Topmanager, die bescheiden wirken möchten, haben nicht verstanden, dass es das sichere Gefühl der eigenen Größe braucht, um Gefolgschaft zu erreichen und wirksam zu sein. Mit diesem und anderen Missverständnissen über Topmanager-Eigenschaften von Demut bis Authenzität räumen die Top-Management-Trainerinnen Dorothea Assig und Dorothee Echter in ihrem Gastbeitrag für den Management-Blog auf.

Dorothea Assig (l.) und Dorothee Echter (Foto: PR/Magdalena Jooss)
Demut, Achtsamkeit oder Sinn-Vermittlung
Die Ansprüche an Topmanagerinnen und Topmanager werden immer weiter ausdifferenziert und umfassen mittlerweile Demut, Achtsamkeit, Empathie, Authentizität, Bescheidenheit, Selbstreflektion, auch sollten Vorgesetzte ihren Mitarbeitenden Coaches sein, sie empowern und Sinn vermitteln, Ideen ermöglichen, Vielfalt sichern, ansprechbar und nahbar sein und so weiter und so fort.
Ungefilterte Aufmerksamkeitswünsche
Topmanager werden verführt, ihr Können und ihre Erfolge mit diesen Konzepten zu garnieren oder gar zu suggerieren, man könne mit ihnen noch erfolgreicher werden. Sie führen ihre Unternehmen sicher in eine profitable Zukunft, und als wäre diese Aufgabe nicht schon groß genug, demonstrieren manche – sogar öffentlich, in Interviews, in den sozialen Medien – ihre Aufgeschlossenheit und Anpassungsbereitschaft gegenüber diesen Ansprüchen. Damit demonstrieren sie allein ihre ungefilterten Aufmerksamkeitswünsche. Nichts gegen Bescheidenheit und Empathie, wenn der Topmanagement-Kontext stimmt. Der stimmt hier ganz und gar nicht:
· Wer von Demut spricht und diese von anderen und Mitarbeitenden fordert, ist nicht demütig, sondern hat das im Topmanagement wirksame Prinzip von intrinsischer Motivation bei sich und anderen nicht verstanden. Demut zeigt sich hier ausschließlich als Dankbarkeit, nicht als Forderung.
· Wer sich im Lotussitz auf Linkedin präsentiert, versenkt sich nicht in die Stille, sondern hat eine Aufmerksamkeitsstörung.
· Wer unter Selbstreflektion versteht, allein für sich an sich einen Brief zu schreiben und das vielen Menschen erzählt, weiß nichts davon, dass Selbstreflektion professionelle Unterstützung braucht.
Empathie vorgeben, doch Härten durchsetzen und verleugnen
· Wer Empathie für sich reklamiert, verleugnet den eigenen Anteil an harten Entscheidungen, die alles andere als fürsorglich sind.
· Wer sich für authentisch hält, hat kein Rollenbewusstsein, denn die Topmanagement-Rolle hat nichts mit Authentizität zu tun. Um Ziele mit anderen zu erreichen, muss jede authentisch negative Empfindung unterdrückt oder umgewandelt werden.
· Wer als privilegierte Person sich bescheiden fühlen oder bescheiden wirken möchte, hat nicht verstanden, dass es das sichere Gefühl der eigenen Größe braucht, um Gefolgschaft zu erreichen und wirksam zu sein.
Ernsthafte Haltung statt öffentlicher Inszenierung
Was unterscheidet die ernsthafte Haltung von der öffentlichen Inszenierung? Mit diesen Fragen können Sie es herauszufinden: Was ist mein inneres Anliegen, was sind meine speziellen Werte für das Unternehmen, für die Institution, für die Gesellschaft? Wie schaffe ich für meine individuelle Überzeugung Gefolgschaft? Wie, mit welchen Inhalten dient meine öffentliche Präsenz dem Unternehmen?
In diesem Erkenntnisprozess hilft die Rückbesinnung auf Ihre eigene Topmanagement-Rolle. Ihre wichtigste Aufgabe ist, aus Ihrer Ambition, Ihrem Wissen und Können heraus zu urteilen und allen Stakeholdern Orientierung zu bieten, ihre Gefolgschaft zu gewinnen. Das ist der Maßstab für jede öffentliche Kommunikation.
Leidenschaft darf gezeigt werden – am Beispiel
Sie führen ein Abfallwirtschaftsunternehmen? Weil es Ihre Leidenschaft ist, Verschwendung zu vermeiden, die Natur zu erhalten oder wertvolle Rohstoffe zu bewahren? Dann zeigen Sie sich ihren Mitarbeitenden, Kunden und Investorinnen, wie Sie auf dem Werksgelände eine hypermoderne Aktenvernichtungsmaschine in Empfang nehmen; wie Sie durch einen jungen Wald gehen, der auf einer Industriebrache mit gereinigter Erde angepflanzt wurde; wie Sie das neue Gebäude aus recycelten Baustoffen einweihen. Sie leisten Großes, Menschen folgen Ihrer Größe.


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