Buchauszug Anne Schüller: „Querdenker verzweifelt gesucht. Warum die Zukunft der Unternehmen in den Händen unkonventioneller Ideengeber liegt.“

Buchauszug  Anne Schüller: „Querdenker verzweifelt gesucht. Warum die Zukunft der Unternehmen in den Händen unkonventioneller Ideengeber liegt.“

 

Anne Schüller (Foto: Privat)

 

Wie man am besten mit Querdenkern umgeht

Zunächst ein Beispiel aus meinem Leben. Eingangs habe ich ja schon erwähnt, dass ich selbst eine Querdenkerin bin. Das ist meine Natur. Als Kind war ich ein Wildfang, und auch später immer viel unterwegs, auf physischer und mentaler Wanderschaft. In elf Ländern war ich in 14 verschiedenen Branchen tätig. Mitte der 90er-Jahre wurde ich Marketingdirektorin bei Accor Deutschland, heute würde man CMO (Chief Marketing Officer) dazu sagen. Unter anderem war ich zuständig für den Markenaufbau der Hotelmarke Ibis. André Witschi, der dann mein Chef wurde, hatte zwei Bedingungen bei der Bewerberauswahl: Es musste eine Frau sein – und sie durfte nicht aus der Branche kommen. Das fing ja schon mal gut an. »Du bekommst wenig Budget«, sagte er, »dann wird das kreativer.« Das war noch viel besser, sozusagen die Wildcard, sich was wirklich Verrücktes einfallen zu lassen.

 

Wir entwickelten eine Aktion, die für Furore sorgte, weit über die Branchengrenzen hinaus. »Zahlen Sie doch, was Sie wollen!« nannten wir sie. Eine Woche lang durften die Gäste selbst entscheiden, wie viel sie für eine Übernachtung bezahlen wollten. »Ihr ruiniert euch«, hieß es von den üblichen Bedenkenträgern, und: »Das machen die Hotels niemals mit«, und: »Ihr werdet mit Abmahnungen überschwemmt!« Was soll ich sagen, die Aktion wurde ein voller Erfolg. Die damals 42 Hotels machten begeistert mit, die allermeisten Gästen zahlten – in die Hotel- und in die Trinkgeldkasse. Weil zugleich viele neue Gäste kamen, hatten wir unter dem Strich ein Umsatzplus. Die Medien berichteten enthusiastisch. Bekanntheit und Sympathie stiegen beträchtlich. Und die Abmahnungen? Die kamen zu spät. Solche Aktionen machten wir damals jedes Jahr. Einmal spielten wir mit den Gästen »Prinzessin auf der Erbse«, ein andermal stellten wir in ganz Deutschland »die Betten auf die Straße«. Marketingpreise bekam ich auch. Hätte es damals schon die Social Networks gegeben, wäre viral die Post abgegangen.

 

Damit Aktionen wie diese gelingen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Vor allem braucht es Querdenkerakzeptanz. Wer seine Mitarbeiter für konformes Verhalten einstellt, führt und belohnt, darf sich nicht wundern, dass es in seinem Unternehmen keine Querdenker gibt. Die haben entweder aufgegeben, klein beigegeben oder das Unternehmen längst verlassen. Stehen dann Innovationen an, müssen Querdenker teuer zugekauft werden, weil es intern keine mehr gibt. Damit es gar nicht erst so weit kommt, sind Maßnahmen zu ergreifen,

 

 damit Querdenker kommen,

 damit Querdenker bleiben,

 wenn Querdenker gehen.

 

Demzufolge sind die einzelnen Etappen, die wir in diesem Kapitel betrachten,

 

 das querdenkerfreundliche Recruiting und Onboarding,

 das querdenkerfreundliche Handeln der Führungskräfte,

 das reputationsbewahrende Querdenker-Offboarding.

 

Hierbei muss es allen im Unternehmen gelingen, sich für Querdenker attraktiv zu machen und Querdenkerexpertise ganz gezielt zu entwickeln. Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Querdenkerakzeptanz wird vor allem für die Nachwuchsgeneration zu einem maßgeblichen Jobauswahlkriterium werden, um einem monotonen Arbeitsleben zu entfliehen. Die jungen High Potentials agieren weniger konform und weniger konkurrierend, dafür flexibler, vernetzter, autonomer und auch kreativer. Sie sind hervorragend ausgebildet und sehr selbstbewusst. Sie wollen sich nicht gängeln oder in ein Schema pressen lassen. Sie sind die Vorreiter des Neumachens und Andersgestaltens. Solche Denke gilt es zu gewinnen und zu erhalten, um im Wirtschaftsgeschehen der Zukunft eine maßgebliche Rolle zu spielen.

 

Mit Klonen kommt man in Zukunft nicht weit

Nachdem Querdenker für ein Unternehmen zunehmend wertvoll sind, ist es nur allzu logisch, im Rekrutierungsprozess gezielt nach ihnen zu suchen. Das erfordert zunächst ein Umdenken um 180 Grad. Bislang hat das HR im Einstellungsgespräch vor allem nach Bewerbern gesucht, »die gut zu uns passen«. Selbstverständlich muss der »Cultural Fit« der Neulinge gegeben sein, sie müssen mit der bestehenden Mannschaft harmonieren. Doch mit »Cultural Fit« meint man in Wirklichkeit oft Mitarbeiter, die vorhersehbar »funktionieren« und keine Probleme machen. Insofern stellt sich die Frage: Wie viel Querdenken kann und will Ihre Organisation denn wirklich verkraften?

 

Zwar gibt der Text einer Stellenanzeige gern vor, man suche explizit nach Kandidaten mit »frischem Denken« und »neuem Handeln«. Aber dann: Die Biografie braucht Geradlinigkeit. Aus Arbeitszeugnissen liest man heraus, wie sich jemand einfügen kann. Branchenerfahrung ist meistens ein Muss. Und überhaupt: So quer, so schräg, so unkonventionell, das dann bitte doch lieber nicht. Es könnte die betriebliche Ordnung stören. Da bleiben die Türen für nonkonforme Menschen zur Vorsicht verbarrikadiert.

 

»So manches Stelleninserat enthält kein Anforderungsprofil, sondern vielmehr regelrechte Anforderungskataloge mit gut und gerne einem Dutzend Kriterien. Wenig erfahrene Recruiter gehen in der Vorselektion auf Nummer sicher. Ein Unterbruch im Lebenslauf, ein Knick im Karriereweg? Habe ich dich erwischt, weg mit dir.« Das konstatiert der Personalmarketing-Experte Jörg Buckmann in einem Blogbeitrag und nennt darin auch gleich 13 Wege, wie man es besser machen kann. Unter anderem empfiehlt er eine »Kultur des Zurückruderns«, was bedeutet: »Sich bei Entscheidungen im Zweifelsfall bewusst für das Tun entscheiden und lieber zurückrudern, als es nicht versucht zu haben.« Buckmann ist selbst ein Querdenker, der als Personalleiter der Züricher Verkehrsbetriebe mit »frechmutigen« Stellenanzeigen und allerlei weiteren schrägen Aktionen für Furore sorgte.

 

Konformismus erzeugen auch die im Recruiting zunehmend eingesetzten Algorithmen. Diese selektieren, weil man sie mit entsprechendem Lernmaterial trainiert, Klone der Kandidaten, die in früheren Bewerbungsprozessen erfolgreich waren. Selbst digitale Könner wie Amazon sind davor nicht gefeit. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, wurde deren Algorithmus mit den Datensätzen eingestellter Bewerber gefüttert und sollte so lernen, welche Kriterien Amazon bevorzugt. In den zugrunde liegenden Jahren gingen aber vor allem Männer an Bord. So kam der Algorithmus zu dem falschen Schluss, dass Bewerbungen von Frauen schlechter zu bewerten seien.

 

Die besonderen Perlen, die, die den Unterschied machen und das nächste große Ding liefern könnten, die Andersmacher, die Zukunftsgestalter, die muss das Recruiting suchen und finden. Dazu werden nicht nur Querdenker, sondern zunehmend auch Quereinsteiger gebraucht. Ihre heterogenen Praxiserfahrungen, ihre diversen Fachkenntnisse und ihr spezifischer Bildungshintergrund verschaffen den Unternehmen eine breite Palette möglicher Vorgehensweisen. Sie beugen der Betriebsblindheit vor. Sie sorgen für Blutauffrischung und Überkreuzbefruchtung. Man kann sogar so weit gehen – und das ist wirklich quer –, Menschen mit interessanten Fähigkeiten einzustellen, ohne dass man bereits ein konkretes Aufgabenfeld für sie hat. Man bittet sie vielmehr, sich im Unternehmen ein solches zu suchen, um so ganz neue Impulse zu setzen.

