Ein Teller Bratkartoffeln mit den KVA+-Gründern Bilsdorfer und Klein, deren Abrechnungsservice es mit den privaten Krankenversicherungen aufnimmt

Ein Teller Bratkartoffeln mit den KVA+-Gründern Peter Bilsdorfer und Joachim Klein, deren Abrechnungsservice für privat Versicherte der Krankenversicherten in ihrer Verzweiflung mit der Bürokratie hilft

Dass zwischen einer Unternehmens-Idee und ihrer Umsetzung ein Viertel Jahrhundert  vergeht, dürfte selten vorkommen. Verwunderlich ist alleine schon, dass eine Idee so lange aktuell bleibt und dass kein anderer sie in der Zwischenzeit erkannt hat. Bei Joachim Klein und Peter Bilsdorfer mit ihrem Abrechnungsservice KVA+ für privat Krankenversicherte lief es aber genau so.
Die beiden Saarländer lernten sich kennen, als Klein noch Zivildienstleistender war und Bilsdorfers Schwager betreute, erzählen sie. Der damals 18-jährige Frank war nach einem Verkehrsunfall schwerstbehindert und auf Hilfe von Pflegern wie dem damaligen Zivi Klein angewiesen. Und weil er privat krankenversichert war, musste ihm jemand den sehr wichtigem Papierkram abnehmen wie das Einreichen von Arztrechnungen bei der Privatversicherung und das Kontrollieren, ob die Versicherung die Erstattungsbeträge aufs Bankkonto überwiesen hat.

 

Wenn´s schnell gehen muss, aber man selbst lahmgelegt ist

Das Procedere muss obendrein ziemlich flott gehen und darf nicht ins Stocken geraten, denn gerade während Klinikaufenthalten kommen zuhause fast täglich Rechnungen an. Und die sind manchmal exorbitant, selbst Laboruntersuchungen können in die Tausende gehen. Der Überziehungskredit ist dann schnell erschöpft. Und Privatversicherte müssen erst mal alle Rechnungen selbst berappen und können zusehen, wie sie später ihre Erstattungen bekommen. Ganz abgesehen davon, wenn sich Versicherer oder Beihhilfestellen für Beamte monatelang Zeit lassen, ehe sie erstatten. Über ein Treuhandkonto für jeden einzelnen Kunden soll die gesamte Abrechnung zwischen allen Beteiligten ohne Verzögern ablaufen.
Das ist anders als bei Kassenpatienten, die hier klar im Vorteil sind. Sie brauchen sich um die Bezahlung nicht sorgen, zum Beispiel von teuren Krankentransporten. Und sie haben noch einige mehr Vorteile, von denen später noch die Rede sein wird.

Peter Bilsdorfer (l.) und Joachim Klein (r.) (Foto: C.Tödtmann)

Schon vor 25 Jahren verstanden Klein und Bilsdorfer: Nicht nur Unfallopfer, auch viele andere Kranke haben den ganzen Aufwand mit dem umständlichen Verwaltungskram als privat Versicherte irgendwann nicht mehr im Griff. Wer genervt ist, wenig Zeit hat, alleinstehend, schwer krank oder alt und überfordert ist, brauchten jemand, der ihm diese Arbeit abnimmt. Erst recht, wenn er im Krankenhaus liegt und niemanden hat, der zuhause seinen Briefkasten täglich leert. Dass es passieren muss, ist klar. Denn wie lange Ärzte, Kliniken, Apotheken oder Physiotherapeuten ohne Bezahlung weiter arbeiten, will man lieber nicht austesten.

 

Am eigene Leib erfahren, dass Profi-Hilfe Not tut

Klein und Bilsdorfer wurden Freunde, einmal im Monat spielen sie bis heute zusammen Skat. Beide sammelten in der Zwischenzeit verschiedene Erfahrungen, die sie in ihrer Geschäftsidee bestärkten. Klein bekam eine Blutvergiftung und erlebte selbst, wie schnell ihm der Aufwand mit rund 40 Rechnungen in den Monaten über den Kopf wuchs. Allein schon, weil er zu geschwächt war, erinnert er sich. Und das, obwohl er im Hauptberuf selbst als Versicherungsmanager arbeitet. Finanzrichter Bilsdorfer hingegen musste sich in all den Jahren mit Versicherungsabrechnungen als Dauerthema plagen, weil eins seiner Kinder ein Handycap hat.

