Wenn erst der Kunde einer Firma klarmacht, was für einen Vertriebschef sie hat

Headhunter Manfred Siebenlist hat seit zwei Jahrzehnten ein Produkt im Angebot, das noch nie jemand gebucht hat. Unverständlicherweise, wie er findet. „Referenzprüfung“ heißt es und kostet zwischen 2000 und 3000 Euro. Was das genau ist? Unternehmen können bei der Düsseldorfer Personalberatung Siebenlist Grey & Partner, deren Chef Siebenlist ist, einen Kandidaten checken lassen. Ob er wirklich koscher ist.

Und dann fährt zum Beispiel einer seiner Leute zu einer der Firmen, wo der Kandidat gearbeitet haben will. Der hört sich dann mal in der Kantine nach dem Betreffenden um und befragt auch dessen Vorgesetzte. „Das kann man nicht per Telefon machen, da muss schon jemand hinfahren“ postuliert der Personalprofi. und herauskommen kann eben dabei ganz anderes als das, was in den Zeugnissen – oder gar in der Vita – steht.

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Grundsätzlich könnten die Unternehmen ja auch selbst die Vergangenheit ihrer Bewerber checken und ob sie etwas auf dem Kerbholz haben – denn das ist nicht mal so selten heute. Zeugnisse sind austauschbar geworden, meist sind sie ja sogar selbst verfasst sogar und haben „Null Aussagekraft“. Die schaut sich Siebenhaar schon gar nicht mehr an.

 

Polizeiliches Führungszeugnis nur bei den Mitarbeitern, nicht den Chefs 

Doch es gibt ja andere Möglichkeiten wie Referenzen einholen oder wenigstens ein polizeiliches Führungszeugnis zu verlangen. Das lassen sich – standardmäßig – aber die nur die Dienstleister wie Gebäudereiniger oder Autoverleiher vorlegen. Aber dann auch nur von den Mitarbeitern der Putzkolonnen – nicht von den Führungskräften, die viel mehr Möglichkeiten haben, die Firma zu betrügen. Und dass jene nicht nur die Möglichkeit dazu haben, sondern sie auch nach Kräften nutzen, belegt einmal mehr die Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die erst vor wenigen Monaten veröffentlicht wurde unter dem Titel „Verzerrte Wahrnehmung in der Wirtschaftskriminalität“.

 

Keine Aufträge mehr, solange der Mitarbeiter an Bord ist

Und Siebenlist erzählt von einem Extremfall, der erst wenige Monate her ist, und dessen Nachfolger er suchen durfte: Ein Vertriebschef aus der Lebensmittelbranche, um die 40 Jahre alt und mit prima Zeugnissen und Werdegang, war bei einer Firma in Norddeutschland eingestellt worden. Es vergingen nur ein paar Monate, da meldete sich einer der Großkunden – ein Discounter – und drohte mit sofortiger Auftragskündigung, wenn die Firma diesen Mann weiterhin beschäftigte. Denn der war dort bekannt – und zwar einschlägig, samt Gefängnisstrafen. All die schönen Firmenlogos hatte er aus dem Internet kopiert, die Zeugnisse selbst geschrieben, die unleserlichen Unterschriften weckten keinen Verdacht.

 

Pschychologische Gründe 

Und was glaubt Siebenhaar, warum das Produkt „Referenzprüfung“ nie verlangt wird?  Wo doch die Kosten einer fehlbesetzung enorm hoch sind – insbesondere gemessen an 2000 bis 3000 Euro für einen Gegencheck. Es scheint auch ein psychologischer Moment dabei zu sein: „Oft hat sich der Personalchef schon für einen Kandidaten innerlich entschieden – und will einfach nicht, dass dessen Einstellung noch platzt.“

 

Wirtschaftskriminalität: Verzerrte Wahrnehmung der Gefahr für Unternehmen: http://www.kpmg.de/Themen/33581.htm

Was macht Zeugnisse verdächtig? http://www.channelpartner.de/index.cfm?pid=301&pk=290223

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