 

Wer viele Jahre lang auf ähnliche Weise mit ähnlich gesinnten Kollegen im gleichen Unternehmen gearbeitet hat oder in der gleichen Branche tätig war, der kann sich kaum vorstellen, dass etwas anders gehen könnte als üblich. »So macht man das bei uns und in unserer Branche«, hat sich derart fest in den Kopf eingebrannt, dass unorthodoxe Einfälle einfach nicht auftauchen wollen. Außerdem stecken diese Menschen in der Kompetenzfalle fest: Ihre Fertigkeiten in dem, was sie schon ewig tun, sind so groß, dass sie bei neuen Vorgehensweisen zwangsläufig schlechter abschneiden würden. Deshalb behalten sie das Verhalten, das in der Vergangenheit zu Erfolgen führte, lieber weiterhin bei.

 

Jedoch haben unternehmerische Monokulturen im digitalen Sturm, so wie die Monokulturen in unseren Wäldern, nicht den Hauch einer Chance. Beim erstbesten Orkan sind sie Kleinholz. Ein gesunder Mischwald steht das besser durch. Machen wir es wie Mutter Natur. Sie produziert nicht das immer wieder Gleiche durch Klonung, sondern Neues durch Paarung. Die Durchmischung von eigenem mit fremdem Erbmaterial führt nämlich dazu, dass robustere Nachkommen entstehen. Genetische Vielfalt ermöglicht es einer Spezies, sich an wandelnde Umstände besser anzupassen.

 

 

Wie Personaler Querdenker systematisch anlocken können

Um Rekrutierungsprozesse unter die Lupe zu nehmen und zu modernisieren, sind Querdenker geradezu prädestiniert. Dazu können sie, gemeinsam mit engagierten Kollegen, prototypische Candidate-Journeys für die Bewerbungsphase und darüber hinaus Onboarding-Journeys für das An-Bord-Holen der neuen Mitarbeiter entwickeln. Hierbei wird aus dem Blickwickel einer Bewerberpersona, also eines prototypischen Bewerbers, durchleuchtet und sichtbar gemacht, wo und wie er / sie sucht, was er / sie erwartet, welche Erfahrungen er / sie während des Bewerbungs- und Onboarding-Prozesses machen möchte, welche Erlebnisse er / sie tatsächlich hat und wie seine / ihre Reaktion darauf ist. So können Hürden abgebaut, unpassende Vorgehensweisen entsorgt und erfolgversprechendere Maßnahmen angewandt werden.

 

Meist ist es ein Mix aus positiven Erfahrungen an mehreren Interaktionspunkten, der zur Zusage und schließlich zum Bleiben eines Bewerbers führt. Bei jedem Recruiting ist eine grundlegende Entscheidung also die, auf welche Maßnahmen man sich konzentrieren soll, welche sich neu kombinieren lassen, welche vernachlässigt werden können, welche gestrichen werden müssen und welche womöglich noch fehlen.

 

Hierzu werden sowohl die faktischen als auch die emotionalen Erlebnisse, die ein Bewerber an einem Interaktionspunkt hat oder haben könnte, beleuchtet. Die wichtigsten Ein- und Ausstiegspunkte während einer Journey werden ermittelt und angepasst. Vorhandene Interaktionspunkte, auch Touchpoints genannt, werden optimiert und veraltete ausgemerzt, um zugleich den Erfolg zu steigern und Kosten zu sparen.

 

Ursprünglich stammt dieses Konzept aus dem Marketing. Dort betrachtet man Customer-Journeys, also den Weg eines Kunden vom ersten Gewahrwerden über die Informations-, Kauf- und Nutzungsphase bis zum möglichen Weiterempfehlen. Wer die Spitzengruppe der Leistungsträger für sich gewinnen will, kann den Kollegen auf der Kundenseite öfter mal über die Schulter schauen – was auch eine Art Querdenken ist.

 

Personaler müssen das Verkaufen lernen, damit sie im Arbeitgeber- Attraktivitätswettbewerb um die besten Talente bestehen können. Marketingähnliche Recruiting-Kreativität ist dabei zunehmend gefragt, damit sich die Bewerber tatsächlich umworben fühlen. Mit gewöhnlichen Recruiting-Methoden kann man keine außergewöhnlichen Kandidaten finden. Zudem korrelieren viele Facetten: Wo es den Mitarbeitern mies geht, da haben auch die Kunden nicht viel zu lachen. Herrscht schlechte Stimmung, wird selten eine gute Dienstleistung daraus.

 

Insofern muss nicht nur der Rekrutierungsprozess, sondern die komplette »Reise« des Mitarbeiters durch das Unternehmen beleuchtet werden – aus Sicht des Mitarbeiters. Von Employee-Journey spricht man in diesem Fall. In meinem Buch Das Touchpoint-Unternehmen. Mitarbeiterführung in unserer neuen Business Welt steht detailliert, wie das geht. Es wurde übrigens zum Managementbuch des Jahres gekürt.

 

So texten Sie querdenkerfreundliche Stellenanzeigen

In vielen Stellenanzeigen ist zu lesen, dass man Querdenker sucht. Das sieht dynamisch und fortschrittlich aus. Doch sind Sie bereit dafür, dass nun tatsächlich ein Querdenker andockt? Wie gehen vor allem die Führungskräfte mit so jemandem um? Bevor Sie also nach Querdenkern Ausschau halten und sich hinterher lächerlich machen, weil die Realität eine ganz andere ist, hier gleich ein Tipp: Machen Sie zunächst eine anonyme Kurzumfrage unter den Mitarbeitern, um festzustellen, ob Querdenker bei Ihnen wirklich erwünscht und willkommen sind. Unter uns: Sie werden sich wahrscheinlich wundern, was Sie so alles zu hören bekommen.

 

Können Sie sich guten Gewissens entscheiden, explizit nach Querdenkern zu suchen, schreibt man das freilich nicht so: »Wir suchen Querdenker (m/w/d), die das und das können und bei uns das und das machen sollen.« In dem Fall bekommen Sie in den Bewerbungsschreiben dann genau das als Echo: »Ich bin Querdenker, kann das und das und würde mich freuen, bei Ihnen das und das tun zu dürfen.«

 

Wer pfiffige Leute will, muss seinen Suchprozess pfiffig gestalten. Und wer sich für einen Querdenker hält, der sollte das auch beweisen müssen. Die Digitalagentur Comgate formulierte ihre Stellenanzeige deshalb so: »Bist du ein*e HR-Querdenker*in? Dann passt du vielleicht gut in unser People & Culture Team. Schreib uns gerne deine Bewerbung in Form einer Stellenausschreibung.« 24 Bewerbungen gingen ein, die Stelle wurde gleich doppelt besetzt.

 

 

Die Kandidaten mitarbeiten lassen

Im Rahmen eines Bewerbungsgesprächs kann man einen Kandidaten auch bereits an der Verbesserung von internen Abläufen mitarbeiten lassen. Das klingt dann etwa so:

 

 »Wenn wir uns füreinander entscheiden, wie wollten Sie am liebsten eingearbeitet werden?«

 »Haben Sie bereits eine Idee oder Vorgehensweise, die Sie bei uns gern einbringen wollten?«

 »Wenn es das und das Problem in Ihrem möglichen Job bei uns gäbe, wie gingen Sie das an?«

 »Was sind Ihres Erachtens die wichtigsten Trends in unserer Branche? Und was wird verschwinden?«

 

Geben Sie dem Bewerber Zeit, eine passende Antwort zu finden. Auf solche Fragen ist er nicht vorbereitet. Wer was draufhat, wird die Möglichkeit nutzen, nun zu glänzen und sich von seiner besten Seite zu zeigen. Und Sie verdeutlichen so, dass Sie an querem Gedankengut echt interessiert sind – und nicht am üblichen Trott. Selbst dann, wenn es zu keiner Einstellung kommt, haben Sie ein paar interessante Ideen hinzugewonnen.

