Kultmoderator Richard Quest aus Davos (2): Große, böse Boni für Banker (Gastbeitrag exklusiv für wiwo.de)

 Von CNN Business Anchor Richard Quest aus Davos vom WWF

 

Davos, Schweiz (CNN) – Es ist wahrscheinlich nicht überraschend, dass die Gesandten bei dem Zusammentreffen der Eliten in Davos das Thema Bonuszahlungen für Banker beschäftigt.

 

Anders als in den letzten Jahren, als die Banker ob ihrer immensen Vergütungspakete eine gewisse Reue gezeigt hatten, gibt es in diesem Jahr einige Anzeichen für eine Gegenbewegung. Mit den starken Gewinnen ist auch die Kultur der Boni in das Bankwesen zurückgekehrt – zum Ärger vieler, wie dem britischen Premierminister David Cameron oder dem Gouverneur der Bank of England, Sir Mervyn King.

 

Während Bonuszahlungen von Milliarden von Dollar als Belohnung vorbereitet werden, sagen die Kritiker erneut, dass es sich dabei um eine ungerechtfertigte Bereicherung handelt. Besonders in Fällen wie der Royal Bank of Scotland, die zunächst mit Steuergeldern gerettet wurde und deren größter Anteilseigner nun die britische Regierung ist. Diese scheint ihre Forderung durchgesetzt zu haben, nach der der Bonus von Stephen Hester, dem Chef der Royal Bank of Scotland, anstatt zwei Millionen Pfund nun bei einer Million Pfund (genau: 963.000 Pfund) gedeckelt wird.

 

 

Davoser Gespräche über ungerechtfertigte Banker-Bereicherungen

In Davos sprach ich mit Bob Diamond, dem CEO von Barclays, über dieses Thema. Er sagte, dass es um das Prinzip von „Belohnung für Leistung“ gehe. Diamond selbst hat nicht vor in diesem Jahr Zugeständnisse bei seinem eigenen Bonus zu machen, der Berichten zufolge über 15 Millionen Dollar beträgt. Stattdessen beharrt Diamond: „Jedes Mal wenn ich einen Politiker über die Abschaffung der Vergütung von Misserfolgen sprechen höre, würde ich sie lieber über die Vergütung von Erfolgen sprechen hören“.

 

Er gab zu, dass die Gehälter in der Branche in diesem Jahr zurückgehen werden und man sich seiner Umwelt gegenüber „mit Bedacht“ verhalten müsse. Auch Jamie Dimon, der Geschäftsführer von JP Morgan Chase, erkannte die Bedeutung von Sensibilität. „Die Menschen sind wütend, weil eine Menge Leute an der Wall Street einen Haufen Geld verdient haben als Unternehmen zusammengebrochen sind. Und ich kann diese Wut nachvollziehen“. Während er den besagten Vorgang eine „absolute Schande“ nannte, verteidigte er gleichzeitig die Haltung seiner Bank. „Wir hatten nie spezielle  Sondervergütungen. Wir haben immer anhand der Ergebnisse eines längeren Zeitraums geurteilt“.

 

Richard Quest, Anchorman und Kultmoderator bei CNN

Unpopäre Pläne aus Sicht des Londoner Bankendistrikts

Diese Haltung wird Politiker wie Michel Barnier, den EU-Kommissar für Finanzdienstleistungen, wohl kaum zufriedenstellen. Seiner Meinung nach wurde noch nicht genug getan. Er sagte mir, er hoffe, dass bis zum Ende des Jahres neue Regularien für die Vergütung verabschiedet werden können. Diese Entscheidung wäre im Londoner Bankendistrikt zutiefst unpopulär und würde die Sicht vieler Finanziers bestätigen, die Barnier für keinen Freund der Finanzwirtschaft halten.

 

Die Argumente sind in diesem Jahr weder neu noch stärker als in den vergangenen Jahren. Es ist schwierig zu rechtfertigen, warum Menschen in der Finanzwelt solch immense Boni erhalten. In der Financial Times meinte John Gapper, dass man „offenbar ganz einfach eine Menge Schokolade essen kann, wenn man in einer Schokoladenfabrik arbeitet“. An diesem Punkt scheint leider etwas dran zu sein.

 

Dankbarkeit und Gier würden nicht schaden

 

Ich bin überzeugt, dass Bob Diamond seine Umwelt mit Bedacht behandeln wird. Doch es ist wohl nicht genug, wenn die Kritiker wie Aasgeier abwarten und dann die ausgezahlten Boni angreifen. Ich frage mich, ob die Finanzwelt nichts aus den letzten drei Jahren gelernt hat.

 

Boni sind schön und gut, doch ein wenig Fingerspitzengefühl wäre durchaus angebracht in Zeiten, in denen so viele unter Sparmaßnahmen leiden, ihre Arbeitsplätze verlieren und nicht wissen, wie sie die Rechnungen bezahlen sollen. Ein bisschen Dankbarkeit und weniger Gier würden nicht schaden.

 

 

Davos auf wiwo.de:  http://www.wiwo.de/politik/ausland/davos-klimaschutz-als-randaspekt/6120352.html

Die Wirtschaftssendung „Quest Means Business“ wird bis einschließlich Freitag, 27. Januar, täglich um 20 Uhr live vom WEF auf CNN International gesendet. „Marketplace Europe“ mit Richard Quest kommt am Donnerstag, 26. Januar, um 20.45 Uhr ebenfalls live aus Davos. Weitere Informationen zum WEF finden Sie unter www.cnn.com/davos.  

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