Personalmangel im Unternehmen macht die Verbliebenen krank

Boni die mit Personalmangel enden

 

Parallelwelten allerorten. Die einen Angestellten fänden eine Vier-Tage-Woche klasse, die anderen reiben sich die Augen und wüssten nicht, wie sie die viele Arbeit in noch weniger Zeit schaffen sollen. Beziehungsweise wie viele – unregistrierte und auch nicht gutgeschriebene geschweige denn bezahlte – Überstunden es noch werden sollen. Weil sie ohnehin schon raffeln wie im Hamsterrad und arbeitsverdichtet sind ohne Ende. Weil immer mehr Leute links und rechts von ihnen vom Top-Management als einziger Unternehmensführungsstrategie `Sparen` entlassen und die dafür mit Boni belohnt wurden.

Die Zeche zahlen seit Jahren diejenigen Mitarbeiter, die auf dem Karussell blieben trotz all den Entlassungsrunden der vergangenen beiden Jahrzehnte – und sich immer fragten, ob es nicht für sie persönlich besser gewesen wäre, sie wären längst runter- beziehungsweise rausgeflogen.

 

Jetzt kommt noch hinzu, dass Unternehmen es nicht mehr schaffen, die freien Planstellen zu besetzen. Sei es, weil ihre Bedingungen allzu unattraktiv sind oder – was am Ende aus dasselbe Ergebnis hinausläuft – nur wenig Leute am Markt verfügbar sind. Weil diejenigen sich die Stellen aussuchen können – und andere Unternehmen offenbar attraktiver sind.

 

Facharbeitermangel ist heute das Schlagwort, das so verwendet wird, als sei es ein überraschendes Naturereignis. Was aber tatsächlich absehbar war und von den Verantwortlichen nur zu lange verdrängt statt angegangen wurde.

 

(Foto: C.Tödtmann)

 

Die Verbliebenen vernachlässigen, kann teuer zu stehen kommen

Den nächsten schwerwiegenden Fehler begehen Unternehmen jetzt, wenn sie nicht auf ihre verbliebenen Mitarbeiter achten. Damit wenigstens die an Bord bleiben und nicht für ein paar Euro mehr zu Mitbewerbern oder sonst wohin wegwechseln. Diejenigen, die funktionieren, ihren Laden am Laufen halten und dafür sorgen, dass sie keine neuen Aufträge ablehnen müssen und keine Vertragsstrafen riskieren, weil Projekte nicht rechtzeitig fertig werden und so weiter.

 

Zum Beispiel sollten sie auf deren Gesundheit achten, weil sie eben keine Schrauben, sondern Menschen sind. Und weil die Mitarbeiter wahrscheinlich irgendwann nicht mehr verzeihen, wenn wenn ihre Gesundheit leidet – und allein deshalb abwandern, um sich zu schützen.

 

 

Arbeit am Limit macht schlaflos und krank

Und hier kommen die Erkenntnisse des neuen DAK-Gesundheitsreports ins Spiel: Jeder zweite Angestellte (45 Prozent der Beschäftigten) erleben danach regelmäßig Personalmangel im eigenen Arbeitsbereich. Die Verbliebenen im Hamsterrad bei Betrieben mit Personalmangel sind oft oder sehr oft müde und erschöpft (54 Prozent). Rund ein Drittel (35 Prozent) hat nachts Schlafstörungen oder Beschwerden des Muskel-Skelett-Systems, wie Rückenschmerzen, und fast jeder Vierte (23 Prozent) leidet unter Kopfschmerzen.

 

Die DAK-Studie weiter: Die Befragten leiden unter starkem Termin- und Leistungsdruck, Überstunden und Arbeitstagen ohne Pausen. Dass sie in ihrer Freizeit oft nicht abschalten, auf Sport verzichten und keine Zeit für Hobbys, Familie und Freunde haben. „Stress und Druck einerseits sowie fehlende Erholung und Ausgleich andererseits beeinflussen die Gesundheit negativ“, so das Resümee der Studie.

Nur gut zehn Prozent müssen keinen Personalmangel rundherum ertragen

Den Normalzustand erleben nur wenige Arbeitnehmer: Nur 13 Prozent der Beschäftigten leiden nicht unter Personalmangel in ihren Abteilungen und Unternehmen.

 

Was absurd klingt, ist wohl deutsche Realität: Je größer die Personalnot, umso heftiger setzen sich Mitarbeiter für ihr Unternehmen ein – also umso loyaler sind sie. Obwohl das Gegenteil zu erwarten wäre. 70 Prozent der Beschäftigten in Organisationen mit regelmäßigem Personalmangel haben in den vergangenen zwölf Monaten gearbeitet, obwohl sie krank waren, gegenüber 41 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen ohne Personalmangel, laut DAK.

 

Der Teufelskreis, der alles verschlimmert: Pflichtbewusstsein ohne Ende

„Ein Teufelskreis“ nennt Volker Nürnberg, Partner beim Unternehmensberater BearingPoint und wissenschaftlicher Begleiter des DAK-Gesundheitsreports, diesen Mechanismus: „Hohe Fehlzeiten und Personalmangel bedingen einander und verstärken sich jeweils in den Effekten.“ Personalmangel führe wegen Stress und Belastungen zu mehr  Krankenstand, der wiederum den Personalmangel erhöht, weil krankgeschriebene Mitarbeitende ersetzt werden müssen. Das beträfe insbesondere auch psychische Erkrankungen.

Anmerkung zur Methode: Für den DAK-Report wurden die Daten von 2,4 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten ausgewertet und mehr als 7.000 Erwerbstätige befragt.

 

 

 

 

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