 

Originelle Recruiting-Aktionen ziehen Querdenker magisch an. Am besten funktioniert das mit Guerilla-Recruiting, das ursprünglich aus dem Marketing stammt. Solche Operationen zeichnen sich durch den Überraschungseffekt und eine clevere Taktik aus. Gut gemachte Guerilla- Aktionen sind im wahrsten Sinne des Wortes einmalig, sie sind mutig, frech und unkonventionell. Sie kommen wie aus dem Nichts. Sie polarisieren und bringen sich so ins Gespräch. Man mag sie oder man mag sie nicht, aber man redet darüber. Zum Beispiel suchte eine Schweizer Security-Firma Mitarbeiter mit ähnlichen Qualifikationen wie das Personal an den Flughafen-Sicherheitskontrollen. Sie gab ihren Geschäftsreisenden Metallplatten fürs Handgepäck mit, in die Sprüche eingeprägt waren wie: »Gelangweilt? Bewerben Sie sich bei uns.« Beim Durchleuchten wurden sie sichtbar. Das sprach sich wie ein Lauffeuer herum und brachte den gewünschten Erfolg.

 

Recruiting-Kreativität kann in vielerlei Richtungen gehen. Als Siemens vor einiger Zeit Signaltechniker suchte, blieben herkömmliche Aktionen erfolglos. Erst als man überlegte, wofür sich mögliche Kandidaten privat interessieren, ergab sich die Lösung: Sie inserierten auf einem Blog über Modelleisenbahnen. Schnell war die Stelle besetzt.

 

Den Start so konzipieren, dass gute Querdenker gerne bleiben

Ein vielversprechender Bewerber wurde gewonnen. Er erscheint auch tatsächlich am ersten Arbeitstag. Und was passiert? Sogleich wird er mit den »richtigen« Verhaltensweisen vertraut gemacht. »Die Anforderungen, die ihr an uns junge Leute stellt, sind ganz enorm: ein abgeschlossenes Studium, beste Noten, Auslandserfahrung, ein breites Wissen, Kreativpotenzial. Sind wir dann bei euch, werden wir als Erstes zurechtgestutzt und sollen uns an haarklein vorgeschriebene Abläufe halten, die aber nur auf dem Papier gut funktionieren.« So las bei einer Konferenz eine junge Teilnehmerin den anwesenden HR- Leitern die Leviten. Und ein Leser schreibt mir per Mail: »Mein Chef hat bei der Stellenausschreibung gesagt, er brauche Querdenker. Tja, komischerweise wurde der neue Querdenker aber gleich unbequem, weil er querdachte und seine Meinung gesagt hat.«

 

Viele Toptalente sind bereits nach den ersten Arbeitstagen dermaßen frustriert, dass sie das Unternehmen am liebsten sofort wieder verlassen. Solche Frühfluktuation muss unbedingt eingedämmt werden, da sie erhebliche Kosten verursacht. Doch die Firmeninternen bekommen die wahren Gründe dafür meist gar nicht mit, weil es für sie völlig normal ist, die Neuen einzunorden. »Man muss den jungen Leuten erst mal den Willen brechen, damit sie hier überhaupt funktionieren«, erklärte mir vor Jahren der Starkoch eines Edelrestaurants. Heute kann sich eine solche Einstellung niemand mehr leisten, weil es kaum noch jemanden gibt, der das mit sich machen lässt.

 

Natürlich braucht es für den Neuankömmling einen Integrationsprozess, doch gerade am Anfang auch bereits Spielraum, um Eigeninitiative zu zeigen. Querdenker sollten sogar intensiv ermutigt werden, ihren noch unverstellten Blick konstruktiv einzusetzen. Was Neue stattdessen lernen: bloß nicht anecken, in keine Minen treten, die Verhaltensregeln beachten, »die bei uns hier so gelten«, damit man die Probezeit gut übersteht. So fädeln sich die allermeisten unreflektiert in die vorgefundene mehr oder weniger stark ritualisierte Betriebskultur ein. Um stattdessen den Neueinsteigereffekt zu nutzen, könnte man es zur Bedingung machen, dass ein Mitarbeiter, der die Probezeit bestehen will, in den ersten sechs Monaten eine eigene Initiative beziehungsweise einen Verbesserungsvorstoß gestartet haben muss, der idealerweise schon Erfolge zeigt.

 

Leider geht nach der Probezeit die Anpasserei oft erst so richtig los. Im Rahmen einer standardisierten Personalentwicklung werden den Mitarbeitern Trainings verordnet und Weiterbildungsprogramme übergestülpt, die sie auf feste Aufgaben und vorgezeichnete Karrierewege vorbereiten. Doch das antiquierte Karriereverständnis vom hierarchischen Aufstieg, bei dem man Mitarbeiter »unter sich hat«, ist längst im Wandel. Zudem braucht es heutzutage individualisiertes Just-in-time-Wissen, weil alles immer schneller veraltet. Hingegen erzeugt genormtes Vorratslernen Klone, die ähnlich denken, ticken und handeln. Zu Zeiten der industriellen Massenproduktion war solch eine »homosoziale Reproduktion« vielleicht richtig. Heute liegt man damit voll daneben. Vorsprung entsteht nicht durch mehr vom Gleichen, sondern durch Anderssein und Innovation.

 

Auch bei Beförderungen finden wir das Phänomen der homosozialen Reproduktion. Außenseiter kommen nur selten zum Zug. Führungskräfte unterstützen vor allem den Nachwuchs vom gleichen Schlag, das ist durch zahlreiche Untersuchungen belegt. Sich in dem anderen wiederzuerkennen, spielt dabei eine große Rolle. Von Ähnlichkeit fühlen wir uns angezogen, denn Ähnlichkeit sorgt für Vertrautheit – und bestätigt uns in unseren Werten. Das Fremde hingegen stellt vermeintlich eine Bedrohung dar, wodurch es auf Ablehnung stößt oder eine Abwehrhaltung hervorruft. Wie treffend sprechen wir bei Menschen, die wir nicht kennen, von »Wildfremden«. Hingegen sorgen schon geringfügige Übereinstimmungen für Hinwendung und Sympathie. So fördert das berühmt-berüchtigte Bauchgefühl im Mitarbeiterauswahlprozess, auf das sich viele so gern berufen, vor allem den Konformismus. Es favorisiert zudem die Regel und nicht die Ausnahme.

 

Wie starke Leader ein Querdenkerklima erschaffen

»Ich hab das hier in meiner Abteilung alles ordentlich durchorganisiert. Das lass ich mir doch von so einem Querdenker nicht durcheinanderbringen«, sagte mir neulich einer. Er war weisungsbefugt, und das zeigte er gern. Situativ mal was besser machen, okay, doch an eingeschleiften Prozessen rütteln oder Strukturen infrage stellen, das ging für ihn gar nicht. Klar, aus Betroffenen Beteiligte machen, gähn, ein uralter Hut. Dennoch wurden in seiner Firma Vorgaben aller Art durch eine elitäre Führungscrew entschieden, dann wasserfallartig zum Mittelmanagement durchgereicht (»Sorgen Sie dafür, dass das genau so umgesetzt wird!«) und von dort zu den Mitarbeitern herabdiktiert. »Oben wird gedacht, unten wird gemacht«, war die Parole. Als Führungskraft wurde er dafür bezahlt, dass seine Leute spuren. »Haben Sie Ihre Mitarbeiter nicht im Griff?« Das wollte er sich ganz sicher nicht fragen lassen.

 

Dabei haben Untersuchungen immer wieder gezeigt, dass die Innovationskraft zunimmt, wenn man seine Mitarbeiter nicht gängelt. Eine Studie von Anne Cummings und Greg Oldham mit Beschäftigten in einem Produktionsbetrieb verglich diejenigen, die kontrollierende Vorgesetzte hatten, mit denen, bei denen das nicht der Fall war. Die Forscher fanden heraus, dass vor allem Mitarbeiter mit komplexen Stellenanforderungen erheblich mehr neue und nützliche Vorschläge machten, wenn sie nicht-kontrollierende Vorgesetzte hatten. Die Innovationskraft stieg auch, wenn die Mitarbeiter ohne ausdrückliche Ermächtigung handeln konnten, wenn sie nicht ständig berichten mussten und wenn sie sich über die Meinung ihrer Chefs hinwegsetzen konnten.

