Im internationalen Business ist die Marke Basis des Erfolgs – auch für Kanzleien. Gastbeitrag von PR-Strategin Claudia Böhnert

Anwaltskanzleien als Marke? Die allermeisten sind von dem Ziel noch weit entfernt – wenn sie es überhaupt als solches schon ausgemacht haben. Schon an der Unterscheidbarkeit hapert es meist. Oder wie erkennt man einen Freshfields-nwalt und kann ihn unterscheiden von einem Gleiss-Juristen oder einem von CMS?  Zwar haben viele Kanzleien inzwischen ein Logo, eine Kanzleifarbe und manche auch einen griffigen, einprägsamen Namen. Manche wagen auch schon einen großen Schriftzug aussen an ihrer Sozietät – so wie Heuking Kühn in Düsseldorf. Aber zu einer echten Marke gehört eben viel mehr. Und der müssten sich die einzelnen Partner mit ihren Eitelkeiten nolensvolens auch unterordnen. Und das schmeckt ihnen noch weniger.

PR-Strategin Claudia Böhnert aus Frankfurt schildert das Misstrauen und die Zweifel der Protagonisten – und  was bei der Markenbildung erforderlich ist.

Anwälte und Wirtschaftsprüfer: Warum eine starke Marke fürs Kanzleigeschäft immer wichtiger wird

Wenn Anwalts-und Wirtschaftskanzleien sich selbst in der Öffentlichkeit präsentieren und im Wettbewerb klar positionieren sollen, ist das für die meisten ein Horrorgedanke. „Wenn wir uns in den Vordergrund stellen, sehen das unsere Klienten mit großem Mistrauen.“ Mein Gegenüber ist skeptisch. Von Markenbildung will er nichts wissen. Zumindest nicht in eigener Sache. Der elegante, sympathische Herr stellt sich mir als Managing Partner einer internationalen Wirtschaftskanzlei vor. Ich habe gerade einem Workshop zum Thema „Marketing für Wirtschaftskanzleien“ gehalten. Er sei nicht davon überzeugt, ob sich eine Investition in die Kanzleimarke rechne. „Glauben sie wirklich, dass eine starke Marke uns in der aktuell schwierigen Situation hilft, Mandanten zu gewinnen?“ will er wissen. Er ist überzeugt, allein die Leistung und das Renommee der Anwälte seien das wesentliche Entscheidungskriterium der Unternehmen bei der Auswahl einer Kanzlei. Er irrt.

US-Studie benennt Marke als Grundvoraussetzung für Erfolg

Eine starke Marke kurbelt das Anwaltsgeschäft an – gerade in intensiven Wettbewerbssituationen. Denn heute ist es wichtiger denn je einen ‚Namen’ zu haben, so eine Studie der BTI Consulting Group (The BTI Brand Elite: Client Perception of the Best-Branded Law Firms), die gerade im Juni 2012 in den USA veröffentlicht wurde. Danach ist eine starke Marke sogar die Grundvoraussetzung für den Erfolg in einem internationalen, wettbewerbsgetriebenen Umfeld, in dem beispielsweise jedes der „Fortune 100“ Unternehmen mit durchschnittlich 46 unterschiedlichen Kanzleien zusammenarbeitet.

Wie Kanzleien nun an eines dieser 46 Mandate kommen? Unternehmen suchen zunehmend Kanzleien, die sowohl internationale Präsenz, als auch eine Vernetzung innerhalb der Praxisgruppen vorweisen können. Hier bildet die Marke das Bindeglied und den Garant für gleichbleibende Servicequalität, heißt es etwa in einer Studie von Baker McKenzie Deutschland. Das trifft nicht nur auf internationale Großkanzleien zu. Auch bei mittelständischen Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften gewinnt die Marke aufgrund der zunehmenden Internationalisierung von Mandanten an Bedeutung. Und wenn man selbst nicht groß genug ist, dann reicht es oft, mit einem starken, internationalen Netzwerk dagegenzuhalten. Auch so kann man als Berater zur Alternative für Unternehmen in Betracht kommen.

