Wenn der Markt schrumpft, muss der Vertrieb jetzt führen
Gastbeitrag von Gregor Buchwald, Gründer der Unternehmensberatung Roll & Pastuch

Gregor Buchwald von Roll & Pastuch (Foto: Privat)
Die Zeit des Abwartens ist vorbei
Der ifo-Index zeigt seit zwei Jahren Rezessionsniveau, und im Maschinenbau summieren sich laut dem Branchenverband VDMA die Auftragseinbrüche auf fast 20 Prozent in zwei Jahren. Der industrielle Mittelstand steckt fest – im dritten Jahr der Schwäche. Doch statt auf Besserung zu warten, braucht es jetzt Führung und Bewegung. Wachstum kommt nicht vom Markt, sondern vom Handeln. Wenn der Markt nicht mehr wächst, heißt das: Wer wachsen will, muss Marktanteile erobern und den Wettbewerbern abnehmen.
Was ich beobachte: Viele Vertriebsteams realisieren das nicht. Sie verharren in Schockstarre. Sie sind geprägt von Jahren, in denen sich Produkte fast von selbst verkauft haben. Doch die Zeit ist vorbei. Heute geht es darum, rauszugehen, Druck zu machen, Tempo aufzubauen – und sich jeden Auftrag zu holen, der zu holen ist.
Wachstum beginnt bei der Einstellung, nicht im Markt
Die Rezession ist ein Stresstest für den Vertrieb. Jetzt zeigt sich, wer führt – und wer sich hinter Prozessen versteckt. Führung im Vertrieb bedeutet heute: Energie erzeugen, Tempo erhöhen, Standards heben. Schon in 100 Tagen lässt sich zeigen, wer die Schlagzahl erhöht, die Messlatte anhebt und Verantwortung konsequent einfordert – und damit den Umsatz zunächst stabilisiert und sogar steigert, selbst in schrumpfenden Märkten.
Standortbestimmung: Erst verstehen, dann verändern:
Bevor etwas besser werden kann, braucht es Klarheit. Viele Unternehmen wissen erstaunlich wenig darüber, wo im Vertrieb tatsächlich Wert entsteht – und wo Zeit oder Marge einfach verpuffen. Zahlen allein reichen nicht. Entscheidend ist, sie richtig zu interpretieren: Welche Kunden bringen Ertrag? Welche kosten nur Kapazitäten? Erst wenn das verstanden ist, lässt sich der Kurs neu setzen.
Tempo und Transparenz schaffen: Weg von Planung, hin zu Bewegung:
Viele Vertriebsteams haben Prozesse, Struktur und Reporting – aber sie bewegen sich kaum. Zu viele Kennzahlen, zu viele Sitzungen, zu wenig Aktion.
Vier Kennzahlen reichen: Umsatz zeigt Ergebnis, Marge zeigt Wert, Abschlussquote zeigt Effizienz, und Forecast Accuracy (Vorhersagegenauigkeit) zeigt Steuerbarkeit. Wer sie wöchentlich überprüft statt nur monatlich, erkennt früh, ob das Team auf Kurs ist. Geschwindigkeit schafft Erkenntnis – und Vorsprung.
Technologie nutzen, aber Führung behalten
CRM-Systeme, KI-Analysen oder Dashboards helfen nur, wenn jemand sie interpretiert und entscheidet. Daten ersetzen keine Führung – sie brauchen sie. Ein schlagkräftiger Vertrieb ist dateninformiert, aber menschengeführt.
Radikale Priorisierung: Fokus statt Überlastung, Kunden analysieren
In stagnierenden Märkten ist plötzlich alles wichtig – und genau darin liegt das Problem. Wenn alles gleich wichtig ist, wird nichts wirklich wichtig. Wer wachsen will, muss sich trauen, zu fokussieren. Das heißt: klar unterscheiden, welche Kunden sichern den Ertrag, welche haben Potenzial, welche kosten nur Kraft. Fokus ist kein Verzicht, sondern Beschleunigung.
Umsetzung mit Fokus: Führung durch Coachen und Eigenverantwortung
Strategie reicht nicht. Viele Unternehmen haben Pläne, aber keine Taktung. Vertrieb braucht wieder Führung, nicht Verwaltung. Zielgespräche, klare Zuständigkeiten, sichtbare Fortschritte – so entsteht Bewegung.
Führungskräfte müssen coachen statt kontrollieren, Hindernisse beseitigen und Eigenverantwortung fördern. Wenn das gelingt, merkt das Team: Wir bewegen uns – und das motiviert.
Verstetigung: Was funktioniert, bleibt – der Rest verschwindet
Am Ende geht es nicht um schöne Abschlussberichte, sondern um Routinen, die im Vertriebsalltag funktionieren. Wer Kennzahlen regelmäßig hinterfragt, erfolgreiche Muster übernimmt und schwache Ansätze eliminiert, entwickelt automatisch ein neues Vertriebssystem. Dieses System ist das Fundament für nachhaltiges Wachstum – auch jenseits der Krise.
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