 

Logisch: Wer Profi in seinem Fach ist, der weiß einfach mehr über eine Sache als die Entscheider weit weg von Schuss. Guten Querdenkern kann man also nur raten: Lieber um Verzeihung als um Erlaubnis bitten. Das bestätigt auch Digital Transformation Manager Harald Schirmer: »In den letzten Jahren sind mir so viele Menschen – aus verschiedensten Branchen – begegnet, die beim Um-Erlaubnis-Fragen so demotiviert wurden, dass sie keine Ideen mehr vorschlugen.«

 

Das Aufbrechen veralteter Normen und die Entdeckungsreise ins Neuland, genau das beherrschen Querdenker gut. Führungskräfte stehen, das ist systemimmanent, wie wir schon sahen, einem innovativen Klima allerdings eher im Weg, anstatt es zu fördern. »Übergehen Sie Ihren Chef« ist bisweilen schon fast ein notwendiges Muss. Allein hierdurch lassen sich viele kleine Innovationen erzielen, die den Arbeitsalltag aller erleichtern und, wer weiß, den Kunden richtig viel Freude machen.

 

 

Anne Schüller: „Querdenker verzweifelt gesucht. Warum die Zukunft der Unternehmen in den Händen unkonventioneller Ideengeber liegt.“ – 240 Seiten, 29,90 Euro, Gabal Verlag https://www.gabal-verlag.de/buch/querdenker_verzweifelt_gesucht/9783869369983

 

 

Als vor Jahren enthusiastische Entwickler bei Atari begannen, Videospiele zu konzipieren, war die Weisung aus der Chefetage deutlich und klar: »Es gibt keinen Markt für diese Spiele. Atari ist nicht daran interessiert, Spiele für Computer zu produzieren.« Einem der Softwareingenieure, der an Star Raiders arbeiten wollte, sagte ein Spitzenmanager: »Ein

Spiel, bei dem man im Weltraum herumfliegt und andere Raumschiffe abschießt? Das ist die dümmste Idee, die uns je untergekommen ist. Schreiben Sie das Projekt ab!« Star Raiders ist nur deshalb fertiggeworden, weil der Entwickler vorgab, sich um die regulären Atari-Programme zu kümmern. Das Spiel wurde zu einem Verkaufsschlager, gilt als Klassiker der Videospielgeschichte und wurde von der Stanford University zu einem der zehn wichtigsten Computerspiele aller Zeiten gekürt.

 

Führen heißt unbedingt, andere Denkweisen und Ideen als die eigenen zuzulassen. Dabei zählt die kritische Selbstreflexion zu den wichtigsten Eigenschaften eines starken Leaders. So manches Führungsproblem könnte vermieden werden, würde man öfter den eigenen Anteil an dem, was passiert, in den Fokus rücken. Etwa so:

 

 Zeigen sich meine Mitarbeiter initiativlos, weil ich so bestimmend bin?

 Sind sie deshalb so ruhig, weil ich ihre Meinung nicht gelten lasse?

 Kommen keine Ideen von ihnen, weil ich immer alles besser weiß?

 

Wer Veränderungen will, braucht ein passendes Umfeld, damit Querdenker sich eingeladen fühlen, Neues zu wagen. Diese Fragen helfen:

 

 Kann ich mit Andersartigkeit umgehen? Und wie zeige ich das?

 Welchen Spielraum gebe ich, damit Querdenker sich manifestieren können?

 Kann ich Vorstöße akzeptieren, die mir persönlich nicht gefallen?

 

In einem Fall hatte eine Führungskraft von einem Mitarbeiter eine kritische E-Mail erhalten. Darin wurde ihr vorgeworfen, dass sie im Rahmen eines Meetings eine sehr wertvolle Idee einfach abgewürgt hatte. Die Führungskraft schickte diese Mail an alle Mitarbeiter, um zu zeigen, dass sie erstens einen Fehler gemacht hatte, dass sie zweitens kritikfähig war und drittens fortan mit wertvollem Input besser umgehen wollte.

 

Der Unterschied zwischen starken und schwachen Leadern

Querdenkern den Mund verbieten? So sehen die Reaktionen schwacher Chefs aus, die Angst um ihren Status haben und andere deklassieren müssen, damit ihre eigene Kleinheit nicht so auffällt. Wer seine Mitarbeiter kleinmacht, wird von ihnen keine großen Leistungen bekommen. Und wer sie nicht zum Mitdenken bringt, wird feststellen, dass in seinem Bereich bald nichts Bedeutendes mehr geschieht.

 

 Starke Leader wissen, wie wichtig neues Denken und Handeln ist, um die Zukunft erreichen zu können. Sie geben keine Direktiven vor, sondern unterstützen autonome Entscheidungen in ihren Teams. Spielfelder des Experimentierens sind in ihrem Umfeld völlig normal. So sorgen sie für einen Nährboden stetigen Wandels und erzeugen Biotope für unkonventionelle Ideen. Neuesprobierern zollen sie Anerkennung. Querdenkenden wird Wertschätzung entgegengebracht. Wagemut wird belohnt. So beflügeln sie ihre Mitarbeiter zu immer neuen Heldentaten.

 

 Schwache Leader beharren auf vermeintlich Bewährtem. Regeln und Normen geben ihnen einen Sicherheitsrahmen. Neue Wege bedeuten für sie nicht Chance, sondern Gefahr. Zudem haben sie Angst vor der Demaskierung. Deshalb nutzen sie die ihnen zugewiesenen Befugnisse für Command & Control. Sie hüten Wissen, denn das gibt ihnen Macht. Auf ihre Entscheidungen muss man lange warten. Sie erzeugen ein Umfeld von Unlust und Mittelmaß. Querdenker stellen für sie ein Risiko dar. Sie verweigern ihnen Entfaltungsräume und neigen dazu, sie fertigzumachen.

 

Mit Verlaub: Wer nur Anweisungen gibt und kontrolliert, darf sich gar nicht Führungskraft nennen. Denn für das Austeilen von Befehlen und das Belohnen und Bestrafen nach dem Zuckerbrot-und-Peitsche- Prinzip braucht es keine Führungsexpertise. So was kann jeder. Einige Obere glauben auch immer noch, sie müssten alles selbst wissen, alles selber können und ihren Leuten sagen, wie die Dinge zu laufen haben. »Edelsachbearbeiter« werden sie gerne genannt. Mikromanagement ist ihr Markenzeichen. Sie können sich schlecht auf andere Sichtweisen einlassen. Selbst die genialsten Ideen werden sie niedertrampeln, wo es nur geht. Und in Wahrheit? In Wahrheit hat ihr Ego vor allem Sorge um Machtverlust – oder Angst vor dem Zeigen von Schwäche. So wird munter angewiesen statt involviert und delegiert.

 

Starke Leader hingegen wissen – in Abwandlung eines Zitats von Goethe – ganz genau: »Zwei Dinge sollen Mitarbeiter von ihren Führungskräften bekommen: Wurzeln und Flügel.« Starke Leader stecken somit ein Spielfeld ab, in dem Handlungsoptionen für großartige Ideen und hohe Performance entstehen können. Sie öffnen Türen, entfernen Hürden und machen die Bahn frei, damit die Leute lossprinten können. Hie und da stellen sie auch ein paar Leitplanken auf, damit niemand in den Abgrund gerät. Und bisweilen braucht es auf unebener Strecke ein Handgeländer. Insgesamt sind die Spielfelder nicht zu groß, aber auch nicht zu klein, abhängig von Aufgabe und Mitarbeitertypologie. Wenige Spielregeln bestimmen, was geht und was nicht.

 

Starke Leader erleben die Perspektiven anderer als bereichernd und ihre eigene Meinung als eine von vielen Möglichkeiten. Ihnen ist zudem sonnenklar: Selbstorganisation lässt Menschen reifen. Eigenverantwortung macht sie selbstbewusst. Entscheidungskompetenz macht sie stark. Reflexionsfähigkeit macht sie kritisch. Selbstinitialisierte Weiterentwicklung macht sie anspruchsvoll. Solche Mitarbeiter verlangen von einer Führungsperson vor allem Sozialkompetenz. Hierfür kommen ausschließlich Menschenspezialisten infrage. So stehen bei starken Leadern nicht Vorgaben, Forderungen und Kontrollaktionen im Vordergrund, sondern das Befähigen, Einladen und Bitten. Statt ihre Mitarbeiter zum Rapport antanzen und berichten zu lassen, stellen sie ermunternde Fragen:

 

 »Woran arbeiten Sie und wie geht es voran?«

 »Gibt es Blockaden und wie kann ich helfen?«

 »Gibt es noch etwas, was Ihnen am Herzen liegt?«

 

Das Nachhaken ist wichtig, denn oft werden erst im zweiten Anlauf die wahren Anforderungen, Anliegen und Wünsche offengelegt. In meinem Buch Das Touchpoint-Unternehmen habe ich sehr viel zum Thema Führung und zeitgemäße Mitarbeiterkommunikation geschrieben. Dort finden Sie auch eine Fülle praxisorientierter Tools und Tipps. Im Folgenden wollen wir uns nur mit solchen Aspekten befassen, die speziell für das Führen von Querdenkern wichtig sind.

