Unbeliebt zu sein, ist kein Qualitätskriterium für Chefs. Beliebtheit ist nicht zu unterschätzen, sagt Frank Dopheide im Gastbeitrag.

Sind unbeliebte CEOs erfolgreicher? Auf keinen Fall. Ihnen fehlt nämlich nicht die Sympathie, sondern Akzeptanz – ohne die es nicht geht. 

Gastbeitrag von Frank Dopheide, Gründer von Hman Unlimited, Ex-Chef der VHB Medien und Ex-Chef der Werbeagentur Grey

 

Frank Dopheide (Foto: C. Tödtmann)

Warum Warren Buffet zum Vorbild taugt und Elon Musk nicht

Wir sollten uns den Chefsessel als eine Art Druckpresse vorstellen. Stetig steigender Druck von allen Seiten mit der Gefahr, zwischen Profitsteigerung, Mitarbeiter- und Kundenerwartungen und politischer Wechselhaftigkeit zerrieben zu werden. Man muss willens sein, unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Die mittlere Amtszeit in den 500 größten amerikanischen Unternehmern beträgt 4,8 Jahre.

Unbeliebtheit als Zeichen von Durchsetzungskraft – der große Irrtum

Ein Fehlschluss. Ohne Menschen ist kein Geschäft zu machen. Wer Goodwill verliert, verliert Vertrauen, Mitarbeitende und Aktionäre. Warren Buffet gilt als der Beliebteste und Erfolgreichste und bringt es auf knapp 60 Jahre an der Unternehmensspitze. Die Person an der Spitze wirkt stabilisierend, motivierend oder toxisch, auf den Aktienkurs und das Gegenüber. Unbeliebtheit ist kein Zeichen fehlender Sympathie, sondern fehlender Akzeptanz. Da ist Vorsicht geboten. Das übrigens sind die vier wirkungsvollen Akzeptanz-Killer.

Eigennutz:. Chefs, die mit zweierlei Maß messen, verschätzen sich

Carly Fiorina wurde 1999 CEO von Hewlett-Packard (HP).  Die erste Frau an der Spitze eines Fortune-100-Unternehmens. Während Fiorinas Führung geriet das Unternehmen in ernsthafte Schwierigkeiten. 30.000 Mitarbeiter verloren ihren Job, 80.000 weitere stimmten Gehaltskürzungen zu. Allerdings verdreifachte Fiorinas ihr Gehalt in dieser Zeit und schaffte einen Privatjet an. Als das Board sie 2005 zum Rücktritt bewegte, stieg der Aktienkurs um knapp sieben Prozent. Ihre unternehmerisch wertvollste Entscheidung wurde, das Unternehmen zu verlassen.

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Aggressivität als Führungsstil schlägt zurück

Travis Kalanick sah sich von Feinden umzingelt. Er führte kein Unternehmen, sondern Krieg und plante mit Uber einen globalen Erorberungsfeldzug. Der CEO war nicht nur rücksichts- sondern auch gnadenlos im Umgang mit Menschen. Er zelebrierte toxische Männlichkeit und Mobbing. Die Bewertung des Unternehmens litt darunter. Vorwürfe sexueller Belästigung, Irreführung von Behörden und live gefilmte Wutanfälle bauten gewaltigen Gegenwind auf und fegten den Kalanick  2017 vom Chefsessel und 2019 aus dem Vorstand.

Verantwortungslosigkeit: Die Abrechnung kommt zum Schluss.

Bei Facebook ist Marc Zuckerberg schon seit der Gründung unbeliebt. „Man kann unethisch und trotzdem legal sein; so lebe ich mein Leben,“ sei Zuckerbergs Motto, erzählt ein Harvard-Kommilitone. Man ist versucht, es zu glauben. Ein ganzer Film („The Social Network“) handelt davon, wie er seinen Freunden die Geschäftsidee raubt. Business am Rande der Legalität. Zuckerberg ist ein oft gesehener Gast auf der Anklagebank: von der Verwendung der Facebook-Anmeldedaten für private E-Mails, über Hackerangriffe auf Wettbewerber, bis zum Zulassen von Falschinformationen bei den US Wahlen 2016 und 2020.

Zu den Auswirkungen seines Handelns reagiert er gleichgültig. Er beendete das Faktencheck-Programm bei Facebook und erklärte mit breiter Brust: „My apologizing days are over“. Donald Tump und Co. danken es ihm, die Werbeeinnahmen steigen und der Kurs auch. Doch Verantwortungslosigkeit führt auf lange Sicht bei Mitarbeitenden, Usern und Investoren zu Teilnahmelosigkeit. Unter der Börsenoberfläche schmilzt das Vertrauenskapital.

Selbstgefälligkeit als Vorstufe zur Selbstüberschätzung und zum Scheitern

How big can you dream?, lautet die Formel, die Investoren anzieht wie Motten das Licht. Elon Musks ist damit zum reichsten Menschen der Welt geworden. Nun will er sie regieren. Keine Bühne ist ihm groß genug, also baute er sich selbst eine und kaufte Twitter für 44 Mrd. Dollar. Er nutzt die Plattform und entwickelt eine neue Führungsmethodik: management by tweeting around. Das ist nicht ohne Risiko. 2018 verklagte ihn die SEC wegen eines irreführenden Tweets über die Privatisierung von Tesla, was ihn zum Rücktritt als Vorstandsvorsitzenden zwang, während er CEO blieb. Seine Kunden begannen aus Selbstschutz Aufkleber auf ihre Autos zu packen: „I bought this car before Elon went crazy“.

Musk hat Aufmerksamkeit gewonnen und Vertrauen verloren. Ob Probleme mit dem Autopiloten, sinkende Nachfrage, Preissenkungen, Rückrufe von Cybertrucks Musk hält mit großen Sprüchen dagegen. Der Gewinn ging im ersten Quartal um 71 Prozent zurück.

Unbeliebt zu sein, ist kein Qualitätskriterium – Beliebtheit ist nicht zu unterschätzen.

Goodwill ist ein Erfolgsfaktor, den Unternehmen mit einpreisen können. Die Person an der Spitze ist dafür der entscheidende Werttreiber. Also machen wir uns an die Arbeit. Oder wer im Urlaub ist, dem sei das Buch von Rudger Bregman empfohlen. „Im Grunde gut“. Da räumt er mit alten Vorurteilen auf und zeigt, die Menschheitsgeschichte war immer schon das Survival of the friendliest.Enjooy.

 

 

 

 

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