Der lange Weg von der Vertraulichkeit zum Vertrauen – Gastbeitrag Frank Höselbarth

Frank Höselbarth kreierte den Höselbarth-Lay-Index für Unternehmensberatungen

Ein Plädoyer, Auszeichnungen auch mal anzunehmen – statt sich im Elfenbeinturm zu verschanzen

 Über seine Werte schreibt McKinsey: „Essenziell für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist die strengste Geheimhaltung von Klienteninformationen. Dieses Vertrauen langfristig zu sichern, ist Teil des Verhaltenskodexes, den alle Beraterinnen und Berater bei Eintritt in die Firma akzeptieren.“ „Preserve client confidences“, heißt es dazu in den internationalen Leitlinien der „Firma“. Übrigens habe ich Mckinsey hier nur beispielhaft gegriffen, stehen sie doch für die Zunft der Unternehmensberater – ähnlich wie „Tempo“ für Papiertaschentücher.

Das englische Wort „confidence“ ist in der deutschen Übersetzung unklar. Denn „Confidence“ bedeutet sowohl „Vertrauen“, als auch „vertrauliche Mitteilung“, „Geheimnis“. Die Übersetzung lässt also sowohl „Vertrauen“ als auch „Vertraulichkeit“ als Wortbedeutung zu.

 

Vertrauen oder doch Vertraulichkeit?

McKinsey scheint für die deutschsprachigen Länder bei seinen Wertevorstellungen der ersten Version zuzuneigen. Es wird von „Vertrauen“  und „vertrauensvoller Zusammenarbeit“ in den Leitlinien gesprochen. Der Passus über die „values“ der internationalen Organisation hat den folgenden Wortlaut: „Keep our client information confidential.“ Dieser Imperativ  der „Vertraulichkeit“ wird durch den Kommentar erklärt:  We don’t reveal sensitive information. We don’t promote our own good work.” „Confidence“ ist hier unmißverständlich „Vertraulichkeit“.

„Vertraulichkeit“ spielt für McKinsey eine, vielleicht sogar die tragende Rolle. Man könnte die weltweit führende Managementberatung geradezu mit dieser Eigenschaft eiserner Diskretion identifizieren: McKinsey ist Vertraulichkeit. In der hohen Wertschätzung dieses Wertes ist der Marktführer stilbildend für die gesamte Beratungs-Branche geworden. Vertraulichkeit beanspruchen in derselben Weise die anderen Managementberatungen, sie gilt  für Boston Consulting, Bain, Roland Berger Strategy Consultants, Monitor, Booz so wie alle professionellen Beratungen a la´ KPMG, PriceWaterhouseCoopers und Deloitte. Ein Berater, der indiskret wird, verliert seine Berechtigung, einen Klienten weiter beraten zu können. So weit, so gut.

Im Deutschen schwankt „Confidentialität“ semantisch zwischen „Vertrauen“ und „Vertraulichkeit“. Essenziell für eine Zusammenarbeit sei ein Vertrauen, das McKinsey an „strengste Geheimhaltung“ bindet. Vertrauen aber ist eine psychische Grunddisposition, während Vertraulichkeit eine Verhaltensregel darstellt. Es kollidieren zwei Ebenen, die unterschieden werden müssen wie „Wahrheit“ von „Wahrhaftigkeit“: Wahrheit drückt die Übereinstimmung mit einer Tatsache aus, während letztere ein bloßer Geltungsanspruch ist. Wer wahrhaftig ist, beansprucht der Wahrheit folgen zu wollen, ohne zu behaupten oder die Kriterien dafür zu kennen, mit der Wahrheit übereinzustimmen.

 

Eiserne Diskretion mit der Tendenz zur Paranoia

Vertraulichkeit definiert einen richtungsweisenden Verhaltenskodex mit klaren Sanktionen bei Regelverstößen. Vertrauen aber liegt auf einer tieferen, Vertraulichkeit noch begründenden Ebene. Die semantische Schwankung zwischen unterschiedlichen Bedeutungsfeldern ist typisch und fördert ein altes Problem in der Unternehmenskultur von McKinsey zutage. Die „Firma“ bindet Vertrauen an Geheimhaltung; ihr ist eine Tendenz zum Verschließen und mönchischem sich Verschließen intra muros inhärent. Die zugestandene und notwendige Vertraulichkeit gegenüber Klienteninformationen schlägt aber bei McKinsey häufig nicht in Vertrauen um, sondern kippt in Mißtrauen. Eiserne Diskretion, das auferlegte Gebot zur Geheimhaltung wird zur Grundhaltung mit der Tendenz, sie in Paranoia zu verwandeln.

 

Wer demgegenüber vertraut, öffnet sich. Vertrauen ist die gegenteilige Haltung zu einer  cocoonhaften, lichtscheuen Abschließung. Der Mangel an vertrauensvoller Öffnung war McKinsey kulturell schon immer eingeschrieben. Das Vermögen der Klienteninformationen lag bei McKinsey schon immer in guten Händen. Es lag dort sicher verschlossen wie in einem Tresor, strikt gehütet wie ein Schweizer Bankgeheimnis. Was aber, in diesem Bild gesprochen, wenn auf diesen Konten unrechtmäßig erworbenes Vermögen angelegt ist und Gelder an der Steuer vorbeikanalisiert werden sollen? Der Super-Gau für eine Firma, die auf strikte Diskretion gegründet ist, besteht darin, wenn durch Insider-Geschäfte ihrer Repräsentanten sogar dieser interne Code in der eigenen Organisation gebrochen wird.

 

Diskretion muss kein Verzicht auf Ehrung sein

Die Öffnung zu einem vertrauensvollem, nicht bloß vertraulichen Umgang mit Klienten und Mitarbeitern kann durch eine modernere Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeitet eingeleitet und sichtbar gemacht werden. Preise und Auszeichnungen entgegenzunehmen für hervorragende, abgeschlossene Arbeit widersprechen nicht notwendiger Diskretion. In Abstimmung mit dem Kunden ist die Prämierung exzellenter Resultate ein positives Signal. „We don’t promote our own good work” – mit dieser Bescheidenheit und Zurückhaltung ausdrückenden Geisteshaltung verbietet Marvin Bower, Mitbegründer von McKinsey & Company in New York, nicht die Kürung hervorragender Leistungen durch Dritte. Diskretion verbietet Marktschreiertum und Selbstpreisung, aber sie schließt nicht aus, in der Öffentlichkeit an die Stelle gerückt zu werden, die der Firma zusteht. The winner is … der Kunde.

 

Der Weg von der Vertraulichkeit zum Vertrauen ist noch lang für McKinsey & Company, die hier exemplarisch für Beratungen stehen soll. Für die Branche sind die dabei erreichten Meilensteine  aber richtungsweisend. Sie zerbrechen Misstrauen und das Vortäuschen von Scheinwissen. Transparenz ist wichtig. Das Ende einer falsch verstandenen Diskretion, die sich in offenen Beziehungen des Vertrauens einnistet, ist gekommen. Die Branche sollte sich von einem moralischen Waschzwang befreien. Wer einen ehrlich errungenen Preis annimmt, macht sich die Hände nicht schmutzig. Es wäre so wie bei Schweinsteiger, der dem Bundespräsidenten den Handschlag verweigert.

 

Frank Höselbarth

 

Unternehmensberater-Ranking von Frank Höselbarth und Jesuitenpater Rupert Lay: www.hoeselbarth-lay-index.com

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