 

Können Sie Querdenker führen?

Ein kleiner Test

Der Chef als Ansager und Aufpasser? Für Querdenker nicht akzeptabel. Sie wollen, dass Informationen offen zugänglich sind und geteilt werden können, damit alle daraus schöpfen. Sie stehen für Autonomie und Gestaltungsfreiheit, für Gleichrangigkeit und Selbstwirksamkeit. Bevormundungsmodelle und starre Regelkorsetts kommen für sie nicht in Betracht. Ihnen geht es vor allem um spannende Aufgaben, experimentelle Freiheit und bereichernde Erfahrungen, an denen sie eigeninitiativ mitwirken können.

 

Dazu brauchen sie besonders viel Raum, und zwar Denkraum und Spielraum. Machen lassen heißt: Entscheidungs- und Wahlfreiheit über den Weg zu den vereinbarten Zielen geben. Die Führungskraft kann den Mitarbeiter ein Stück des Wegs begleiten, kann ein paar Tipps geben, wie man die eine oder andere Abkürzung findet. Und vor »Ungeheuern« im tiefen Wald muss sie natürlich warnen. Sie kann die Leute auch trainieren. Danach stellt sie sich wie ein guter Fußballtrainer an den Spielfeldrand. Als Führungskraft ist man nicht dazu da, alle Entscheidungen selbst zu treffen. Das ist, als ob der Trainer die Elfmeter schießen müsste. Ein Profispieler kann das viel besser.

 

Ein kleiner Test verrät Ihnen, ob Sie Querdenker führen können. Ergänzen Sie ihn gern mit Fragen, die Ihnen wichtig sind. Auch hier bietet sich wieder eine Selbstbild-Fremdbild-Analyse an. Bei den beiden anderen Tests haben wir ja schon gesehen, wie schnell sich die Eigenwahrnehmung verschieben kann und wie hoch die Gefahr der Selbstüberschätzung ist. Geben Sie sich also zunächst selbst Punkte. Anschließend bitten Sie Ihre Mitarbeiter, ihrerseits eine Bewertung abzugeben. Dies kann anonym oder namentlich erfolgen, je nachdem, wie offen das Miteinander bei Ihnen ist, ob Sie also auch bei Namensnennung mit wahrheitsgemäßen Antworten rechnen dürfen. Augenwischerei bringt gar nichts. Sie wollen ja lernen.

 

0 = querdenkerfeindlich, 10 = querdenkerfreundlich

Ich mache es meinen Mitarbeitern leicht, frei und unbefangen mit mir zu reden.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich informiere die Mitarbeiter ehrlich, klar und umfassend – in Worten, die sie verstehen.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Die Mitarbeiter haben die Möglichkeit, das zu tun, was sie am besten können.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Sie erhalten herausfordernde Aufgaben inklusive der notwendigen Entscheidungsfreiheiten.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich höre aufmerksam und zugewandt zu, wenn Mitarbeiter über ihre Arbeit sprechen.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich konsultiere meine Mitarbeiter, bitte um Rat und Hilfe.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich nehme ihre Meinungen bzw. Ideen ernst – und lasse mich darauf ein.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich zeige ihnen, dass ich darauf vertraue, dass sie ihre Aufgaben bewältigen können.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Die Mitarbeiter dürfen Fehler machen und sollen darüber berichten.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich gebe regelmäßige und zeitnahe Rückmeldungen zur Qualität ihrer Arbeit.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich bedanke mich oft.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich bitte, schlage vor und lade ein, anstatt Aufgaben anzuweisen.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich lobe situativ und spreche Anerkennung für gute Leistungen aus.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich entschuldige mich, wenn nötig.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich unterstütze und fördere die Mitarbeiter in ihrer beruflichen / persönlichen Entwicklung.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

Ich stärke ihnen den Rücken und räume etwaige Hürden und Hindernisse beiseite.

0 – OOOOOOOOOOO – 10

 

 

Da Querdenker verwundbar sind und schnell ins Abseits geraten, brauchen sie eine Schutzzone für ihre innovativen Gedanken, Enklaven für den gefahrlosen Meinungsaustausch und Versuchslabore für neuartiges Tun. Nur dann kann sich ihre Kreativität voll entfalten. Andererseits müssen sie hie und da eingebremst und wieder eingefangen werden, da sie sich in ihrem Übereifer auch schnell mal vergaloppieren.

 

Querdenker wünschen sich Austausch auf Augenhöhe, basierend auf Respekt und Vertrauen. Dabei kommen sie mit zwei Führungstypen besonders gut klar: mit dem »Ermöglicher« und dem »Katalysator«. Ein Mix aus beidem wäre perfekt.

 

Querdenkerfreundlicher Führungsstil 1:

Der Ermöglicher

Spitzenleistungen kann man nicht einfordern. Man kann sie nur ermöglichen. Sie haben drei Komponenten: das Dürfen, das Können und das Wollen. So arbeiten Ermöglicher vor allem an der Ausgestaltung optimaler Rahmenbedingungen. Sie sind zupackend, nahbar, pragmatisch, strukturiert. Sie sorgen für Unterstützung und geben Rückenwind. Sie haben zudem verstanden, dass eine der Hauptaufgaben einer Führungskraft darin besteht, das interdisziplinäre Zusammenarbeiten zu fördern. Ihre Zielsetzung ist es, ein anspornendes Leistungsumfeld zu schaffen, damit sich alle voll entfalten können.

 

Sie wissen: Mitarbeiter bringen – genauso wie Spitzensportler – nur unter optimalen Bedingungen ihre Höchstleistung ein. Deshalb müssen individuelle Arbeitsmotive und Talente ermittelt sowie zwischenmenschliche und organisatorische Motivationshemmer identifiziert und weggeräumt werden. Bei alldem werden Arbeitsplatz und Aufgabe an die Fähigkeiten der Mitarbeiter angepasst – und nicht der Mitarbeiter an die Stelle. Ermöglicher sehen sich als Potenzialentwickler. Sie sind Dienstleister für ihre Mitarbeiter- Kunden. Sie stellen die erforderlichen Ressourcen bereit, sie übertragen die für die Aufgabenstellung notwendige Entscheidungsgewalt und die damit verbundene Ergebnisverantwortung.

 

Ermöglicher müssen nicht alles selbst können, sondern nur wissen, was es bedeutet, wenn jemand auf den einzelnen Professionalitätsstufen seinen Job richtig gut macht. Geht es um eine konkrete Aufgabenstellung, motivieren sie so:

 

 »Machen Sie etwas Großartiges daraus, ich lasse Ihnen freie Hand. Suchen Sie sich ein paar Weggefährten, die Ihnen auf der Reise zum Ziel helfen können. Lassen Sie uns öfter über das reden, was Sie gerade tun. Und wenn Sie mal einen Rat brauchen, kommen Sie vorbei. Es gibt immer auch Baustellen und Sackgassen, in die man auf seinem Weg besser nicht hineingerät.«

 

Sogar in schlechten Zeiten senden Ermöglicher zunächst Appelle wie diesen:

 »Wir wollen Ihnen keine Vorgaben machen, wo Sie sparen sollen. Sie wissen alle von zu Hause, wie man einen Haushalt führt, wenn’s mal enger wird.«

 

Dann lädt man die Leute ein, wie die Profiler nach Einsparmöglichkeiten zu fahnden. In einem Fall beteiligten sich Tausende von Mitarbeitern an einer solchen Aktion und wiesen auf Ineffizienzen, interne Geldverschwendung und unwirtschaftliche Prozesse hin, von denen die Chefs gar nichts wussten. Den Beschäftigten ist durchaus bewusst, dass sie ihre Firma schützen müssen, um Arbeitsplätze zu erhalten. Wenn sie sich dann für entsprechende Maßnahmen entscheiden, war es ihre Idee, und nicht die von »denen da oben«. Darüber hinaus bekommen die Mitarbeiter oft gar nicht mit, wenn in einem Betrieb die Probleme beginnen, weil die Manager mit ihnen darüber nicht reden. So können sie an der Lösung auch nicht mitarbeiten, selbst wenn sie das wollten.

