Gallup-Umfrage 2022: Fast jeder fünfte Mitarbeiter hat innerlich gekündigt, mehr als jeder zweite glaubt nicht mehr an seine Firma in der Zukunft. Die Führungskräfte spielen eine immer unglücklichere Rolle dabei.

Die neue Gallup-Umfrage zeigt, wie sehr sich Mitarbeiter von ihren Unternehmen abwenden und sie anzweifeln. Und dass die Führungskräfte ihr Unternehmen gegenüber den Mitarbeitern nicht gut repräsentieren – und ihnen damit schaden, wenn sie Mitarbeiter nicht binden, sondern vertreiben.

 

 

(Foto: C.Tödtmann)

 

Nur noch 13 Prozent der Mitarbeiter sind „mit Herz, Hand und Verstand“ bei der Arbeit, sagt Marco Nink vom Beratungsunternehmen Gallup. Zum Vergleich: Das waren 2021 immerhin noch 17 Prozent. Die Zahl der Angestellten, die innerlich gekündigt haben, ist von 14 auf 18 Prozent gestiegen.  Das ist laut Nink der höchste Wert seit zehn Jahren. Gallup untersucht die emotionale Bindung der deutschen Angestellten und die Führungskultur samt Arbeitsumfeld jedes Jahr bereits seit 2001. Damit machen 69 Prozent aller Arbeitnehmer Dienst nach Vorschrift.

Die Befragung erfolgte November/Dezember 2022, sie spiegelt die Krisenstimmung und das Gefühl der ungewissen Zukunft wider, sagt Nink. Gesunken ist das Vertrauen in die Zukunft der Arbeitgeber: Nicht mal jeder zweite glaubt fest an die wirtschaftliche Zukunft seines Unternehmens (41 Prozent). Nur noch jeder Dritte ist zuversichtlich, dass die eigenen Geschäftsführer  die künftigen Herausforderungen meistern können. Zum Vergleich: Das waren vor drei Jahren noch 41 Prozent.

Die Folgen dieser Zahlen lassen sich auch in der Umfrage schon ablesen: 20 Prozent der Mitarbeiter sagen, sie seien aktiv auf Jobsuche und 41 Prozent hören sich schon um. Das trifft auf Home-Office-Arbeiter ebenso zu wie alle anderen, sagt Nink.

 

Die Mitarbeiter aus den Augen verloren

Selbst wenn die Menschen dann doch nicht abspringen, so müsste dieses Ergebnis die Arbeitgeber angesichts des Facharbeitermangels und der Bewerberknappheit beunruhigen.

 

Die Führungskräfte haben die Mitarbeiter etwas aus den Augen verloren, resümiert der Personalexperte. Der Fokus liege jetzt weniger auf dem Führen der Leute als dem Managen der Krise. Unternehmen hätten noch nie so viele Probleme gleichzeitig zu bewältigen: Gestiegene Produktionskosten und Eenergiepreise, die Gaskanappheitsgefahr und Lieferkettenprobemen seien die Bedrohungen. Dazu mussten Betriebskosten mussten reduziert werden, Unternehmen mussten um jeden Kunden kämpfen, weil alle sparen. Hinzu kommen technische Veränderungen wie die Digitalisierung und hybrides Arbeiten, fasst Nink zusammen. Alles zusammen führt dazu, dass Arbeitgeber die Mitarbeiter und deren Belange ausgeblendet hätten, Das sei fatal in dieser unsicheren Zeit, in der besser Orientierung im Tagesgeschäft  gegeben werden sollte, so der Personalprofi.

 

(Foto: C.Tödtmann)

 

Unerreichbare Führungskräfte, die sich keine Zeit nehmen – und wenn, dann nicht positiv bestärken

Dreh- und Angelpunkt sind gerade in diesen unruhigen Zeiten die direkten Vorgesetzten. Doch mit denen sind nur 25 Prozent der Mitarbeiter sehr zufrieden. 38 Prozent sehen „Nachholbedarf“.

Konkret sagen nur 30 Prozent der Angestellten, dass ihre Führungskraft immer erreichbar ist und sich Zeit nimmt.

Unter einem Aspekt kann das sogar gut sein: Nink kritisiert, dass die meisten Vorgesetzten hierzulande den „Schwerpunkt auf die Schwächen ihrer Mitarbeiter statt deren Stärken und positive Eigenschaften setzen“.  Das kann dann auch keiner brauchen.

 

Die Führungs-Faustregel ist simpel: Auf ein negatives Feedback müssen fünf posive kommen

Denn eine Grundregel hat sich bei Führungskräften noch immer nicht herumgesprochen: Sie müssen mehr positive als negative Feedback geben, berichtet Nink über wissenschaftliche Untersuchungen. Dabei ist die Faustregel ganz eifach: „Auf ein negatives Feedback müssen fünf positve kommen.“

 

 

Wie sich emotionale Bindung auf die Unternehmensleistung auswirkt

 18 % bis 43 % geringere Fluktuation (43 % bei Unternehmen mit einer niedrigen Fluktuation, 18 % bei Unternehmen mit einer hohen Fluktuation)
 81 % weniger Fehlzeiten
 64 % weniger Arbeitsunfälle
 41 % weniger Qualitätsmängel
 10 % bessere Kundenbewertungen
 14 % höhere Produktivität

 

 

Zur Methode: „Die Gallup Meta-Analyse von 276 Unternehmen erfolgt auf Berechnung auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2022. Über den Engagement Index Deutschland: Seit dem Jahr 2001 erstellt Gallup jährlich anhand von zwölf Fragen zum Arbeitsplatz und -umfeld, den sogenannten Q12®, den Engagement Index für Deutschland. Die Studie zeigt, wie hoch der Grad der emotionalen Bindung von Mitarbeitern und damit das Engagement und die Motivation bei der Arbeit ist. Für die jüngste Untersuchung wurden zwischen dem 14. November und 21. Dezember 2022 insgesamt 1.500 zufällig ausgewählte Arbeitnehmer ab 18 Jahren telefonisch interviewt (Dual Frame: Festnetz- und Mobilfunkstichprobe; zufällige Auswahl von Telefonnummern, zufällige Auswahl der Zielperson im Haushalt mittels Geburtstagsverfahren bei mehr als einer relevanten Zielperson pro
Haushalt). Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland ab 18 Jahre.“

 

 

 

 

 

 

 

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