Eine starke Marke – Grundvoraussetzung für den Erfolg

Eine Marke ist aber nicht nur ein Name und ein Logo, sondern viel mehr. Eine Marke steht für Qualität, feste Strukturen, Kultur und ein gleiches Mindset aller Niederlassungen beziehungsweise Netzwerkpartner weltweit.

Zunächst einmal sind jedoch die klassischen Kriterien für eine erfolgreiche Marke zu berücksichtigen:

–       Relevanz: Das Versprechen einer Marke muss für den Markt eine Bedeutung haben, Sympathie und Präferenz erzeugen.

–       Einzigartigkeit: sie muss sich von anderen Marken klar abheben und leicht unterscheidbar sein.

–       Klarheit: die Botschaften einer Marke müssen ohne Probleme schnell und eindeutig verstanden werden.

–       Recall: Leichte Wiedererkennbarkeit, Bekanntheit, Präsenz.

–       Visibilität: Regelmäßige Präsenz in der Öffentlichkeit erhöht den Wiedererkennungswert und die Akzeptanz.

Betrachtet man nur diese fünf Grundmerkmale für eine erfolgreiche Marke, so wird schnell klar, dass sie auch auf Anwalts- und Wirtschaftskanzleien Anwendung finden. Relevanz ist schnell abgehakt, schließlich brauchen und suchen Unternehmen spezielle Kompetenzen, um sich in Bereichen, die nicht zu ihrem Kernbereich gehören, beraten zu lassen. Dies trifft im Besonderen auf Anwalts- und Wirtschaftskanzleien zu.

Bei der Einzigartigkeit wird die Sache schon komplizierter, schließlich herrscht in allen Bereichen starker Wettbewerb. Doch die meisten Kanzleien besitzen Kompetenzen und/oder Netzwerke, wie sie der Wettbewerber so nicht vorweisen kann – sei es im fachlichen Bereich, im Fokus auf bestimmte Branchen oder im internationalen Geschäft. Wer ist schon Spezialist für internationales Medienrecht? Wer hat Kompetenz im Chemiebereich, wer im Urheberrecht für Internetunternehmen? Die Liste lässt sich beliebig fortführen.

Diese Stärken müssen aber auch klar ersichtlich sein für jeden potentiellen Klienten. Sie müssen für ihn schnell und eindeutig erkennbar sein und nachhaltig verstanden werden. Im Laufe der Zeit entstehen eine (brancheninterne) Bekanntheit und ein Wiedererkennbarkeit. Durch regelmäßige Präsenz in der Öffentlichkeit erhöhen sich dann der Wiedererkennungswert und die Akzeptanz bei Klienten und potentiellen Neukunden. Diese Visibilität kann etwa durch regelmäßige Vorträge, Beiträge in Fachmedien oder durch Interviews und Kommentaren in anderen Medien erzielt werden.

Kein Unterschied zum Wettbewerber

Auch wenn die oben angeführten Gründe zur Markenbildung auf der Hand liegen, werden sie bei vielen Wirtschaftskanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland nach wie vor stiefmütterlich behandelt. Zwar haben Kanzleien in den vergangenen Jahren einiges getan, um sich optisch von Ihren Wettbewerbern zu unterscheiden. Sie haben eine visuelle Unternehmensidentität definiert, bestimmte Farben für ihren internen und externen Auftritt ausgewählt, ein Logo entwickelt und Bilder oder Zeichen definiert, die ihre Marke nach außen zu präsentieren. Die meisten betreiben inzwischen auch eine Internetseite. Nur wenige besitzen jedoch eine differenzierende Positionierung, die sie eindeutig von den Wettbewerbern unterscheidet.

