Gastbeitrag Katharina Scheja: Wo sind die Untiefen beim Kauf und Verkauf gebrauchter Software ?

Katharina Scheja ist IT- Rechtsanwältin bei Heymann & Partner – Referenzmandanten: Jeanshersteller Mustang, Private-Equity-Haus triton – listet auf, auf was Unternehmen achten sollen, wenn sie Gebraucht-Software kaufen wollen – denn auch nach den ersten Urteilen ist eigentlich noch nichts klar.

Schließlich gibt es triftige, vernünftige Gründe, warum ein Unternehmen eine Softwarelizenz wieder zu Geld machen will, statt damit zu arbeiten. Klar ist eigentlich nur eins: Viel neue Arbeit für Juristen, weil eben jeder Fall anders liegt, jeder Hersteller seine eigenen Verträge hat und Käufer ein hohes Risiko eingehen.

 

Katharina Scheja, IT-Anwältin bei Heymann & Partner

 

Ist Second-Hand-Software ist jetzt legal ?

Schon wieder kommt eine neue Entscheidung zum Thema gebrauchte Software. Microsoft kassiert vor dem Landgericht Hamburg am 22.08.2012 eine einstweilige Verfügung: Microsoft darf – bis auf weiteres – nicht mehr behaupten, OEM-Software dürfe nicht übertragen werden.

 

OEM-Software? Was ist das und was hat das mit gebrauchter Software zu tun? OEM Software sind direkt auf die Hardware – also auf PCs oder Notebooks – installierte Softwareprogrammversionen wie zum Beispiel Windows XP. Technisch identisch mit den im Handel verkäuflichen Windows XP Versionen, wird die OEM-S  – OEM steht für Original Equipment Manufacturer = Hardwarehersteller – Softwareversion unmittelbar vom Hardwarehersteller wie etwa Dell, auf die PCs gespielt. Der PC kommt in den Handel, der Kunde erhält entweder gar keinen Datenträger mehr, auf dem die Software separat aufgespielt ist, oder nur eine Sicherungskopie – oft gegen Aufpreis. Die OEMs sind dazu aufgrund von Lizenzverträgen mit Microsoft  – oder anderen Herstellern – berechtigt. Nun war Streitauslöser, dass Microsoft als Lizenzgeber auf seiner Webseite behauptet hatte, diese Versionen dürften nicht vom PC gelöscht, um so an einen neuen Verkäufer – gegebenenfalls auf DVD – verkauft werden. Zu Unrecht – so das Landgericht Hamburg.

 

Eingereicht hatte den Verfügungsantrag die FSB Allgäu GmbH, eine Firma, die gebrauchte Software anbietet. Was ist denn nun auf dem Softwaremarkt los – die Softwarehersteller unter Druck. Erst verliert Oracle vor dem Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Nun eine Schlappe für Microsoft – begründet mit der Entscheidung des EuGH. So zieht die EuGH Entscheidung Kreise. Nur: ging es da nicht um etwas ganz anderes? Oracle Software, die Oracle zum Download angeboten hatte und die dann in den Handel kam, obwohl der Lizenzvertrag dies verbot. Also das hatte jedenfalls nichts mit OEM-Software zu tun.

Der interessierte Leser versteht nur: Der Streit zwischen Softwareindustrie und Händlern geht weiter. Wie soll sich da der Kunde zurechtfinden?

 

Zur Einordnung ein kurzer Rückblick:

Anfang Juli 2013 hatte der Europäische Gerichtshof eine viel beachtete und kommentierte Entscheidung zum Handel mit gebrauchter Software verkündet. Diese ist als nutzerfreundlich teilweise begeistert begrüßt worden. „Second Hand Software ist jetzt legal“ und „Gebrauchte Softwarelizenzen dürfen weiterverkauft werden“ – so titelten verschiedene Artikel in der Wirtschaftspresse. Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg scheint diesen Überschriften Recht zu geben. Und es geht ja um viel Geld. Für die Hersteller, für die Händler und für den Kunden – Software ist oft teuer, „Gebrauchtsoftware“ kann sehr viel billiger sein. Muss sich also jeder Kleinunternehmer hinterwälderisch fühlen, der nicht sofort umstellt und den Schnäppchenpreis wählt, statt teuer bei der Distribution Einzel- oder Mehrplatzlizenzen zu erwerben?

