Boni abschaffen und stattdessen in gute Führung investieren, fordert Ulrich Hemel (Gastbeitrag)

„Boni helfen wenig, bessere Führung beflügelt“ sagt Ulrich Hemel, Direktor und Gründer des Instituts für Sozialstrategie in Laichingen-Jena-Berlin, erfolgreicher Ex-Manager, Ex-BCG-Berater, Ex-Unternehmer und Theologe. Sein Rat: Boni abschaffen, denn der Erfolgsfaktor für Unternehmen ist gute Führung – richtige Personalauswahl und Personalförderung ist die Voraussetzung. Die wesentliche Mischung bei exzellenten Führungskräften: motivierender Charme und konsequent durchgehaltene Disziplin. Ein Gastbeitrag.

 

Ulrich Hemel (Foto: Hemel)

 

Die Welt ändert sich schnell. Zielvereinbarungen müssen schon mal umgeworfen werden. Endlose Diskussionen über Boni sind die Folge – ganz abgesehen vom gesellschaftlichen Unmut, der sich über Spitzenverdienern zusammengebraut hat.

 

Eigentlich bekannt: Boni sorgen oft für Fehlsteuerungen

Wir haben uns so sehr an Boni gewöhnt, dass wir uns nicht mehr die Mühe machen, sie zu hinterfragen. Dabei ist bekannt, dass Bonuszahlungen häufig zur Fehlsteuerung führen. Denn Führungskräfte geraten in ein Dilemma, wenn unerwartete Situationen, neue Projekte oder ein Vorgesetztenwechsel zu veränderten Prioritäten führen sollten. Verhandeln sie Ziele nach, können sie  kleinlich wirken und ihr Standing verschlechtern. Also argumentieren sie  beim Jahresgespräch und vertrauen darauf, mit ihren Argumenten durchzudringen. Dabei zählt am Ende die Qualität des Vertrauensverhältnisses zwischen den Beteiligten: die ursprüngliche Vereinbarung wird zur Makulatur.

 

Führungskräfte werden kreativ, wenn´s um das Sichern ihrer Boni geht

Andere Führungskräfte  „optimieren“ ihr Verhalten so, dass die relevanten Kennzahlen „bonussicher“ erreicht werden. Ein Vertriebsleiter rief seine Kunden in guten Jahren mit der Bitte an, Aufträge ins neue Jahr zu verschieben, denn er hätte seine Jahresziele schon erreicht. In schlechteren Jahren lief es umgekehrt: Dann forderte er, Bestellungen einfach vorzuziehen. Menschen sind nun mal kreativ, und dies gerne auch zum eigenen Vorteil.

 

Unternehmenserfolg durch komplexes Zusammenwirken vieler Beteiligten 

Wenn es aber eine Steuerungswirkung von Boni gibt, wirkt diese leider weder linear noch kausal. Denn die Leistung eines Unternehmens ergibt sich immer aus dem komplexen Zusammenwirken vieler Beteiligter und äußerer Umstände. Und wie war das noch im Krisenjahr 2009? War die Leistung von Führungskräften beim Einbruch der Märkte weniger anspruchsvoll als in guten Jahren? Die rein mechanische Betrachtung von Kennzahlen bildet die Leistung eines Unternehmens und damit auch die Leistung der im Unternehmen Handelnden nicht ab. Finanzstarke Unternehmen waren für 2009 folglich zur vollen Bonuszahlung bereit; finanziell angeschlagene vereinbarten sogar noch Kürzungen über die zuvor getroffenen Vereinbarungen hinaus.

 

Boni verfehlen ihren Zweck, die Kausalität ist selten klar

Doch selbst unter normalen Umständen verfehlen Boni ihren Zweck. Denn die Kausalität unternehmerischen Erfolgs ist selten eindeutig. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle.

 

Gegen die Annahme einer „Unwirksamkeit“ von Boni scheint in einigen Fällen der überragende Einfluss der Person an der Spitze zu stehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese einen überragenden Einfluss hat und weitreichende Entscheidungen treffen kann. Dabei sind solche Personen bisweilen erfolgreich so wie derzeit Jeff Bezos bei Amazon, bisweilen erfolglos wie Anton Schlecker.

 

Bonussysteme führen sich selbst ad absurdum

In solchen Fällen führen sich Bonussysteme aber erst recht ad absurdum: Warum Boni für Dutzende von Führungskräften, wenn Wohl und Wehe so eng mit dem Handeln einer einzigen Person an der Unternehmensspitze verbunden sind?