 

Sicherlich lässt sich nicht jede Entscheidung an ein Mitarbeiterkollektiv übertragen. Die meisten allerdings schon. Ermöglichern ist völlig klar: Wer unternehmerisch handelnde Mitarbeiter will, muss diese unternehmerisch arbeiten lassen. Selbst wenn diese Herangehensweise in der Startphase etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt, zahlt sich das Ganze am Ende doch aus: Die Mitarbeiter erleben sich als wertgeschätzte Mitglieder ihrer Organisation. Sie erkennen den Sinn ihrer Arbeit. Sie werden zu verantwortungsvollem Handeln motiviert. Es werden mehr passende Ideen produziert. Und die Ergebnisse werden am Ende die besseren sein.

 

Ermöglicher setzen ihre Mitarbeiter im Kern ihrer Talente ein und orchestrieren Hochleistungsteams. Hochleistungsteams kommunizieren über eine positive Wortwahl, während in Low-Performance- Teams Worte der Abneigung, des Tadels und Zynismus vorherrschen. Hochleistungsteams tendieren ferner dazu, wertvollen Input und neue Gedanken von außen in das Team zu bringen. Sie sind darüber hinaus in der Lage, den Vorschlägen und Gedanken anderer zu folgen und diese weiterzuentwickeln, während Niedrigperformer Ideen von außen abblocken und den eigenen Standpunkt als das Nonplusultra verfechten. Dies hat der chilenische Organisationspsychologe Marcial Francisco Losada herausgefunden, der zum Thema Hochleistungsteams forscht.

 

Querdenkerfreundlicher Führungsstil 2:

Der Katalysator

Der Katalysator ist der Visionär unter den Führungskräften, ein Inspirator, ein hervorragender Kommunikator und kreativer Innovator, ein Empathiekünstler und Menschenfreund. Er besitzt Enthusiasmus, ansteckende Begeisterungskraft und hohes Motivationstalent. Ihm gelingt es spielend leicht, andere für Ideen zu entflammen. So wie der Katalysator in einem chemischen Versuchslabor setzt er Prozesse in Gang und zieht sich dann wieder zurück. Er stellt sich nicht selbst ins Rampenlicht, sondern sorgt dafür, dass seine Mitarbeiter sich diesen Platz verdienen. Er bringt Selbstvertrauen, Agilität und Erneuerungsgeist in vormals erstarrte Strukturen.

 

Ein Katalysator führt inspirierend, indem er das Arbeitsgeschehen moderiert und Vorschläge macht. Er führt hingegen nicht über strikte Anweisungen, Druck und Antreiberei. Vielmehr fördert er die Eigeninitiativen seiner Mannschaft. Verantwortung und Kontrolle verbleiben

bei den einzelnen Mitarbeitern oder im Team. So sagt er beispielsweise: »Ich traue jedem hier zu, dass er nur das bestellt, was er wirklich benötigt. Deshalb brauchen Sie meine Unterschrift nicht.«

 

Ein Katalysator gibt die Anforderungen vor und sorgt für einen reibungslosen Prozessablauf. Immer bietet er seine Hilfe an, nur im Notfall greift er steuernd ein. Eine fehlertolerante Lernkultur und regelmäßige Feedbackschleifen sichern das zügige Voranschreiten der Projekte und Initiativen. Besprochen werden folgende Punkte:

 

 Was wurde seit dem letzten Mal geschafft?

 Was sind die nächsten Schritte?

 Was hat besonders gut geklappt?

 Welche Hindernisse sind aufgetaucht?

 Was können wir beim nächsten Mal besser machen?

 

Eins der wichtigsten Werkzeuge eines Katalysators sind kluge Fragen. Damit lässt sich ein Wechselspiel aus Nähe und Distanz gut austarieren. Ein zweites Werkzeug ist das Monitoring. Im Gegensatz zur Kontrolle, die auf Misstrauen basiert, impliziert das Monitoring Interesse am Gelingen einer Aktion.

 

Die Kommunikation ist bei alldem flott, offen und ehrlich. Während beim alten Führen Projekte ständig stocken, weil man auf Entscheidungen von oben warten muss, ist das Vorgehen hier schnell und agil. Flexibel und wendig kann sich die komplette Mannschaft auf die immer neuen Überraschungen des Marktes und die volatilen Wünsche der Kunden konzentrieren. Drei wichtige Zutaten sind dabei unabkömmlich: Eigenverantwortung, verbindliche Absprachen und Verlässlichkeit.

 

Ein Katalysator will das Beste erwecken, das in seinen Mitarbeitern steckt. Er brennt sie nicht aus und hält sie auch nicht klein. Er macht sie vielmehr stark, damit sie dem Unternehmen ihre ganze Energie geben können. Humanorientierung und Menschlichkeit sind ihm überaus wichtig. Denn er versteht: Um Topresultate auf Dauer zu sichern, braucht es vor allem Beziehungsarbeit. So bringt er andere dazu, mit ihm gemeinsam zu wachsen. Ambitionierte Ziele sind ihm überaus wichtig. Doch er liebt die Menschen mehr als die Macht. Er setzt auf Fairness, Vertrauen und Dialog.

 

Katalysatoren besitzen eine ausgesprochen hohe emotionale Intelligenz. Sie können zwar auch unbeirrt und konsequent durchgreifen, schätzen aber aufgrund ihrer sozialen Begabung sehr viel besser ein, wann dies in welcher Form notwendig ist. Sie haben nicht nur die Interessen des Unternehmens, sondern auch gute zwischenmenschliche Beziehungen im Sinn. Sie sind exzellente Netzwerker und entsprechend stark vernetzt.

 

Sie haben einen ausgeprägten Chancenblick. Sie lieben die Zukunft, alles Quirlige, die sich digitalisierende Welt – und neue Ideen. Sie sind offen für interessante Vorschläge und haben Mut für Experimente. Vielversprechende Initiativen haben bei ihnen eine gute Überlebenschance. Kreative Köpfe fühlen sich, wie Untersuchungen des Soziologen Richard Florida zeigen, vor allem dort hingezogen, wo die drei Ts zu finden sind: Technologie, Talente und Toleranz. Genau das ist die Welt der Katalysatoren. Sie schaffen Orte, an denen es vor High Potentials geradezu wimmelt.

 

Katalysatoren haben Vermarktungsgeschick und ein hohes Kundenverständnis. Sie empfinden Leidenschaft für ihre Sache und strahlen dies auch aus. Ihre Freude an der Arbeit überträgt sich auf alle, die von ihnen geführt werden. Solche oft charismatischen Führungspersönlichkeiten haben einen Sympathie-, bisweilen sogar einen Bewunderungsbonus. In ihrem Umfeld kann wirklich Großes gelingen.

 

Kommunikationskompetenz 1:

Gespräche mit Querdenkern

»Das hatte ich mir ganz anders vorgestellt«, so die knappe Bemerkung eines Geschäftsführers im Bereichsleitermeeting. Die junge Marketingleiterin, erstklassige Ausbildung und internationale Erfahrung, hatte sich tief in ein Projekt reingekniet, weit über ihre Arbeitszeit hinaus recherchiert, Profis hinzugezogen, eine brillante Lösung gefunden und eine Toppräsentation hingelegt. Mit genau sieben Worten fegte dieses Alphatier, ein Alleinherrscher alten Stils, ihre monatelange Arbeit vom Tisch.

 

Eigentlich sollte klar sein: Kommunikationsexzellenz zählt zu den wichtigsten Eigenschaften einer guten Führungskraft. Eine sinnvolle Fragenauswahl, Zuhörtalent und das Meistern der unterschiedlichsten Gesprächssituationen sind dabei entscheidend. Managern ist oft gar nicht bewusst, welch katastrophale Folgen schon eine einzige falsche Bemerkung haben kann und wie leicht es ist, jegliche Eigeninitiative im Keim zu ersticken. Mitarbeiter, deren Seele durch eine erschütternde Wortwahl verletzt worden ist, kosten die Unternehmen Millionen. Und manchmal sogar die Existenz.

 

In tradierten Organisationen ist es oft auch heute noch so: Sobald die

Ideenproduzenten einem Höhergestellten gegenübersitzen, »verwandeln

sich die kühnen Bilderstürmer in ehrfürchtige Bittsteller«, so

Gary Hamel. Oft genug trauen sie sich plötzlich fast gar nichts mehr.