 

Typische Juristenantwort: es kommt darauf an. Nämlich darauf, wie groß die Risikobereitschaft ist –je nachdem, welches Softwareschnäppchen man grad so mitnimmt, kann es sein, dass der Kauf eben doch nicht legal war. Und das heißt: das Schnäppchen war doch zu teuer, weil manwenig nichts erworben hat. Merke: was für eine Download-Kopie oder für eine OEM-Softwareversion gilt, gilt nicht automatisch für jeden Lizenzvertrag. Der EuGH hat auch klar entschieden, dass die Aufspaltung von Lizenzverträgen unzulässig ist. Hinzukommt eine ganze Reihe weiterer Fallstricke:

–  die Software des Hersteller muss dauerhaft lizenziert  – also verkauft – worden sein – viele Lizenzverträge erlauben die Nutzung nur auf bestimmte Zeit, hier darf der Softwarehersteller die Weitergabe unterbinden.

–  Das Recht zum Verkauf gilt nur für die eine Kopie – also den einen erlaubten Download oder eine auf Hardware installierte OEM-Software – und nicht für Mehrfachlizenzen

–  Der Verkäufer muss seine Kopie nachweislich legal erworben haben – es gibt keinen gutgläubigen Erwerb, wenn also der Verkäufer eine falsche Erklärung abgibt, ist der Käufer der Dumme.

–  Der Verkäufer darf nachweislich nicht selbst weiter nutzen  – ob ein Notartestat diesen Nachweis erbringt, muss im Einzelfall geprüft werden

–  und – last but not least – was ist mit Wartung und weiteren Dienstleistungen? Eine komplette Übertragung dieser Nebenrechte ist ohne Zustimmung des Softwareherstellers ohnehin nicht möglich.

 

Wer sich zu früh freut, lacht oft zuletzt nicht mehr

Für den end-user, der gebrauchte Software erwerben will, schafft die Entscheidung Sicherheit (unter den vorgenannten Bedingungen!): es darf nicht nur das klassische Einzelhandelspaket weiterverkauft, erworben und dann genutzt werden, auch die Software, die legal aus dem Netz geladen wurde, ist übertragbar (und möglicherweise auch eine OEM-Software, allerdings wird wohl auch hierüber noch gestritten werden). Dies gilt natürlich nur, wenn dieser Erwerb rechtmäßig war.

 

In allen anderen Fällen – und das dürfte die Mehrzahl sein – gilt: Vorsicht beim Erwerb gebrauchter Softwarelizenzen – jedenfalls für den, der Beratungskosten oder Rechtsstreitigkeiten vermeiden will. Denn ohne rechtliche Prüfung ist kaum zu entscheiden, in welchen Fällen eine Übertragung gebrauchter Lizenzen in welchem Umfang legal ist.

 

Für Softwarekunden bleibt auch nach der Entscheidung wichtig, was ohnehin gute Geschäftspraxis sein sollte: Verträge prüfen. Jeder Softwarevertrag ist anders, jeder Hersteller hat andere Bedingungen.

 

Wer gebrauchte Lizenzen verkaufen will, sollte bedenken:

–  Manche Hersteller erlauben die Übertragung oder Aufspaltung von Volumenverträgen unter bestimmten Bedingungen, wie im Falle von Unternehmensabspaltungen oder –verkleinerungen. Wenn nicht bereits vertraglich geregelt, besprechen Sie das mit dem Lizenzgeber.

–  In manchen Software-Verträge stehen Zustimmungsklauseln, die in Anspruch genommen werden können.

–  Bei Vertragsverhandlungen die Übertragbarkeit auf die Themenliste setzen und vorab die Rahmenbedingungen für eine Übertragung regeln.

–  Bei unklarer Vertragslage die Juristen einschalten – es können Vertragsverletzungs- und Schadensersatzansprüche des Softwareherstellers drohen.

 

Wer gebrauchte Lizenzen kaufen will, für den gilt:

–  Vorsicht bei Konzern- und Volumenlizenzen: Allenfalls ein kompletter Erwerb (aber selbst das ist unklar), keinesfalls ein Erwerb von lediglich einem Lizenzteil.

– Vertragslage des Verkäufers prüfen – es gibt keinen gutgläubigen Erwerb., der einen Käufer zugute gehalten werden kann

– Finger weg von zeitlich beschränkten Softwarelizenzen.

–  Und wenn doch: genaue Dokumentation ist nötig. Die Übertragungskette muss lückenlos sein.

 

Und zu guter Letzt:

 

Jede Gerichtsentscheidung gilt nur für den jeweiligen Sachverhalt, der ihr gerade zugrunde liegt. Die Vielfalt der Software-Lizenzverträge ist aber derart groß, dass sich einfache Stellungnahmen schon deswegen verbieten. Vor diesem Hintergrund sind pauschale Feststellungen zum Inhalt der Entscheidung des EuGH mit Vorsicht zu genießen. Außerdem hatte der EuGH nur über drei Vorlagefragen des Bundesgerichtshofs zu entscheiden – wie der Bundesgerichtshof auf Grundlage der Antworten des EuGH entscheiden wird, steht in den Sternen.

 

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