Warum lassen sich Topkanzleien nur von Männern repräsentieren? Und nicht mal einen Preis auf der Bühne für sie annehmen? Das fragt sich Andrea Panzer-Heemeier im Gastbeitrag

Gastbeitrag Andrea Panzer-Heemeier, Arbeitsrechtlerin und Managing Partnerin bei der Kanzlei Arqis und die 

Andrea Panzer-Heemeier (Foto: Arqis/PR)

Die Oskars der Anwaltsbranche wurden bei den Juve Awards in der Alten Oper in Frankfurt kürzlich verliehen und keine Frau nahm einen Preis für ihre nominierte Kanzlei oder ihr Unternehmen entgegen. Keine? Fast keine, nur White & Case ließ sich von Alexandra Diehl auf der Bühne repräsentieren. Damit betrug die Frauenquote bei denen, die den Preis entgegen nehmen durften, grade mal 5,6 Prozent.

 

Schon im vergangenen Jahr war der geringe Anteil der weiblichen Gäste ein großes Thema bei der anschließenden Party. Ausgelöst von der damaligen Moderatorin und Schauspielerin Anna Schudt, die sich über den geringen Anteil von Frauen wunderte. Es wurde sodann zwar verkündet, dass der Anteil der Frauen immerhin bei 27 Prozent läge. Ehrlicherweise ist aber auch das eine ziemlich geschönte Zahl, denn unter den Anwälten lag die Quote sicher weit niedriger. Ein Großteil der Frauen auf den Juve-Awards sind immer die Vertreterinnen der Sponsoren oder die Juve-Redakteurinnen.

 

In diesem Jahr war – zu unserer Freude – unsere Kanzlei Arqis wieder als Kanzlei des Jahres für Arbeitsrecht nominiert und wir fuhren mit vier Frauen und drei Männern zu den Juve Awards. Auf den ersten Blick wirkte auf mich dieses Mal der Anteil von Männern und Frauen ausgewogener als im Jahr zuvor. Dann kam die Preisverleihung. Für jede der 18 Kategorien sind fünf Teams nominiert. Jedes Team muss im Vorfeld die Person benennen, die gegebenenfalls den Preis entgegennehmen würde. Kategorie für Kategorie wurden die Sieger-Kanzleien und Unternehmen genannt. Die Vertreter der Preisträger gingen zur Bühne. Und damit nutze ich nicht das generische Maskulinum. Bei 18 Kategorien nahm genau eine einzige Frau (in Worten: Eine) den Preis entgegen. Judex non calculat, aber das sind 5,6 Prozent. Und das, liebe Kollegen Rechtsanwälte, ist wirklich beschämend.

Immerhin hat „Juve“ inzwischen informiert, dass insgesamt zwölf Prozent benannte Frauen – in Summe elf – gab, die im Fall der Ehrung ihrer Kanzlei zur Bühne hätten gehen dürfen – aber deren Kanzlei letztlich eben keinen Award gewann.

Dennoch zeichnet dies ein wirklich trauriges Bild der Wirtschaftskanzleien. Und alle Bemühungen und Programme der letzten Jahre haben wenig bewirkt. Ja, die Branche der Wirtschaftskanzleien ist Männer dominiert, ja, der Frauenanteil ist gering. Aber so gering nun auch wieder nicht. Wo sind die Kolleginnen? Nehmen sie sich zurück und überlassen den Männern den Vortritt auf der Bühne? Oder drängen sich die Männer dann doch vor, wenn es um den großen Auftritt in der Alten Oper, die Außenwirkung vor der Peer Group der Topanwälte geht?

 

Ich bin weiterhin kein Fan einer Frauenquote. Aber vielleicht, liebe Kollegen aus den Wirtschaftskanzleien, vielleicht benennt ihr das nächste Jahr mal eine Frau, um den Preis in der Alten Oper entgegen zu nehmen. Und vielleicht, liebe Kolleginnen, drängt ihr euch mal ein  bisschen mehr in den Vordergrund. Das würde unserer Branche in der Innen- und Außenwirkung mehr als gut anstehen.

 

Anm.: Der Text wurde ergänzt um die Zahl der Frauen, die auf die Bühne hätten gehen dürfen, wenn ihre Kanzlei einen Award gewonnen hätte.

 

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