Erfolgreichste globale Kanzleimarke: Baker McKenzie

Wie positiv eine Markenbildung auch wirtschaftlich wirken kann, dafür gibt es Beispiele, wie etwa Baker McKenzie oder auch Accenture. Bei Baker McKenzie ist dem Branding-Prozess eine detaillierte Analyse aller Praxisgruppen und Standorte vorausgegangen. Denn erst die fundierte Selbstanalyse hat dazu geführt, eine Marken-Positionierung zu erarbeiten, die sowohl intern als auch bei den Mandanten eine hohe Relevanz besitzt. Und der Aufwand hat sich gelohnt: Das Branding trägt heute zu einem wesentlichen Teil mit zum Erfolg von Baker McKenzie bei, auch monetär. Baker McKenzie wurde im Oktober 2011 zum dritten Mal in Folge zur erfolgreichsten globalen Kanzleimarke gewählt (The Lawyer; Baker & McKenzie king of the global legal brands, 4 October 2011). Und auch 2011 liegt die Kanzlei laut „American Lawyer 2012“ vom Umsatz her wieder an erster Stelle mit 2.265 Mrd. Dollar.

Ein anderes Beispiel ist das Beratungsunternehmen Accenture. Nachdem Anderson Consulting aufgelöst war, hat Accenture sich von der im Beratungsmarkt üblichen Segmentierung als „entweder IT-Beratung oder Managementberatung“ gelöst. Accenture deckt heute beide Bereiche ab, was bis dato unüblich war. Zudem wurde Accenture Vertrauter seiner Kunden – als Visionär, Planer und starker Umsetzungspartner in einem. Accenture hat sich deshalb bewusst von der Produktebene entfernt und sich als eine Marke positioniert, die sich auf einer‚ höheren’ Service-Ebene durch ein Nutzenversprechen differenziert. So lautet auch der Markenslogan bis heute: ‚High performance. Delivered.’

Wenn der Markt der Beratungsunternehmen als Vorreiter für Wirtschaftskanzleien und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gesehen werden kann, liegt hier eine große Chance für Kanzleien, sich nicht mehr nur als Rechtsberater und Wirtschaftsprüfer zu positionieren, sondern als Marke, die für den Mandanten einen nützlichen Mehrwert bietet, der über reine Rechtsberatung und Wirtschaftsprüfung hinausgeht.

Lieber selbst sein das Markenimage verbreiten

Wie dieser Mehrwert jeweils aussieht, ist von Kanzlei zu Kanzlei unterschiedlich und kann erst nach einer detaillierten Analyse sicher bestimmt werden. Sind aber Stärken, Kompetenzen und Alleinstellungsmerkmale erst einmal bestimmt, beginnt die Kommunikationsarbeit. Hierzu gehören in der Anfangsphase die Entwicklung von Logo und Corporate Design, Kommunikationsmaßnahmen wie Social Media und die Entwicklung von Design und Inhalten für den Internetauftritt, Flyer und Anzeigen. Die Kommunikation muss zunächst als Visualisierung der Positionierung verstanden werden, und soll dabei den Markenwert nach außen kommunizieren. Im nächsten Schritt ist der gezielte Einsatz von Medien- und Pressearbeit der entscheidende Aspekt, um die Markenmerkmale bekanntzumachen. Das bedeutet, sowohl die Positionierung der Kanzlei als auch die Erfolge der Anwälte müssen zielgerichtet kommuniziert werden.

Ein letztes Argument: Erfolgt dieser aktive, zielgerichtete Kommunikationsprozess nicht, bildet sich der Markt seine eigene Meinung. Verstärkt durch digitale Medien werden Informationen innerhalb kürzester Zeit verbreitet und sind zumeist unwiderruflich nachzulesen. Die Frage lautet somit nicht mehr, ob Markenarbeit sich rechnet, sondern ob die Kanzlei ihr Markenimage aktiv selbst gestalten möchte oder der Markt das Image der Kanzlei festlegen soll.

Bleibt noch der Einwand meines smarten Gesprächspartners aus dem Workshop. „Wenn wir uns in den Vordergrund stellen, sehen das unsere Klienten mit großem Mistrauen.“ Da hat er nur zum Teil recht. Klar ist: wenn es um die Beratung von Klienten geht, stehen diese im Vordergrund. Geht es aber um die Positionierung und Außendarstellung der Kanzlei selbst, so ist sie selbst die Nummer 1 der Kommunikation.

 

 

 

 

Claudia Böhnert ist Managing Director der Courage Strategieberatung, die Professional Service Companies  in strategischem Marketing, Werbung und Pressearbeit berät. http://www.couragecomm.de/

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