Unternehmen müssen sich die Krankmeldungen ihrer Leute jetzt selbst besorgen. Arbeitsrechtler Marcus Iske sagt, was kommt

Ab Januar 2023 müssen sich Arbeitgeber selbst um die Krankmeldungen ihrer Mitarbeiter kümmern. Dann gilt ein neues Gesetz zur elektronischen Krankmeldung mit neuen Pflichten für Unternehmen – und wieder einmal vielen neuen, ungeklärten praktischen Fragen. Arbeitsrechtler Marcus Iske von Fieldfisher sagt, was kommt.

 

Marcus Iske (Foto: C.Tödtmann)

 

Herr Iske, ab 1. Januar 2023 müssen sich Arbeitgeber selbst drum kümmern, wenn sie für kranke Mitarbeiter eine AU – also eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – haben wollen? Wo bisher der Arbeitnehmer einen gelben Schein vom Arzt besorgen und dem Arbeitgeber aushändigen musste? Nun sollen alle Beteiligten weniger Arbeit damit haben und stattdessen die Personalabteilung die Krankenkassen selbst kontaktieren?

Iske: Richtig, das neue Meldeverfahren zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wird für Arbeitgeber zur Pflicht, der gelbe Schein von früher hat sich – zumindest für gesetzlich Versicherte – erledigt. Bisher mussten kranke Mitarbeiter ihre Erkrankung dem Brötchengeber anzeigen und nachweisen. Nunmehr müssen sich Arbeitgeber selbst darum kümmern, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei den Krankenkassen abzurufen und die bisherige Vorlagepflicht einer AU durch den Angestellten fällt weg.

 

… und was ist mit Privatversicherten?

Für die bleibt erst mal alles beim Alten, die besorgen sich nach wie vor ihre Krankschreibung und müssen sie dem Unternehmen vorlegen. Der Grund ist, dass die Privatärzte in Deutschland noch nicht beteiligt sind an dem Verfahren, ebenso wenig wie Ärzte und Reha-Einrichtungen im Ausland.

 

Ist das den Unternehmen landauf landab klar?

Erstaunlicherweise haben viele Arbeitgeber das Thema noch gar nicht auf dem Schirm. Die meisten wissen es noch gar nicht und viele sind technisch auch nicht dafür ausgerüstet. Sie müssen ihre internen Prozesse und Musterarbeitsverträge noch an die neuen gesetzlichen Vorgaben anpassen. Gerade angesichts der Krankheitswelle in diesem Winter sollten sie dringend handeln, ansonsten sind Chaos und Frust auf allen Seiten programmiert. Wo das neue digitale Verfahren nicht funktioniert, da ist völlig ungeklärt, ob Arbeitnehmer immer noch den gelben Schein abliefern müssen oder ob der Arbeitgeber das verlangen darf.

 

Was für Probleme sehen Sie kommen?

Krankenkassen oder Ärzte könnten die eAU zu spät übermitteln, sie könnten sie an den falschen  Arbeitgeber schicken oder was ist bei technischen Störungen? Da ist alles an Pannen denkbar, das hat dann womöglich direkte Auswirkungen auf die Entgeltfortzahlung und dem Mitarbeiter wird zu Unrecht Lohn abgezogen. Zu all solchen Fällen sagt das Gesetz kein Wort, mit gehöriger Verzögerung landen solche Streitfälle dann wahrscheinlich bei den Gerichten, bis dahin ist alles ungeklärt. Rechtssicherheit und gute Gesetze sehen anders aus.

 

 

Lesehinweis: Die Startschwierigkeiten der EAU in der „Ärztezeitung“:

https://www.aerztezeitung.de/Nachrichten/Elektronische-Krankschreibung-laeuft-noch-nicht-ueberall-rund-436759.html?utm_term=2023-02-20&utm_source=2023-02-20-AEZ_NL_TELEGRAMM&utm_medium=email&tid=TIDP1858562X79B6EB815EF8408BB3BE4DFF27E5E6C8YI4&utm_campaign=AEZ_NL_TELEGRAMM&utm_content=Kassen%20und%20KBV%20beraten%20Energiekostenzuschl%C3%A4ge;%20[rundate]

 

 

Management-Blog jetzt unter den Top-Ten im Blogger-Relevanzindex 2022 – es gibt was zu feiern! Wer die Top-100 Blogs sind – hier die ganze Liste | Management-Blog (wiwo.de)

 

 

Copyright: @Claudia Tödtmann. Alle Rechte vorbehalten. 

Kontakt für Nutzungsrechte, um diesen Beitrag auf Ihre Seite zu stellen: claudia.toedtmann@wiwo.de

Alle inhaltlichen Rechte des Management-Blogs von Claudia Tödtmann liegen bei der Blog-Inhaberin. Jegliche Nutzung der Inhalte bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung.

Um den Lesefluss nicht zu behindern, wird in Management-Blog-Texten nur die männliche Form genannt, aber immer sind die weibliche und andere Formen gleichermaßen mit gemeint. 

Jetzt folgen:

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*