Die Jagdsaison ist eröffnet. Frank Dopheide über Adidas-Chef Kaspar Rorsted und andere geschasste CEO´s, die aus Gier nach noch mehr Profit von der Finanzwelt verschlissen werden

Die Jagdsaison ist eröffnet.

Der CEO ist so etwas wie der Zwölf-Ender des Managements. Der Platzhirsch. Männlich, imposant und Chef in seinem Wald. Die weibliche Variante kommt in freier Natur, ähnlich wie auf den Chefetagen, nur äußerst selten vor.

Der Platzhirsch steht stets im Mittelpunkt des Interesses. Nicht nur auf dem Hochsitz.

Doch jetzt dreht sich der Wind.

 

Frank Dopheide (Foto: C.Tödtmann)

 

 

Die Schonzeit, durch Corona und Ukraine Krieg, ist vorbei. Die Financial Community greift durch und ins Ökosystem ein. Die Platzhirsche Herbert Diess, VW-Chef, Stephan Schäfer, RTL-Chef, Stephan Sturm, Fresenius-Chef und seit dieser Woche auch der Manager des Jahres 2019, Adidas-Chef Kasper Rorsted wurden des Platzes verwiesen. Das Quartal von gestern ist längst Vergangenheit. Auch wenn Rorstedt vorzeitig mit einer Vertragsverlängerung bis 2026 versorgt wurde. Sie alle sind ins Visier geraten, weil sich die Finanzwelt mehr erwartet hatte. Mehr Profit.

 

Die Lücke zwischen Wunschvorstellung von Geldhaien und der Realität geht immer auf Kosten des Platzhirschs. Zwar machen die Unternehmen noch Milliardengewinne, trotz Virus, Krieg und Lieferkettenchaos, aber zu wenig. Hier kennen der Investor und sein Aufsichtsratschef keine Gnade und machen kurzen Prozess. Der Platzhirsch ist weg, das Virus, der Krieg und die Probleme sind aber alle noch da.

 

Neue Besen kehren gut, aber kennen den Laden, die Kunden und Produkte noch nicht. Das Unternehmen und seine Mitarbeiter beschäftigen sich ab sofort die nächsten Monate vor allem mit einer Sache: mit sich selbst. Abertausende von Power-Point-Seiten und Stunden werden verarbeitet und Dutzende von Outside-Meetings und Leadership-Workshops gehalten, einzig und allein, um den Neuen ins Boot und ins Bild zu holen, bis er versteht, dass die Welt zu kompliziert für seine einfachen Lösungen ist.

 

Seine erste Idee ist stets das Modell Spardose. Kosten runter, koste es was es wolle. Dies will die Finanzwelt sehen und reagiert wohlwollend mit einem kleinen Kursaufschlag. Doch Sparprogramme, Mitarbeiterentlassungen und Outsourcing bringen VW, RTL, Fresenius und adidas der Zukunft keinen Schritt näher, sie machen das bereits erschöpfte Unternehmen noch matter. Zur Überbrückung, bis der Sparplan greift, greift der Neue zu Eigenblutdoping und kauft im großen Stil Aktien zurück – die sogenannte Kurspflege. In Wahrheit nimmt er seinem neuen Unternehmen die Luft zum Atmen und Agieren, doch der Kurs springt an und der Neue positioniert sich als Erfolgsmodell. Management á la Noah – nach mir die Sintflut.

 

Nun muss sich der neue CEO positionieren und Durchsetztungsstärke zeigen, er steht schließlich unter Beobachtung. Dabei hilft ihm sein großes Ego. Oder, wie der ehemalige Deutsche Bank Chef Josef Ackermann mir mal sagte: „Als CEO triffst du immer zwei Flaschen in deinem Leben, deinem Vorgänger und deinem Nachfolger“.

 

Unvorstellbar, aber wahr, der Vorgänger war vielleicht gar nicht doof. Die Ideen, auf die der Neue kommt, hatte er auch schon. Vor Jahren. Die Motivationsreden, die der Neue hält, hat er auch schon gehalten. Vor Jahren. Und die Rezepte zur Kurssteigerung hat er auch drauf. Seit Jahren. Wie die Belegschaft übrigens auch. Diese schüttelt ermattet den Kopf, geht zurück auf los oder sucht sich einen neuen Job.

Gewonnen ist so übrigens nichts. Das wird auch der Börsenkurs zeigen. Alle Jahre wieder. Doch die Investoren treiben die Platzhirsche weiter vor sich her. Und wie es scheint, ist Henkel-Chef Carsten Knobel bereits in ihr Visier geraten.

 

 

https://www.wiwo.de/my/unternehmen/handel/ueberraschender-abgang-von-kasper-rorsted-was-den-adidas-chef-zu-fall-brachte/28618036.html?ticket=ST-1139987-nb4AMdbuebqRryPbIYG6-cas01.example.org

 

 

 

 

 

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