Gallup-Studie 2024: Schlechte Führung wird zum Risikofaktor für den Erfolg von Unternehmen. Wenn die Führungskräfte das Geld ihrer Unternehmen verbrennen
Die Langzeitstudie des Beratungsunternehmens Gallup misst die emotionale Bindung von Beschäftigten an ihren Arbeitgeber und ist einer der wichtigsten Indikatoren für die Führungskultur und das Arbeitsumfeld in Deutschland.

Marco Nink (Foto: Privat)
Die drei persönlichen Kernergebnisse von Marco Nink als Studienverantwortlichen der Gallup-Analyse 2024:
1. Gute Führung ist zentral dafür, dass Beschäftigte Veränderungen unterstützen. Unternehmen brauchen Unterstützer, um im Markt zu bestehen. Gute Führung meint die Erfüllung emotionaler Bedürfnisse. Denn emotionale Bindung ist das Ergebnis von erlebter Führung. Dabei geht es darum, Mitarbeitenden zuzuhören und sie einzubinden, ihnen regelmäßig positives und konstruktiv-kritisches Feedback zu ihrer Arbeit zu geben, Orientierung zu schaffen, deren fachliche und persönliche Entwicklung zu begleiten und sich um den Einzelnen zu kümmern, ihm Aufmerksamkeit entgegenzubringen.
2. Das Weiterqualifizieren der Mitarbeiter für neue Herausforderungen kommt in den Unternehmen zu kurz. Dabei wäre das wichtig, um dem Fachkräftemangel zumindest zum Teil zu begegnen. Leute mögen an einer Stelle im Unternehmen nicht mehr benötigt werden, aber an anderer Stelle fehlen sie. Es muss ein Interesse der Unternehmenslenker daran geben, Menschen zu qualifizieren.
3. Dass so viele neue Mitarbeiter nach einem Jahr in ihrem Unternehmen schon wieder offen für einen neuen Arbeitgeber sind, zeigt, dass Führungskräfte auch hier ihre zentrale Rolle beim Onboarding nicht erfüllen und den Einarbeitungsprozess nicht genug begleiten.
Somit sorgen diese Führungskräfte dafür, dass das Geld durch Frühfluktuation verbrannt wird, das Unternehmen für das Gewinnen von neuen Mitarbeitenden in die Hand nehmen. Das ist ein Teufelskreis – zumal in einem vom Fachkräftemangel geprägten Arbeitsmarkt.
Die Ergebnisse des Gallup Engagement Index Deutschland 2024 im Detail:
- Über 7,3 Millionen Beschäftigte haben innerlich gekündigt.
- 19 Prozent der Arbeitnehmer sind emotional nicht an ihren Arbeitgeber gebunden und machen Dienst nach Vorschrift (2023: 18 Prozent), das ist laut Gallup der höchste Stand seit dem Jahr 2012.
- Nur 14 Prozent der Arbeitnehmer sind emotional hoch gebunden
- Mehr Beschäftigte denn je (45 Prozent) sind aktiv auf Jobsuche oder offen für Neues
- Vier von zehn Befragten schauen sich nach weniger als zwölf Monaten im Unternehmen sich bereits wieder um nach einem neuen Arbeitgeber
- Nur 40 Prozent haben uneingeschränkt Vertrauen in die Zukunft ihres Arbeitgebers
- Studienleiter Marco Nink: „Schlechte Führung wird zum Risikofaktor für den Unternehmenserfolg“
Laut Gallup bedeutet dies Produktivitätseinbußen für 2023 auf 132,6 Milliarden Euro bis 167,2 Milliarden Euro.*
Unternehmensführungen vermitteln wenig Zuversicht
Den Arbeitnehmern fehlt das Vertrauen in die Zukunft ihrer Unternehmen: Nur 40 Prozent haben uneingeschränktes Vertrauen in dessen finanzielle Zukunft.
Gleichzeitig bröckelt die Zuversicht in die Krisenfestigkeit der Unternehmensleitung: Nur ein Viertel (25 Prozent) ist ohne Einschränkungen davon überzeugt, dass sie das Zeug dazu hat, zukünftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern, laut Gallup.
Neue Leute – Kaum da schon wieder auf dem Sprung
Wer einmal bei einem Unternehmen angeheuert hat, möchte auch schnell wieder weiterziehen. 40 Prozent der Befragten sind schon im ersten Jahr der Betriebszugehörigkeit schon wieder offen für neue Jobs: 15 Prozent sind aktiv auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber, weitere 25 Prozent schauen sich um. Nur 22 Prozent der befragten Angestellten sagen, dass der Einarbeitungsprozess – das Onboarding – in ihrem Unternehmen ausgezeichnet war. Auch hier sieht Nink die Schuld bei den Führungskräften: „Viele Führungskräfte bringen sich in diesen wichtigen Prozess nicht genug ein.“
Nur jeder Fünfte ist mit seinem Chef zufrieden
Die Folge: Nur 22 Prozent sind uneingeschränkt mit ihrem direkten Vorgesetzten zufrieden. Insgesamt haben Beschäftigte das Gefühl, dass ihre Führungskräfte ihre Stärken nicht wahrnehmen und wertschätzen. Nur 27 Prozent sagen, dass ihre Stärken in ihrem Arbeitsalltag im Mittelpunkt stehen.
Eine weitere Folge niedriger oder gar fehlender emotionaler Mitarbeiterbindung ist der Krankenstand. Waren Beschäftigte, die sich emotional bereits von ihrem Arbeitgeber verabschiedet haben, 2023 im Schnitt 9,1 Tage krank, halbiert sich die Fehlzeit bei emotional hoch gebundenen Mitarbeitenden fast auf 4,8 Tage.
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Hallo Frau Tödtmann,
hallo Herr Ninke,
vielen Dank für die hochinteressante Studie. Wurde auch herausgefunden, wie langjährige Mitarbeiter emotional gebunden oder ungebunden sind?
Herzliche Grüße,
Gerlinde