 

Die beiden Saarländer gründeten also den Abrechnungsservice KVA+ zusammen mit dem Wirtschaftsprofessor Frank Hälsig und dem Zahnarzt Christoph Dallinger als Gesellschafter, die ebenfalls leidvolle Erfahrung gesammelt hatten mit dieser Bürokratie. Am Anfang von KVA+ galt es, erst mal eine eigene Software zu entwickeln, erzählt Klein. Zwei Jahre Vorlauf waren nötig, ehe das Tagesgeschäft losgehen konnte – das heute ein Geschäftsführer und zehn Mitarbeiter stemmen. Inzwischen hat KVA+  es  geschafft, „sich bei den privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen für die Beamten einen Namen zu machen und Respekt zu verschaffen“, resümiert Klein. Denn für die ist es anstrengender, wenn auf Kundenseite jemand auf Augenhöhe und vom Fach ist.

Spiegelei mit Bratkartoffeln (Foto: C.Tödtmann)

 

Vorhersehbar war, dass so manche Versicherung mit Blockadehaltung und Ausbremsen reagiert. Was dann öfter geschieht: Die Versicherung zweifelt die Vollmacht an, die der Versicherte  dem Abrechnungsdienst erteilt hat und stellt auf stur. Monatelang. Davon können auch andere Unternehmen ein Liedchen singen, die wie Künne aus Rheda-Wiedenbrück, die als Dienstleister für Versicherte arbeiten und zum Beispiel prüfen, ob Privatpatienten in einen günstigere Tarif wechseln könnten.

 

Wenn ´Vollversicherung´ gar keine Vollversicherung ist

Oder wenn ein Versicherungsvertrag – der Vollversicherung heißt – tatsächlich Lücken hat, die man unbedingt schließen sollte. Solche Lücken werden den Versicherten typischerweise erst dann bewusst, wenn ihnen eine Erstattung abgelehnt“ wird und sie selbst die Rechnungen aus eigener Tasche zahlen müssen. Der „Spiegel“ berichtete erst kürzlich über diese sogenannten Vollversicherungen – mit Ausnahmen im Kleingedruckten, die für Patienten sehr teuer werden können.
Ein Beispiel gefällig: Die Inter Krankenversicherung aus Mannheim verweigert einem Krebs- und Dialysepatienten in Düsseldorf* (*Name und Fall dem Management-Blog bekannt), der wegen einer misslungenen Hüft-Operation nicht laufen konnte, die Zahlung der lebensnotwendigen Fahrten zum Dialysezentrum und zur Krebsklinik. Binnen zweieinhalb Jahren summierten sich die Kosten auf rund 40.000 Euro – zahlen musste er die aus der Privatschatulle, seinen Ersparnissen.

Nicht gut für Kranke, die gerade dann Unterstützung brauchen – keine Geldsorgen. Schnell eng kann es nämlich auch so werden, weil manche Rechnungen besonders schnell bezahlt werden müssen. Physiotherapeuten oder Krankentransporte etwa setzen oft kurze Fristen von zehn Tagen und auch deren Rechnungen sind schnell  vierstellig.

 

Unverständliche Abrechnungen und Satzbausteine

Und vor noch einem Problem stehen privat Versicherte zuweilen. Die Abrechnungen so mancher Krankenversicherer sind oft unverständlich, berichtet Bilsdorfer. Auf welche Rechnung sie wieviel erstatten, gerät zum Rätselraten, wenn Namen von Kliniken und Ärzten auf den Abrechnungen nicht vorkommen. Wenn Summen erstattet werden, die sich nicht mit den Beträgen der eingereichten Rechnungen decken, sondern addiert oder gekürzt wurden und die vorformulierten, kryptischen Sätze im Kleingedruckten als mitgelieferte Erklärung nur weitere Rätsel aufgeben.

Vor allem aber: Richtig heikel wird´s, wenn Versicherer – manchmal unberechtigt – Arztrechnungen oder die von Sanitätshäusern kürzen und nur Teilbeträge erstatten. Wenn dann noch Anrufe im Call Center nur zeitraubend und vergeblich sind, wird der Krankenversicherer zur unerreichbaren Wagenburg.

Dann ist es schon besser, Abrechnungsprofis stehen den Versicherungsmitarbeitern auf Augenhöhe gegenüber, die die nötige Geduld mitbringen und ohne Emotionen rangehen. Die werden von den Versicherungen als Profis auch ernster genommen und manches fluppt plötzlich.

Lesetipps:

„Spiegel“:  „So macht die private Krankenversicherungen Patienten mürbe“
„WirtschaftsWoche“:

„WirtschaftsWoche“ (Paid):

6 Tipps, wie Privatversicherte sich wehren können, wenn die PKV nicht zahlen will  PKV: Auf diese sechs Punkte sollten Privatversicherte achten

 

 

 

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