Wenn Führungskräfte ihre Macht missbrauchen und das Unternehmen am Ende dafür einem Mitarbeiter eine doppelt so hohe Abfindung zahlen muss. Arbeitsrechtler Sebastian Maiß von der Kanzlei Michels.pmks berichtet im Gastbeitrag über ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln, das abschreckende Wirkung haben soll
Die Rache des Ex-Lovers – der dann nur noch der Vorgesetzte war

Sebastian Maiß (Foto: C. Tödtmann)
Machtmissbrauch nach einer beendeten Affäre – 68.000 Euro Abfindung als Quittung vom Gericht
Eine Mitarbeiterin in Köln wurde von ihrem Chef massiv gegängelt, der Mann missbrauchte seine Macht als Vorgesetzter – die Quittung bekam jetzt der Arbeitgeber. Zu 68.000 Euro Abfindung verurteilte ihn das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln, die Summe wäre normalerweise halb so hoch ausgefallen. Doch es ging den Richtern um die – abschreckende – Signalwirkung.
In dem aktuellen Urteil vom 9. Juli 2025 des LAG Köln (Aktenzeichen 4 SLa 97/25) hatte eine Arbeitnehmerin geklagt, die von ihrem Geschäftsführer sexistisch beleidigt und schikaniert wurde. Nach dem Ende ihrer Affäre soll der Chef aus Enttäuschung seine Macht missbraucht haben, drohte ihr willkürlich und kündigte ihr.
Warum, das ist hier nachlesbar in einem Beispiel im Whtasapp-Chatverlauf:
„Morgen Chefin, Morgen schöne Frau, Morgen mein Kopfschmerz, Morgen mein Aspirin, Morgen Dumpfbacke, Morgen Tippex, ich habe ne Frage […], am Mittwoch kommen die Bänker ne, die drei Möchtegern-Banker mit einer Frau vorbei und so, ob du Lust hast dabei zu sein und wenn du dabei bist, dass du einfach mal so ein bisschen rockmäßig was kurzes und Dekolteemäßig irgendwie was anziehen kannst, Haare machen, natürlich mögen die rote Fingernägel hab ich gehört, High-Heels und rote Fußnägel, ganz speziell der Herr We der mag das und es wäre super, wenn du da in die Richtung was machen könntest. Nicht das du denkst, dass das von mir kommt, die haben mir gestern Abend noch geschrieben, dass sie sich auf dich freuen, wenn du dabei wärst und ich muss dann natürlich die Kopfschmerzen aushalten in der Zeit wenn du da bist.“
Und es es wurde noch viel heftiger: https://lnkd.in/daZvX7Z
Die Mitarbeiterin wehrte sich gegen die Kündigung und beantragte statt ihrer Wiedereinstellung die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Ihre Begründung: Die Rückkehr an diesen Arbeitsplatz sei ihr nach den Vorfällen nicht mehr zuzumuten. Der Geschäftsführer hatte seine Position vorsätzlich und inakzeptabel ausgenutzt. Das LAG Köln gab der Frau Recht. Die Kündigung war unwirksam, das Arbeitsverhältnis wurde aufgelöst – und die Klägerin erhielt eine Abfindung von 68.154 Euro.
Schmerzensgeld für verletzte Würde
Bemerkenswert hieran sind nicht nur die Ausfälligkeiten des Geschäftsführers sondern auch die Bemessung der Abfindung mit dem Faktor 2,0. Diese hohe Abfindung begründete das LAG Köln nicht nur mit einem Ausgleich für die offensichtlich rechtswidrige Kündigung, sondern auch mit einer Genugtuungsfunktion – quasi als Schmerzensgeld für die verletzte Würde der Frau. Denn diese litt infolge der Übergriffe unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Das ist eine konsequente Entscheidung des LAG Köln, mit einem Abfindungsquotienten, den ich in dieser Höhe noch nicht gesehen habe.
Das Fazit:
Ein außergewöhnlicher Fall, der zugleich aber auch zeigt, dass Arbeitgeber und Personalverantwortliche Beschwerden über diskriminierendes oder übergriffiges Verhalten ernst nehmen müssen. Und zwar einerseits durch Prävention. Damit ein solches Umfeld gar nicht erst entsteht, andererseits durch konsequentes Eingreifen bei Fehlverhalten von Vorgesetzten.
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