Stoppschild für Wichtighuber – Business Behave

Immer und überall erreichbar? Manchmal geht es eben doch nicht

 

Kennen Sie diese Leute? Die davon ausgehen, dass sie die Wichtigsten überhaupt sind. Immer und überall und vor allem: Zu jedem Zeitpunkt, der ihnen gerade in den Kram passt. Kollateralschäden sind ihnen gleichgültig. Wenn sie andere Leute dampfwalzengleich überfahren – bildlich gesehen – ist es ihnen egal.
Gegenwehr? Ganz schwierig.

 

Sie haben Lungenentzündung? Mir doch egal

Meine Freundin und ihr Mann, ein Berater, wurden erst kürzlich Opfer von so einem Wichtighuber, wie die Bayern solche Vertreter ihrer Art nennen. Ihr Mann lag im Bett mit einer Lungenentzündung und 40 Grad Fieber, als ein – zugegebenermassen wichtiger Kunde – bei ihnen zu Hause anrief und verlangte, den Kranken zu sprechen: „Ich muss ihn jetzt sofort sprechen“, herrschte der Kunde die verdatterte Ehefrau an.Und sie gehorchte, so verblüfft war sie über den autoritären Umgangston. Und ihr Mann gleich mit, trotz Fieber stand er dem unverschämten Anrufer Rede und Antwort so gut es eben ging, vom Bett aus, ohne Unterlagen und schwer gehandicappt. Fast unnötig zu erwähnen, dass es eigentlich gar nichts Eiliges war. Es war nur ein Reflex des Kunden nach dem Motto: Mein Berater ist nicht für mich da, weil er krank ist? Dann kann er nur simulieren. Derselbe Mann rief den Berater natürlich wenige Wochen später auch in seinem Kurzurlaub in Spanien, an einem Brückentag an. Es war dasselbe Spiel gewesen: Im Büro hatte ihm die Sekretärin gesagt, dass der Berater einen Tag Urlaub macht – und jetzt musste ihn der Kunde erst recht sprechen. „Was, er macht schon wieder Urlaub?“ hatte er sofort losgegiftet – um den armen Mann postwendend auf seinem Handy anzuherrschen, in aggressivem Ton, beim Frühstück am Urlaubsort. Auch dieses Mal hätte das Ansinnen locker Zeit bis zum Montag Zeit gehabt.

 

Gegenwehr? Am besten Humor

Wie man solchen Raudis begegnet? Ihnen zu versuchen, ruhig mit guten Argumenten zu kommen, ist ziemlich sinnlos. Die würden sie ohnehin nicht hören wollen, sondern erst recht den Autoritären geben. Die bessere Möglichkeit ist, solche Leute mit Humor zu nehmen und ins Leere laufen zu lassen. Doch das erfordert so viel Souveränität, die in solch einem Moment nicht leicht ist. Eine Bemerkung wie „Hätte er gewusst, dass Sie ihn heute sprechen wollen, hätte er die Lungenentzündung natürlich erst morgen bekommen“, kann auch nach hinten losgehen.

 

…wenn es gar nicht anders geht, die Ausrede

Die letzte Rettung ist in dem Fall die Technik, oder besser gesagt, die nicht funktionierende Technik. Am Urlaubsort zum Beispiel muss man ja nicht unbedingt einen guten Handy-Empfang haben, hoch in den Bergen oder mitten am Strand. Zu dumm. Meine Münchner Freundin hat für diese Situationen folgende Taktik entwickelt und ruft lautstark in ihr Mobiltelefon:“ Hallo? Halloooooo???? Ich höre Sie nicht mehr. Huhu? Warum sagen Sie denn nichts mehr? Also ich hänge jetzt ein, rufen Sie mich doch nochmal an.“ Und stellt ihr Handy kurzerhand ab. Dann ist die böse böse Technik schuld, der unmanierliche Anrufer kalt gestellt – und die Form gewahrt.

 

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Alle Kommentare [1]

  1. Na ja, für solches Vorgehen gibt es immer zwei. Einer der macht und einer der machen lässt.

    Darüber hinaus kann man eine solche Kunden – Beraterbeziehung ruhig sausen lassen: Das kann nichts Gedeihliches werden. Wie immer im Leben: Eine gute Kunden – Beraterbeziehung beläuft sich wie die einer guten Ehe: Auf Respekt und Vertrauen.