Social-Business-Plattformen: 10.000 Mitarbeiter, die ihr Know-how mit Kollegen teilen. Oder: Wie Bayer Material Science seine Wissenssilos abschaffte (Gastbeitrag Willms Buhse)

Willms Buhse, Chef von DoubleYUU, über das erfolgreiche Wissensmanagement-Beispiel bei Bayer Material Science

Willms Buhse, Chef von DoubleYUU

Willms Buhse, Chef von DoubleYUU

Wissen ist Macht. Oder anders: Wer weiß, ist mächtig. Und wer viel weiß, was andere nicht wissen – und dieses Wissen in den richtigen Situationen geschickt einsetzt – wird wichtig für Unternehmen; macht sich unersetzlich.

Warum also Wissen teilen? Macht teilen? Macht abgeben? Wissen und damit Macht abgeben an andere, und sich damit ersetzlich machen?

Diese Fragen beantwortet das Beispiel Kurt de Ruwe: Er war bis Februar CIO bei der Bayer Material Science AG (BMS). Mittlerweile ist er CIO bei Philips Lighting. Kurt De Ruwe teilt sein Wissen. Dies ist gerade in Deutschland nicht selbstverständlich. Und nicht nur das. Kurt De Ruwe https://twitter.com/KurtDeRuwe hat das ganze Unternehmen BMS dazu gebracht, es ihm gleichzutun. Dafür ist er gerade mit dem Leader in the Digital Age Award ausgezeichnet worden. http://lidaaward.com/cebit-2013-netzwerker-weltveranderer-internetstars-internationale-vordenker-beim-leader-in-the-digital-age-award-2013-gekurt/

 

Echte Führungsqualität beweist, wer loslassen kann und die Kontrolliererei lässt

„Wissen zu teilen bedeutet für die Manager, dass sie loslassen müssen, nicht mehr kontrollieren dürfen, und das benötigt echte Führungsqualität. Es heißt, dass Führungskräfte zu wirklichen Vorbildern in der Organisation werden können und Kurt De Ruwe ist mit dem, was er für Bayer Material Science getan hat, so ein Vorbild. Er hat ein soziales Network dort vorgestellt und dadurch die gesamte Organisation in ein offeneres und innovativeres Unternehmen verwandelt“, sagte Cordelia Krooß, http://shakespdaughterwrites.wordpress.com , Senior Enterprise Community Managerin bei BASF, in ihrer Laudatio bei der Verleihung des LIDA Awards.  http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=3pU_OL1hzts

Ausgelöst wurde alles durch unnötige Doppelarbeiten, wie sie in großen Unternehmen des öfteren vorkommen. Verschiedene Teams an unterschiedlichen Standorten arbeiteten, ohne es zu wissen, am gleichen Thema. 50 Wissenschaftler schilderten im Jahr 2009 De Ruwe das Problem. Zu diesem Zeitpunkt fragte er sich zudem, wie er sicherstellen könnte, dass das Wissen der Fachleute, die in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen, an die folgende Mitarbeiter-Generation weitergegeben wird.

Die ersten Versuche, den Know-how-Transfer mit Hilfe von Wissensmanagement-Software und Datenbanken zu verbessern, schlugen allerdings fehl. Einen zweiten Versuch startete De Ruwe mit einer anderen Software – einer Plattform zur internen Vernetzung.

http://www.techgig.com/tech-news/editors-pick/IBM-Connections-IBM-s-smarter-connections-for-social-business-16863

 

So eine so genannte Social-Business-Software funktioniert wie ein soziales Netzwerk. Wissen wird nicht in Form von Dokumenten in einer Wissensmanagement-Datenbank gespeichert. Die Mitarbeiter schreiben in Profile, was sie bei der Arbeit bewegt, über welches Fachwissen sie verfügen und bei welchen Themen sie Ansprechpartner sein können. Außerdem kann man auf so einer Plattform sehen, wer an welchen Dokumenten arbeitet.

Wer Experten sucht, kann in so einem Netzwerk schnell erkennen, wer für eine Antwort in Frage kommt. Und wenn jemand die Frage eines Kollegen beantwortet, können alle Interessierten diesen Beitrag als kurze Nachricht mitlesen – ähnlich wie bei Facebook, nur dass die Interaktion im sicheren Unternehmensumfeld stattfindet. Auch Dokumente und Dateien können gemeinsam bearbeitet werden, so dass alle immer die aktuellste Version vor sich haben.

 

Wird ersetzbar, wer sein Wissen teilt?

Intuitiver als die Suche nach Einträgen in einer Datenbank ist so ein System zweifellos. Doch bevor die Mitarbeiter bereit waren, über die Plattform ihr Wissen zu teilen, musste Kurt De Ruwe noch eine weitere Hürde nehmen: Wie motiviert man Mitarbeiter, so eine Plattform tatsächlich zu benutzen? Denn auch die Mitarbeiter bei BMS hatten zunächst die Sorge, dass sie ersetzbar werden, wenn sie ihr Wissen teilen.

De Ruwe brachte sie trotzdem dazu, es zu tun: Zum einen war die Nutzung der Social-Business-Plattform freiwillig. Niemand musste mitmachen. Und es gab keine thematischen Vorgaben. Genau dieser offene Ansatz erwies sich als der richtige. „ Wenn man den Leuten ein Mal die richtige Plattform zur Verfügung stellt, geschieht Magie“, sagt De Ruwe. „Die Nutzer übernehmen das Ganze.“

 

Social-Business-Plattformen funktionieren nur, wenn der Chef selbst als erster mitmacht

Zum anderen ging De Ruwe selbst mit gutem Beispiel voran: „Wenn ihr möchtet, dass ich es weiß, dann postet es als Nachricht im Netzwerk, denn das lese ich definitiv“, erklärte er in einem Video für die Mitarbeiter. Der CIO war der erste, der sein Wissen teilte. Er bloggte und er las selbst in den Nachrichten-Strömen auf der Plattform. Er akzeptierte sie als verbindliche Informationsquelle. Zugleich brachte er auch weitere Mitglieder der Führungsetage dazu, offen und transparent  über das neue Netzwerk zu allen Seiten zu kommunizieren und über eigene Blogs ihr Wissen zu teilen.

Das Experiment entwickelte sich zum Selbstläufer. Dass viele Führungskräfte die Plattform nutzen, machte deutlich, dass das Management hinter ihr steht und das Engagement nicht als Zeitverschwendung einstuft. Außerdem fanden viele Experten tatsächlich schnell hilfreiche Antworten auf ihre Fragen. Die Plattform bewährte sich als nützliches Arbeitswerkzeug – und immer mehr Experten waren daraufhin selbst bereit, ihr Wissen zur Verfügung zu stellen. Innerhalb weniger Wochen stieg die Zahl der Nutzer von 50 auf 2000.

 

Erstrebenswerte Führungskultur: Nicht der ist der Dumme, der Wissen teilt

Mittlerweile arbeiten mehr als 10 000 Mitarbeiter mit der Social-Business-Plattform. Sie ist inzwischen weit mehr als nur ein Stück Technik, dass die Arbeit erleichtert. Sie hat sich zu einem Treiber für die Transformation der gesamten Organisation entwickelt. Mit Hilfe der Plattform entwickelt sich eine von Austausch und Veränderungswillen geprägte Firmenkultur, in der derjenige, der das Wissen teilt, klüger wird, statt am Ende der Dumme zu sein.

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