Erklären Sie doch mal, geht das Meeting nicht auch virtuell? Müssen Sie wirklich dahin reisen?

Fünf Fragen an Tobias Preising von KPMG über die sinkende Zahl der Geschäftsreisen

 

Dürfen Sie noch für Ihre Firma reisen? Oder ist das nach der Pandemie gar nicht mehr so gerne gesehen? Tobias Preising ist Partner der Big-Four-Beratung KPMG, Berater für Geschäftsreisethemen und neue Arbeitsformen wie Workation – Arbeit aus dem Ausland. Preising spricht über die neue Zurückhaltung der Unternehmen bei Dienstreisen und was es damit auf sich hat.

 

Tobias Preising (Foto: PR/KPMG)

 

Herr Preising, Medien berichten derzeit zum Beispiel von zwei großen Banken, dass sie die Zahl der Geschäftsreisen ihrer Mitarbeiter senken, sei es aus Kostengründen oder um der Nachhaltigkeit willen. Ist das ein Trend, den Sie auch bei vielen anderen Unternehmen beobachten? Der sich bereits messen lässt?

Ja, das ist so. Das geschieht aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten und um Kosten zu sparen. Unmittelbar messbar ist das aber noch nicht. Zwar gibt es immer mehr Unternehmen, die sich bemühen, ihren CO2-Abdruck zu verringern, klimaneutral zu werden und dazu auch Kennziffern veröffentlichen. Dabei sind die Dienstreisen aber nur ein Faktor von vielen. Unternehmen, die gesondert veröffentlichen, wie viele Dienstreisen getätigt werden und ob – beziehungsweise wie – sich diese Zahl verändert, gibt es – wenn überhaupt – nur vereinzelt.

 

Vielleicht steckt vor allem der Sparwille dahinter. Wie erreichen Unternehmen, dass ihre Mitarbeiter seltener auf Dienstreisen gehen?

Über interne Policies oder Anreizsysteme. Viele Unternehmen erlauben Dienstreisen innerhalb Deutschlands nur noch per Zug, nicht mit Flügen. Andere Unternehmen belohnen es mit Zulagen oder Benefits, wenn Mitarbeiter sich für nachhaltige Verkehrsmittel entscheiden.

 

Und wie sonst noch? Wenn nicht über Belohnungssysteme?

Dienstreisen muss man beantragen, dann werden sie genehmigt, das ist die Reihenfolge. Also wird beim Genehmigungsprozess abgefragt, ob die Reise Kundenbezug hat, ehe sie aus Sicht der Firma genehmigungsfähig ist. Oder die Mitarbeiter müssen erst mal erklären, warum das Meeting nicht virtuell stattfinden kann.

 

Bekommen Vorgesetzte höhere Boni, wenn sie erreichen, dass die Zahl der Dienstreisen in ihrer Abteilung sinkt?

Nein, das wäre der falsche Ansatz. Das Bewusstsein, aber auch Anreize für nachhaltiges, umweltbewusstes Reiseverhalten, müssen von der Unternehmensführung kommen, das kann nicht in der Verantwortung des einzelnen Vorgesetzten liegen. Das ist auch ein kultureller Prozess.

Indirekt besteht hier aber durchaus ein finanzieller Zusammenhang: In vielen Unternehmen wirken sich die Einsparungen bei Dienstreisen auf das Budget aus. Hierdurch verbessert sich das Ergebnis.

Das kann das Unternehmen wiederum über die Gehälter an alle Mitarbeiter weitergeben.

 

Ist es nicht eine Milchmädchenrechnung, wenn man die guten Drähte zu Kunden kappt, um kurzfristig einen relativ geringen Betrag zu sparen?

Persönlicher Kontakt zum Kunden ist für fast jedes Unternehmen der Schlüssel zum Erfolg. Das gilt in der Post-Corona-Welt mehr als vorher. Nach meiner Erfahrung werden Drähte nicht gekappt, Unternehmen schauen aber genauer hin. Welche Reise ist zur Kundenbindung wirklich wichtig, welches Verkehrsmittel wird gewählt, wieviel Mitarbeiter sind essentiell für den Termin. Auch hinterfragt man häufiger, ob zum Beispiel eine Kundenveranstaltung im Ausland sein muss.

Das ist übrigens auf der Kundenseite genauso. Viele Unternehmen fordern mittlerweile bei Ausschreibungen von ihren Anbietern Auskunft darüber, wie sie das Thema Nachhaltigkeit angehen und was sie tun, um ihren CO2-Footprint zu verringern.

 

 

 

 

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