Großraumbüros machen unzufrieden und unproduktiv – belegt eine weltweite Übersichtsstudie der Hochschule München über 17 Jahre

Großraumbüros machen die Mitarbeiter unzufrieden und unproduktiv

Ob sich die deutschen CEOs und ihre Kollegen weltweit das überlegt haben, als sie von der Big-Four-Beratung von weltweiten Top-Entscheidern befragt wurden, wann sie ihre Mitarbeiter wieder in den derzeit leergefegten Büros sehen? Oder diese beiden Aspekte wenigstens in ihre Überlegungen mit einbeziehen?

 

Prämien zur Belohnung für die Rückkehr ins Office

Die KPMG-Umfrage ergab: „Um eine möglichst hohe Präsenz am Arbeitsplatz zu erreichen, können sich drei von vier deutschen CEOs (77 Prozent) vorstellen, Mitarbeiter zu befördern oder ihnen mehr Gehalt zu bezahlen, wenn sie häufiger ins Büro kommen. Damit sind die deutschen CEOs in dieser Hinsicht zurückhaltender als ihre internationalen Kolleginnen und Kollegen (87 Prozent).“

 

Großraumbüro: Juve-Awards2017 bei Vorstellung der „Kanzlei des Jahres 2017″Clifford Chance (Foto: C.Tödtmann)

 

Höchstwahrscheinlich kannten die Top-Manager aber nicht die Erkenntnisse der neuen Übersichtsstudie von Marcel Hülsbeck, Professor an der Hochschule München. Die zeigt nämlich: Das Großraumbüro schneidet bei der individuellen und organisationalen Leistungsfähigkeit am schlechtesten ab.

 

Denn diese Umfrage ist nicht eine von vielen – und auch keine interessengesteuerte im Auftrag von Büromöbelherstellern -, sondern: „Diese Studie berücksichtigte 429 englischsprachige empirische Studien, die zwischen 2005 und 2022 veröffentlicht wurden. Im Fokus standen Arbeiten, die den Zusammenhang zwischen Bürokonzepten, Mitarbeiterverhalten und Unternehmensleistung empirisch untersuchen – in Unternehmen, aber auch in Organisationen wie öffentlichen Verwaltungen.“ Hülsbecks Fazit: „Viele moderne Bürokonzepte bringen nicht die gewünschten Ergebnisse in Bezug auf Produktivität, Zufriedenheit und Gesundheit.“

 

Der Fluchtreflex ins Homeoffice wird übersehen – so wie die Gründe dafür

Ob sich die befragten CEO´s mal gefragt haben, ob sie selbst mit ihren massenhaften Entscheidungen für Großraumbüros, um Kosten zu sparen, die Menschen aus den Büros erst vertrieben haben? Die keinen eigenen Schreibtisch mehr haben, keine Wand für Postkarten, kein Namensschild vor der Einzelbürotür, das sie jeden Morgen aufs Neue stolz macht und ohne Möglichkeit, einfach mal die Tür zuzumachen und Ruhe zu haben – sondern stattdessen Kindergartenvorgaben wie Clean-Desk zu bekommen? Jeden Abend eine blanke Schreibtischplatte vorzuweisen. Nur noch getoppt vom Verbot, eine Pflanze mitzubringen? Ist es denn dann – bei all diesen unangenehmen Vorzeichen – ein Wunder, dass man gleich lieber im Homeoffice bleibt?

 

Dann ist das Verkriechen zuhause in den eigenen vier Wänden vielleicht eher ein Fluchtreflex. Womöglich, weil das Betriebsklima nach jahrzehntelangen Kostensparrunden sowieso ruiniert ist und das Wort Kollegialität ein Fremdwort wurde?

 

Weniger Leistung im Großraumbüro

Ein weiteres Ergebnis der Hülsbeck-Studie zeigt jedoch: Die eingesparten Immobilienkosten gehen einher mit Leistungseinbußen. Sprich, es ist den Mitarbeitern zu laut im Büro. Sie können sich nicht konzentrieren, in Ruhe arbeiten und erst recht nicht – unangekündigte – Telefonate führen. „Der Umgebungslärm liegt meist über dem empfohlenen Maximum von 46 Dezibel“ so die Münchner Studie.

 

Und dann kommt noch mehr zusammen: Egal was man in Großraumbüro tut – telefonieren, mit Kollegen sprechen, dem Chef reden, rausgehen zum WC oder zum Rauchen, einfach mal zurücklehnen zum Nachdenken, husten oder niesen – nichts bleibt unbeobachtet, womöglich auch unkommentiert. Keine menschliche Regung bleibt unbemerkt. Man sitzt auf dem Präsentierteller, die ganze Zeit. Wie ein Tier im Zoo im Käfig. Und das ist vielen so dauernd Beobachteten denn doch unangenehm. Vor allem, wenn sie das Gefühl haben, Zielscheibe zu sein für missgünstige Kollegen – auch das ist gar nicht so selten.

 

Übersichtsstudie: Produktivitätsverluste durch moderne Bürokonzepte | Presseportal

 

 

 

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