Die Schreibblockade der Charlotte Link und warum Krebskranke Schminkhilfe brauchen – DKMS Life 2019

 

Einmal im Jahr trommelt DKMS Life mit Schwarzkopf in Düsseldorf rund 100 Frauen zusammen zum Charity Ladies´ Lunch – diesmal im Hafen im Hyatt. Weil jedes Jahr 230.000 Mädchen und Frauen an Krebs erkranken und um denen zu helfen. So, und jetzt muss man erklären, was diese Stiftung DKMS Life tut: Sie stellt Patientenprogramme auf die Beine, die jedes Jahr 10.000 Frauen zugute kommen. Wie wichtig diese Programme sind, erschließt sich Gesunden erst mal so gar nicht – man kann froh sein, wenn sie nicht noch spotten. Weil sie es einfach nicht besser wissen.

 

 

Es geht um Kosmetikseminare. Kosmetikseminare? So ein Luxus, wenn man ums Überleben kämpft? Weit gefehlt. Nach mehreren Monaten Chemo sind Krebskranke gezeichnet von der Krankheit, unsicher, sind in einer Art Schockzustand und ziehen sich zurück, beschreibt es DKMS-Life-Geschäftsführerin Neri. Und damit die Frauen und inzwischen auch viele jüngere Mädchen die Technik erlernen, sich ihr Elend zumindest mal wegzuschminken. Damit sie nicht wie Aussätzige für jedermann sofort als Kranke erkennbar sind.

 

 

(Foto: DKMS)

 

Den Krebs kaschieren

„Es geht nicht um Schminken im Sinne von ´besonders schön machen´, stellt Neri klar. Es geht stattdessen ums Kaschieren des Krank-Seins, wenn die Haare ausgehen, die Augenbrauen und die Wimpern ebenso und womöglich die Haut auch noch auf die Chemos reagiert. Dazu unten mehr aus dem Mund der Bestseller-Autorin Charlotte Link. Hier nur so viel: „Man will die Wahl haben, ob man seine  Krankheit zeigt.“ Und: „Wichtig ist, nicht optisch ausgegrenzt zu werden – und in der Masse bleiben zu können.“

 

DKMS-Life-Kurse wirken – nur darauf kommt´s an

Wie wirksam die DKMS-Life-Programme sind, hörte ich erst am vergangenen Wochenende zuletzt im O-Ton von einer akut erkrankten Freundin. Wie sehr ihr der Kurs nach mehreren Monaten Chemo geholfen und Freude bereitet hat. Auch sie trägt eine Perücke  und bekam gezeigt, wie man sich in dieser elenden Verfassung zumindest so weit, herrichten kann, dass man mit seinem Schicksal nicht jedem und sofort in Auge fällt. Und nicht in die Verlegenheit kommen, irgendwelchen Menschen plötzlich Rede und Antwort stehen zu müssen.

Und sie berichtete mit glänzenden Augen, dass sie neben Ratschlägen und Unterweisungen noch ein dickes Paket mit auf den Weg bekommen habe. Mit Pflege- und Kosmetik-Produkten für rund 200 Euro, erzählte sie stolz. Mission erfüllt, würde ich sagen.

 

Der größte Wunsch von Krebskranken: ihre frühere Normalität zurück bekommen

Doch zurück zum Charity-Lunch. Bestseller-Autorin Charlotte Link berichtete nicht etwa über eigene Krebserfahrungen, sondern die mit ihrer verstorbenen Schwester. Die sind Auch sie spricht davon, dass Krebs-Erkrankte in eine „innere Einsamkeit katapultiert werden“. Dass sie „aus der Normalität gekippt werden“. Dass sich ihre Schwester nur eins gewünscht hatte in den Jahren des Kampfs gegen den Krebs: Sie wünschte sich am allermeisten ihr normales Leben, den normalen Alltag zurück.

 

Eine Wagenburg für den Krebskranken

Untypisch? Nein, so gar nicht. Aber für Gesunde ist auch das schwer nachvollziehbar.  Das muss man einfach mal akzeptieren.

Charlotte Link jedenfalls erzählt, dass sie mit ihrer Familie „eine Wagenburg um ihre Schwester machte“. Dass sie gute Ärzte, aber auch unfassbares Verhalten erlebte.

 

 

Taktlose Ärzte

Sie spricht über taktlose Mediziner, zitiert sie: „Sie werden am Ende des Jahres tot sein, aber nur, wenn sie sofort mit der Chemotherapie beginnen. Und machen Sie mal schon jetzt Fotos von sich für ihre Kinder, denn sie werden bald nicht mehr so aussehen wie jetzt“.

Mit Selbstschutz oder Abstumpfungsprozessen sind solche Kränkungen kaum zu erklären. Oder liegt es doch daran, dass vor allem diejenigen Medizin studierten, die plötzlich ein supergutes Abi-Zeugnis in den Händen hielten. Die aber eigentlich nie den Wunsch hatten, Arzt zu werden und denen auch da schon die Empathie fehlte.

 

Gute Ärzte setzen bei Patienten Körperkräfte frei

Charlotte Link erzählt weiter, dass Ärzte, die Mut machen, bei ihrer Schwester körperliche Kräfte freisetzten – und umgekehrt.

Und wie sie als Angehörige – zum Zuschauen verdammt – eine Schreibblockade bekam. „Dem Leiden zusehen müssen und nicht helfen zu können, ist eine der schlimmsten Foltern überhaupt“, erzählt sie von der Ohnmacht der Familie.

Seit sieben Jahren ist Charlotte Links Schwester nun tot und sie hat noch etwas gelernt: „Es hat keinen Sinn, Trauer abkürzen zu wollen, man muss sie ausleben und akzeptieren.“

 

 

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