Mit folgenden Worten kann man sie ermuntern:

 »Die Idee klingt vielversprechend. Welche wichtige Frage dazu  habe ich Ihnen noch nicht gestellt?«

 »Ich sehe Ihnen doch an, dass Sie etwas auf dem Herzen haben / dass es wo brennt. Also raus damit!«

 »Haben Sie noch Bedenken? Wie könnten wir antesten, ob das funktioniert? Welchen ersten Schritt würden Sie empfehlen?«

 

Querdenker identifizieren sich stark mit ihren Ideen. Manchmal drücken sie sich in ihrem Eifer sehr kompliziert aus oder starten mit langatmigen Erläuterungen. In dem Fall sagen Sie respektvoll, zugleich aber auch sachdienlich bestimmt:

 

 »Können Sie das Entscheidende bitte noch mal in drei Sätzen zusammenfassen?«

 »Können Sie mich mit den wesentlichen Punkten in zwei Minuten vertraut machen?«

 

Querdenker nehmen Tipps in aller Regel gut und gerne an, was mit ihrer großen Flexibilität im Denken zu tun hat. Wie geht eine Führungskraft jedoch damit um, wenn Ideen kommen, die derzeit oder überhaupt nicht umsetzbar sind? Zum Beispiel so:

 

 »Ich weiß, Sie haben viele Ideen, was man hier besser machen kann. Das schätze ich sehr. Im Moment wollen wir uns allerdings darauf konzentrieren, dass … Welches ist die beste Idee, die dazu passen könnte?«

 »Ich sehe, dass Sie sich sehr viele Gedanken gemacht haben. Leider erkenne ich dafür im Moment keine realistischen Chancen, weil … Vielleicht steckt aber etwas darin, was an anderer Stelle passt. Sehen Sie da was?«

 »Das klingt zunächst interessant. Auf den ersten Blick … Bei genauerem Hinsehen stellt sich mir allerdings folgende Frage: … Ich wäre Ihnen ehrlich gesagt äußerst dankbar, wenn wir das zurückstellen könnten.«

 

Wenn Sie unsicher sind, wie Sie das beim einzelnen Mitarbeiter am besten sagen sollen, dann fragen Sie ihn doch einfach im Rahmen eines Erwartungsgesprächs, wie er sich den Umgang damit wünscht. Bringen Sie im Zuge dessen auch klar zum Ausdruck, wie Sie sich idealerweise das Vorgehen des Mitarbeiters in diesem Punkt wünschen. Wurde beides klipp und klar ausgesprochen, können Sie sich immer darauf berufen.

 

Hierbei geht es auch um den Umgang mit Gefühlen. Emotionen am Arbeitsplatz sind unprofessionell? Ganz im Gegenteil! Gefühle zeigen ist wie Blinker setzen, damit jeder weiß, in welche Richtung es geht. Nicht nur beim Querdenken ist es entscheidend, angemessen damit umzugehen. »Nun regen Sie sich mal nicht so auf!« oder »Jetzt werden Sie hier nicht gleich hysterisch!« oder »Machen Sie doch keinen solchen Aufstand!« – solche Sätze gehen gar nicht. Gefühle kann man nicht wegdiskutieren. Sie sind einfach da. Viel besser sind deshalb Formulierungen wie diese:

 

 »Ich sehe, dass das Thema Sie sehr bewegt.«

 »Ich freue mich, dass Sie sich für diese Sache so engagieren.«

 »Uns allen liegt das Thema sehr am Herzen.«

 

Wird nicht über Gefühle gesprochen, dann verlagern sich etwaige Konflikte schnell auf die Sachebene. Energieblockaden, Ineffizienz und Zeitverluste sind die Folge. Zeigen Führungspersonen hingegen Emotionen, kommt dies einer Einladung gleich, es ihnen nachzutun. So erreicht man den Kopf und das Herz der Menschen. Gefühle zu zeigen macht uns verwundbar, aber auch frei. Erst der bewusste Umgang mit Emotionen sorgt für Authentizität. Dies wiederum ist die Voraussetzung für Souveränität und Charisma.

 

Wer den Mut hat, seine Emotionen in Bewegung zu bringen, der schafft es auch, andere zu bewegen und zu überzeugen. Denn er weckt Sympathie. Wenn wir jemanden mögen, dann sind wir viel eher bereit, ihm entgegenzugehen. Menschen stattdessen mit kalten Zahlen und nackten Fakten betören zu wollen, das ist nicht nur schwierig, sondern nahezu unmöglich. Man erreicht andere besser, wenn man von sich selbst etwas preisgibt. Vor allem positive Momente wie Freude und Stolz gilt es dabei zu teilen. Jede Form erlebter gefahrloser zwischenmenschlicher Resonanz intensiviert den Zusammenhalt und ein befruchtendes Miteinander.

 

Kommunikationskompetenz 2:

Feedback für Querdenker

»Sie glauben doch nicht im Ernst, dass Sie mit der Präsentation irgendjemanden überzeugen konnten?« Autsch, das hat gesessen. Ein Einzelfall? Im Rahmen einer Studie der Personalberatung Rochert Mummert gab fast jeder zweite der mehr als 1000 befragten Arbeitnehmer an, dass seine Führungskraft öfters unsachlich argumentiere und ihm Vorwürfe mache. Das ist erschütternd und mit Blick auf Querdenk-Initiativen geradezu verheerend. Vorwürfe werden von unserem Gehirn als Angriff auf Kompetenz und / oder Ansehen gedeutet, was, wie wir schon sahen, dazu führt, dass das Denkvermögen nachlässt und die Leistungsfähigkeit bröckelt. Zudem sinkt die Bereitschaft, in Zukunft weitere Verbesserungsvorschläge einzubringen, massiv.

 

Das kann keine Führungskraft wollen. Die Kunst der konstruktiven Kritik bietet einen Ausweg aus diesem Dilemma. Zum Beispiel gibt es das Fünf-Schritte-Konzept:

 

  1. Holen Sie sich zunächst das Okay für das Hinweisgespräch.
  2. Finden Sie dann etwas, was Ihnen gut gefallen hat.
  3. Erläutern Sie nun den Nutzen, den Ihr Hinweis birgt.
  4. Nennen Sie den Tipp oder stellen Sie die Frage nach einem Vorschlag.
  5. Schließen Sie mit einer Frage oder einem Dank ab.

 

In der praktischen Umsetzung klingt das dann zum Beispiel so:

»(1) Darf ich zu Ihrer Präsentation heute im Meeting einen Hinweis geben? (2) Ihre Fachkenntnis zum Thema hat mich richtig beeindruckt. (3) Um die Zuhörer noch stärker zu gewinnen (kleine Pause einlegen), (4) wäre vielleicht eine exemplarische Geschichte ganz hilfreich. Was meinen Sie dazu? Fällt Ihnen dazu was ein? Ließe sich das machen?«

 

Alternativ können Sie auch eine Frage stellen, in dem Fall geht das so: »(1) Ist es okay, wenn ich zu Ihrer Präsentation heute früh eine Anmerkung mache? (2) Ihre Argumentation hat die Sache sehr gut auf den Punkt gebracht. (3) An der Stelle … jedoch frage ich mich, ob die Zuhörer das verstanden haben. (4) Haben Sie eine Idee, wie Sie das nächstes Mal plakativer machen könnten? (Antwort abwarten, dann 5) Gut! Es freut mich, dass Sie daran weiterarbeiten wollen.«

 

Im schwierigsten Fall, wenn es also um die totale Ablehnung einer Idee oder Vorgehensweise geht, kann man das so ausdrücken: »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Ihnen die Wahrheit sage?« Oder: »Soll ich nur höflich oder auch ehrlich sein? … Darf ich wirklich?« Nachdem der Sachverhalt dann besprochen wurde, fragen Sie ganz zum Schluss: »Sie nehmen mir auch wirklich nicht übel, dass ich so offen zu Ihnen war?«

 

Niemand wird hier Nein sagen können. Die Erlaubnis nach »Darf ich wirklich?« verstärkt das noch einmal. Jeder weiß jetzt, dass es unangenehm wird, doch man ist vorgewarnt. Man wird nicht von einem »Schlag ins Gesicht « überrascht. Man kann sich seelisch darauf einstellen, kann das, was folgt, nun besser ertragen und wahrscheinlich auch akzeptieren.