 

Nun könnte man argumentieren: Wir haben nichts Besseres. Es gibt keine sinnvolle Alternative. Und das führt zur entscheidenden Frage: Wie lassen sich Anreize setzen ohne Boni?

 

Vor kurzem äußerte – aus dem Blickwinkel einer ganz anderen Berufswelt – der stellvertretende Direktor eines großen Gymnasiums, im öffentlichen Dienst gebe es ja leider keine Incentives. Auf meinen Einwand, ob dies sein Motiv bei der Berufswahl gewesen sei,  lenkte er sofort ein und meinte, Wertschätzung und Anerkennung seien doch viel wichtiger.

 

Gute Führung bedeutet: Mensche haben Lust, zusammen zu arbeiten

Und damit sind wir beim Thema Führung. Gute Führung zeigt sich unter anderem dadurch, dass Menschen Lust haben, miteinander zu arbeiten: weil sie sich gut verstehen, weil sie gemeinsame Ziele haben, weil es Spaß macht, gemeinsam Herausforderungen zu bewältigen. Führung ist immer beides: der Blick auf das große Ganze und das gemeinsame Ziel, aber auch die Entscheidung angesichts kurzfristiger und dringender Dilemmata aus dem Tagesgeschäft. Denn auch für Manager gilt natürlich: Wenn das Haus brennt, gibt es keinen Bonus für das Brunnen-Bohren, sondern dann ist Feuerlöschen gefragt.

 

Führung ist entscheidender Erfolgsfaktor für Unternehmen

Führung geht – wie alle wissen – deutlich über ein Jahresgespräch hinaus. Sie ist einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren guter Unternehmen. Es lohnt sich also grundsätzlich, in Führung zu investieren!

 

Nur motivierender Charme und Disziplin macht eine exzellente Führungskraft

Dazu gehören vor allem die richtige Personalauswahl und Personalförderung. Wessen Persönlichkeitsprofil nicht zu der so wesentlichen Mischung aus motivierendem Charme und konsequent durchgehaltener Disziplin passt, kann sicher dazu lernen. Eine exzellente Führungskraft wird er oder sie aber meist nicht.

 

Der Rat: In Führung investieren und Boni abschaffen

Gelingt es aber, geeignete Personen für Führungsaufgaben zu gewinnen und zusätzlich in sie zu investieren, dann stehen die Chancen für den Erfolg des ganzen Unternehmens gut. Dann ist es sogar möglich zu wagen, was heute kaum jemand so konsequent riskiert: In Führung weiter zu investieren und auf Boni zu verzichten.

 

Links zu Ulrich Hemel:

https://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Hemel

https://www.institut-fuer-sozialstrategie.de/

http://www.zeit.de/2008/14/P-Hemel/komplettansicht

 

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Alle Kommentare [1]

  1. Genauso ist es.

    Ein ehrbarer Führer fördert nicht sich (durch Boni) sondern seine Mitarbeiter.

    Führen ist Kunst.

    Der Manager ist ‚Ich-bezogen und der Leader sieht seine Mitarbeiter im Mittelpunkt. Manager ‚verführen’ gelegentlich und Leader ‚führen’ im Sinne eines ‚Anführers’, der vorweg schreitet. Oder wie es im englischen heisst „When I talk to Managers, I get the feeling that they are important. When I talk to Leaders I get the feeling that I am important” .

    Unternehmerische Führung ist die Kunst, Menschen zu überzeugen und sie zur Gefolgschaft einzuladen, sodass sie freiwillig das tun, was ich, die Führungskraft, für das Richtige für mein Unternehmen halte. Also nicht ich ‚mache’ mich zum Führer, sondern meine Mitarbeiter entscheiden, ob ich ein Führer ‚bin’. Nicht ich ‚erschaffe’ ein erfolgreiches und nachhaltiges Unternehmen, sondern meine Kunden ‚entscheiden’, ob meine Produkte kauffähig sind. Und wie in Analogie zu Paul Klee (1879 – 1940), deutscher Maler, „Kunst nicht das Sichtbare wiedergibt, sondern sichtbar macht“ spiegelt ‚Führung nicht das Sichtbare wieder, sondern macht die gelebten Tugenden und Todsünden der Führungskraft sichtbar’.

    Führung ist der Lackmustest der inneren Sinn- und Werte-Orientierung und des eigenen Moralkompasses.

    Erfolgreiche Führer leben nach dem 4-M-Prinzip (Man muss Menschen mögen) und investieren in Menschen und nicht in Boni