Wenn schon Skandal dann richtig. Wie ungeschickte Unternehmen alles noch viel schlimmer machen.

Wenn das eigene Produkt in der Presse „Killer-Käse“ tituliert wird – wie gerade im Fall der österreichischen Molkerei Prolactal (Marke Reinhardshof) – ist das schon ein PR-Gau, der so schnell kaum ausgemerzt werden kann. 21 Käse-Esser sind noch in ärztlicher Behandlung, zwei  Deutsche und vier Österreicher verstarben, weil der Käse wohl bakterienversucht war. Wenn aber dann auch noch ein Labormitarbeiter aus der Deckung kommt und schwere Vorwürfe gegen die eigene Firma erhebt, dann wird es ganz heftig: Die hygienischen Zustände seien katastrophal, die verwendeten Enzyme seit Jahren abgelaufen und dies sei der Firma – meinte er die Firmenleitung? – auch durchaus bewusst gewesen. Selbst mit Beweis-Fotos konnte der Mitarbeiter offenbar aufwarten. http://www.bild.de/BILD/news/2010/03/11/killer-kaese/massive-anschuldigungen-gegen-hersteller.html

Und was passiert dann? Die Firma macht aus dem PR-Gau selbst den PR-Supergau: Sie bedroht den Mitarbeiter mit Geldstrafen, falls er mit seinem Wissen an die Öffentlichkeit geht und feuert ihn. Damit bringt sie den Mann so richtig gegen sich auf, Loyalität dürfte er nun gar nicht mehr empfinden und umso entspannter auspacken, was er so beobachtet hat. Oder haben will.

Und was ist das für ein Signal intern? Wenn ihr quatscht, geht es Euch genauso – Ihr fliegt. Angstmanagement ist die Devise – statt um Vetrauen und Symphatie zu werben. Denn dass auch die Mitarbeiter gefährdet gewesen sein sollen durch die mangelnde Hygiene, schrieb die österreichische Preese auch schon. Die Folge dürfte sein: Weitere Mitarbeiter sichern – vielleicht alleine schon aus Kollegialitätsgründen und weil sie als erwachsene Menschen nicht mit Angst geführt werden wollen – weitere Beweise und spielen diese der Polizei ebenfalls zu. Nur eben heimlich. Dann weiss die Firma nicht mal mehr, wer diejenigen sind.

Die Firmenlenker sollten vielleicht mal ein Schnupperpraktikum bei anderen Lebensmittelbetrieben wie dem Tiefkühlkost-Lieferanten Bofrost absolvieren und deren Krisen-PR analysieren: da bekommt ein Mitarbeiter, der am Telefon entsprechende Informationsanrufe von Kunden annimmt und gleich intern richtig weiterspielt, sogar für jeden einzelnen Vorfall eine Prämie – fürs Offenlegen, und nicht fürs Vertuschen.

Warum manche Unternehmen – fälschlicherweise – die Austern-PR-Taktik verfolgen, statt mit offenen Karten zu spielen: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/mittelstand_aktuell/die-geheimniskraemer;2040438

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Alle Kommentare [1]

  1. Der geschilderte Fall ist ein schlimmes und krasses Beispiel. Ich bin überzeugt, dass es eine Ausnahme darstellt und es davon auch immer wieder welche geben wird.

    Bei der überwiegenden Mehrheit der mittelständisch geprägten Unternehmen der Ernährungsindustrie liegt die Schwäche nicht in der Lebensmittelsicherheit an sich, sondern im kommunikativen Umgang mit diesem Thema. Hier überwiegt noch Flächen deckend eine Bunkermentalität.

    Dieser Umstand bietet dabei große Chancen. Das zeigt das Familienunternehmen Frosta. Es spricht viele sensible Themen, die von einem Hersteller nicht erwartet werden, von sich aus aktiv an. Ich empfehle, einmal den Blog des Unternehmens zu lesen oder ihm bei Twitter zu folgen.

    Zwei Beispiele: Der Marketingvorstand berichtet darüber, dass ein Produkt gefloppt ist. Wie bitte? Das passiert wirklich? Bitte Mehr davon.

    Weiter wird offen angesprochen, dass das Unternehmern Hühnerfleisch aus Thailand bezieht. Ruft das nicht alle Vegetarier, Tierschützer und sonstigen Aktivisten auf den Plan? Na und?

    In beiden Fällen zeigen die Kommentare, dass es Menschen gibt, die der Argumentation folgen können.

    Ich stehe in keiner Beziehung zu dem Unternehmen und konsumiere auch deren Produkte so gut wie nie. Was ich aber wahrnehme ist, dass es den Verbraucher (und damit auch mich) ernst nimmt.

    Ohne Not offen und ehrlich zu kommunizieren, hat noch Seltenheitswert. Ich bin mir aber sicher, dass es sich jetzt schon auszahlt und nicht erst wenn der Fall der Fälle eintritt.