Quote in Deutschland spricht Bände.

    Die überholte Vorgehensweise ist, nach Schuldigen zu suchen, die es mal wieder nicht geschafft haben, den letzten Tropfen Erfolg aus den Mitarbeitern heraus zu holen. Mal ist es der unmotivierte Erwerbstätige, mal der verkannte Berufene, mal der unfähige Vorgesetzte. Im Grunde fehlt jedoch das Verständnis des Zusammenspiels. Es sind nicht Einzelfaktoren sondern das Paket, das zu einem Ergebnis führt. Wenn ein Mitarbeiter einer Jobrolle (in diesem Fall dem reinen Gelderwerb) nachgeht, die er nicht mag, fällt die Befragung natürlich negativ – zulasten des Chefs – aus. Er projiziert seine Unzufriedenheit mit seiner Jobrolle auf Vorgesetzte, die dann ggf. nicht genug motivieren und dem Mitarbeiter nicht das ungewollte Arbeitsleben verbessern.

    Umgekehrt dasselbe Spiel: Vorgesetzte, die aufgrund möglicher Überbelastungen durch immer größere Verwaltungsakte, Regularien und Bestimmungen, urteilen ggf. aus ihrem Ärger heraus vorschnell über ihre Mitarbeiter.

    Das Kernproblem liegt nicht an den Menschen sondern an der Vorstellung, was eigentlich ein Unternehmen ist. Unternehmen sind keine statischen Einrichtungen, in denen zertifiziert irgendwelche Prozesse abzulaufen haben. Wenn ein deutsches Unternehmen nach dem anderen aus den Top 100 der wertvollsten Unternehmen der Welt herausfällt, dann liegt das nicht an den Mitarbeitern und Vorgesetzten, sondern an einer falschen Vorstellung, was „Unternehmen“ bedeutet.

    Schauen wir uns an, wie Unternehmen gegründet werden und sich eine zeitlang positiv weiter entwickeln. Bei der Gründung treten Intentionen von Menschen in Zusammenarbeit. Nicht fixe Job-Rollen. Es gibt noch keine Zertifizierungen, Prozesse oder Überregulierungen, die das Engagement und die Kreativität behindern. Aus was sind auch die größten Konzerne hervorgegangen? Nicht aus der Verwaltung. Nicht aus Compliance. Nicht aus ISO. Nicht aus Misstrauen in die Mitarbeiter und Führungskräfte. Sondern aus Leidenschaft und Intention. Im Laufe der Unternehmens-Historie hat dann die Regulation überhand genommen. Der Erfolg soll in Zement von Prozessen gegossen werden. Die Wandelbarkeit des Unternehmens, die aus den Mitarbeitern und Führungskräften hervorgehen würde, wird damit ebenfalls einzementiert.

    Motivation kommt nicht vom Vorgesetzten sondern aus einer sinnvollen Aufgabe, die Spaß macht. Wenn jemand das tut, was ihm keinen Spaß macht, wird kein Vorgesetzter motivieren können. Wir haben die einfachsten Dinge vergessen. Du grundlegendsten und offensichtlichsten Dinge werden nicht verstanden: Wenn man Systeme und Strukturen über den menschlichen Genius stellt, sind sie nicht überlebensfähig. Da helfen dann auch keine Tschakka-Seminare und auch keine motivierenden Worte vom Chef.

  7. Sehr geehrter Herr Nick,

    ich habe ihre Bedenken gelesen und stelle fest, dass es mit den Unternehmen immer nach unten geht, egal was Sie unterschuchen. Ich bin als Mitvitationstrainerin am Anfang und habe jetzt erst Gespräche geführt, die >Unternehmen/Geschäftsführer< haben alles im Griff und können ALLES! Jetzt ist lange schon Zeit eine Praktikerin wie mich einfach die Kenntnisse und Erfahrungen mit einbringen zu lassen. Es ist schon nach 12 Uhr, warum sind die Chefs so überheblich. Ich mach weiter und es klappt schon, ich bin als Motivationstrainerin gefragt. Danke für die Artikel und ich lese es gerne.

    Viele Grüße aus Bayern
    Marianne Stocker