Erschöpfte Organisationen auf Speed: „Steigern Sie die Effizienz und bringen Sie die Organisation auf Trab!“
„Wenn neue, energiegeladene Chefs auf erschöpfte Organisationen treffen, ist das oft der Anfang vom Ende“, erzählt Frank Dopheide. Mit der Aufgabe, die Organisation auf Trab zu bringen und die Effizienz zu steigern, würden frische Führungskräfte in das Unternehmen geschickt. Sie sind bis in die Haarspitzen motiviert, haben den Kopf voller Ideen und keine Vorstellung von der Wirklichkeit, beobachtet es als Transformationsexperte und Gründer der Unternehmensberatung Human Unlimited.

Frank Dopheide (Foto: C. Tödtmann)
Dumm nur, dass sie schon der Fünfte sind, der als neuer Chef genau so und mit denselben Motivationssprüchen und Methoden die Mannschaft vor sich hertreibt, erzählt Dopheide.
Neue Chefs vor aufgeriebenen Mannschaften
Im Klartext, die Mannschaft ist längst aufgerieben, sie war es schon vor dem Antritt des fünften Heilsbringers. Die Organisation muss doppelte Arbeit leisten, sie muss den Laden auf Laufen halten und dem neuen Chef an Bord holen, so der Düsseldorfer. Sie braucht viel Zeit, um Präsentationen zu bauen und eine guten Eindruck zu machen, die dann für die anderen Projekte fehlt. Das Erste, was bekanntlich leidet, ist der gesunde Menschenverstand. Der neue Chef schraubt die Ziele utopisch hoch und habe die Mannschaft schon vom Start an verloren.
Es geht immer nur in Richtung mehr
Dopheide nennt das Phänomen „Die erschöpfte Organisation“. Die Aufgaben für die Mitarbeiter wurden in den vergangenen Jahren immer komplexer und umfassender, die Zahl der Leute für viel zu viel Arbeit aber immer weniger. Jeder von denen haben „zehn Themen auf dem Tisch, jedes mit Prioritätsstufe eins“, beschreibt er das Dilemma. Bei all den Restrukturierungen, Um- und Neu-Organisationen der vergangenen Jahre hätten die Entscheider vergessen, zu prüfen, welche Aufgaben die Belegschaft mal weglassen könnte. Es geht immer nur in Richtung mehr. Neue Aufgaben zu starten, ist leicht, – alte zu stoppen schwer“, erzählt der Rheinländer.
Arbeitsverdichtung Leistung verlangt Erholung.
Zeitliche, räumliche, emotionale Erschöpfung der Belegschaften sind längst die Folge, beobachtet Dopheide. Was Angestellten derzeit aber fehlt, ist etwas ganz Entscheidendes: Anpassungs- und Ruhephasen, erklärt Dopheide. Er vergleicht: Das sind die Zeiten, in denen auch Sportler zwischen ihren Einsätzen „sacken lassen und neue Kraft schöpfen müssen“, sagt Dopheide, der weiß, wovon er redet, weil er selbst an der Sporthochschule in Köln studiert hat. Zur Leistungssteigerung, muss man in den roten Bereich, aber der Effekt setzt erst in und durch die Ruhephase ein – andernfalls wird die Leistung nicht besser – sondern schlechter.
Nur Arbeitsverdichtung ohne Verarbeitungsphasen hält keiner aus
Diese Phasen seien unabdingbar. Auch für Menschen im Berufsleben. Ohne Luft-holen-Phasen gehe es nicht. Permanent mit Vollgas und voll Karacho fahren, muss einfach schief gehen. Doch die Managementpraktiken der vergangenen zehn, zwanzig Jahre haben dieses Naturgesetz ignoriert. Nur Effizienz und Arbeitsverdichtung war das Ziel. Von morgens bis abends ein Sprint nach dem anderen hält ohne Verarbeitungsphasen keiner aus, sagt Dopheide.
Wie es so weit kommen konnte? Die Topmanager seien völlig losgelöst vom Endprodukt, von Kunden wie von Mitarbeitern. Ihnen fehlt das Gespür für die Organisation, den Markt und die Menschen.
Dopheide als Video-Bot FranKI: Gefragt ist Persönliches
Kundenorientierung ist denn auch das Motiv, das Frank Dopheide zu einem Experiment verleitete – als persönlicher Video-Bot. Den fütterte er erst mit seinen Büchern, allen Podcasts und Kolumnen. Dann las er ihm fünf Text vor, erzählt er. Das Ergebnis: „Ich habe mich ein bisschen erschrocken vor meinem digitalen Ich“, erzählt er. „Der Bot bewegt sich so wie ich und noch schlimmer ist, er redet wie ich.“ Nur mit englischen Ausdrücke hapere es, denn die läse er den Hörern vor wie ein Navi im Auto.
Doch was die Kunden oder Interessierten dann im Feldversuch den Video-Bot FranKI fragten, überraschte den Düsseldorfer: Nicht etwa Expertenwissen über Purpose – das Spezial-Know-how seines Unternehmens – fragte die Leute ab, sondern Persönliches: Ob FranKI verheiratet ist? Wo er studiert hat? Wo er Urlaub macht? Die Neugier und der Blick hinter die Kulissen ist offensichtlich das Interessante.
Eigentlich alles Fragen, die sich bei Wikipedia & Co. klären ließen….
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