 

Feedbackgespräche sind Entwicklungsgespräche. Dabei spielt die Stoßrichtung eine entscheidende Rolle: Nicht vergangenheitsorientiert, sondern in die Zukunft gerichtet sollen sie sein. Beim Blick zurück geht es meist um das Aufzeigen von Fehlern, was beim Gegenüber Scham, Abwehr, Ausflüchte und Rechtfertigungen auslösen kann. Die Folge: Der Attackierte schlüpft in die Opferrolle, es wird Hilflosigkeit vorgegaukelt, Sachverhalte werden vertuscht oder geschönt, Verantwortung negiert, der schwarze Peter anderen zugeschoben, wer auch immer an den Pranger gestellt. Hauptsache, man selbst ist nicht schuld an der Misere. Die Diskussionen bei solchen »Yesterday-Feedbacks« führen nirgendwohin. Einsicht und Besserung sind kaum zu erwarten.

 

Ganz anders bei »Tomorrow-Feedbacks«. Da geht es um Optimalsituationen und Verbesserungsszenarien, an denen gemeinsam gearbeitet wird. Dass manches nicht immer ganz rundläuft oder auch völlig danebengeht, ist zwar traurig, aber wahr. In Zusammenhang mit einem konkreten Fehler kann man das diplomatisch wie folgt umschreiben: Kinderkrankheit, Anliegen, Sachverhalt, Lernfeld, Testlauf, Rückschlag, Schwachstelle, Patzer, Missgeschick, Anlaufschwierigkeit, Lapsus, erster Versuch. Die Suche nach Schuldigen kommt bei alldem nicht vor. Erst dann kann es auch keine Rechtfertigungsarien geben, die Zeit und Nerven kosten, doch nichts bringen.

 

Übrigens: Nichts ist schlimmer als eine oberlehrerhafte Belehrung im falschen Augenblick oder jemand, der ständig herausstellt, um wie viel besser er es selbst gemacht hätte. Wer im Zuge solcher (nicht immer ganz leichten) Gespräche niemanden abkanzelt und entwürdigt, sondern achtsam dessen Blick nach vorne richtet, fördert nicht nur dessen Selbstachtung, sondern auch Änderungsbereitschaft und Akzeptanz.

 

Wie man mehr Beschäftigte zu Mit- und Querdenkern macht

»Alle mal herhören: Von jetzt an mehr Querdenken, bitte!« Klar, so kann das nicht funktionieren. Das Querdenken kann man nicht befehlen. Und natürlich werden nicht alle Beschäftigten von jetzt auf gleich Mit- oder gar Querdenker sein. Manche wollen das auch nicht. Ihnen sind präzise Regeln und klare Anweisungen lieber. Jahrelange hierarchische Prägung hat sie daran gewöhnt. Das schiebt man nicht so einfach beiseite. Viele von ihnen können aber sachte an mehr Eigenkompetenz und Verantwortung herangeführt werden, zum Beispiel über Fragen wie diese:

 

 »Mich interessiert Ihre ganz persönliche Meinung zu folgendem Thema … Interessant, und wie könnte das im Einzelnen aussehen? Und was dächten wohl die Kollegen / Kunden darüber?«

 »Ich habe mir zum Thema … die folgenden Gedanken gemacht, die ich gerne einmal mit Ihnen besprechen / teilen wollte … Was geht in Ihnen vor, wenn Sie das hören? Und was glauben Sie, würden die Kollegen / Kunden dazu sagen?«

 »Angenommen Sie wären bei dieser Frage / in diesem Projekt der Entscheider, was würden Sie tun? … Oh, interessant! Und welche Überlegungen bringen Sie zu dieser Entscheidung?«

 »Was würden Sie an meiner Stelle noch zusätzlich erwägen? … Was würden Sie aus Sicht der Kollegen noch zusätzlich tun? … Und was würden Sie keinesfalls tun?«

 »Gesetzt den Fall, wir würden das morgen schon umsetzen. Was würde dann passieren? … Was müssten wir unbedingt noch beachten? … Und aus welchen tieferen Gründen ist das wichtig für Sie?«

 »Was würde ein unbeteiligter Beobachter / ein neutraler Dritter / unser bester Kunde dazu sagen? … Wie sehen Ihre Kollegen – ohne jetzt Namen zu nennen – die Situation? … Und was würden diese mir raten?«

 »Wenn es einen Punkt gibt, den wir in dieser Sache / in diesem Projekt unbedingt noch verbessern müssten / noch optimieren könnten, was wäre dann das Wichtigste für Sie? … Und aus Sicht des Kollegen / Kunden betrachtet?«

 »Wenn es eine Sache gibt, die dieses Projekt womöglich zum Scheitern brächte, was wäre dann aus Ihrer Sicht / aus Sicht des Kunden der kritischste Punkt?«

 »Was wäre in diesem Zusammenhang Ihr größter Wunsch? … Wofür könnten Sie sich denn durch und durch begeistern? … Und was würden sich wohl die Kunden von uns am meisten wünschen?«

 

Diese Liste lässt sich beliebig erweitern und für eine jeweilige Situation feinjustieren. Die Gespräche, die sich daraus ergeben, dienen dazu, Querdenkernovizen immer aktiver einzubinden und zu Mitgestaltern zu machen. So entwickelt sich beim Mitarbeiter das Gefühl, dass er wertvolle Beiträge zusteuern kann. Je freier die Menschen sich fühlen und je offener sie über das reden können, was sie bewegt, desto eher entsteht Akzeptanz – und desto besser wird am Schluss das Ergebnis.

 

Wie man sich im Guten von Querdenkern trennt

Bei allem Bemühen um niedrige Fluktuationsraten: In unserer neuen Arbeitswelt ist das »nomadische Jobben« längst Normalität. So passiert es eben auch, dass gute Mitarbeiter kündigen. Reagieren Sie nicht angesäuert! Verabschieden Sie sich würdig! Und bleiben Sie in guter Erinnerung! Die Amerikaner nennen das einen »Beautiful Exit«. Ein geglücktes Trennungsmanagement ist nicht nur gut für den, der Sie verlässt, sondern auch angenehm für diejenigen, die bleiben. Die merken dann nämlich, dass es honoriert wird, Ihrem Unternehmen die Stange gehalten zu haben.

 

Außerdem hat man ja womöglich freundschaftliche Bande mit der scheidenden Person geknüpft. Gutes Trennungsverhalten zwingt niemanden, plötzlich so zu tun, als sei er durch die Kündigung zum Aussätzigen geworden. Und Sie zeigen damit, dass Ihr Unternehmen ein offenes Haus ist, mit einer offenen Tür, und kein Käfig, in dem man sich eingesperrt fühlen müsste. Nicht der, der geht, hat es gut, weil er in eine bessere Zukunft entschwindet. Wer bleibt, bleibt gerne, weil er will, und nicht, weil er muss.

 

Jede Trennung hat Einfluss auf das Beziehungsgeflecht im Unternehmen. Immer wird sehr genau beobachtet, wie die Firmenleitung mit gekündigten oder freigesetzten Kollegen umgeht. Wird Wertschätzung ausgedrückt für das in der Vergangenheit gezeigte Engagement? Verhalten sich die Führenden souverän? Zeigen sie unterkühlte Sachlichkeit? Oder gar Rachsucht? Schieben sie fadenscheinige Gründe vor? Oder wird die Trennungsmaßnahme durch unbegründete Kritik am scheidenden Mitarbeiter verargumentiert? Wird der gar zum Tabuthema erklärt? Fairness im Umgang mit Scheidenden sorgt automatisch für eine größere Bindungskraft bei den Bleibenden.

 

Die Art und Weise, wie Mitarbeiterabbau bisweilen geschieht, ist völlig inakzeptabel. Die Geschichten, die man von frustrierenden Entlassungen dazu hört, sind oft empörend. Manche haben ohne Vorwarnung ihre Namen im Intranet gelesen. Andere haben es von den Kollegen und nicht von ihrem Vorgesetzten erfahren. Oder sie haben per E-Mail einen Dreizeiler erhalten. In einem Fall kam die Kündigung direkt vom Golfplatz – per SMS. So wird Menschlichkeit mit Füßen getreten und Goodwill für immer verspielt.

 

Gerade bei den vielerorts ungeliebten Querdenkern geht es beim Offboarding nicht selten »schmutzig« zu. Es kommt sogar vor, dass Führungskräfte regelrecht dazu angestachelt werden: »Der Schmitz, der stört hier nur rum. Nun zeigen Sie mal, was Sie draufhaben, Meier!« Devote Führungskräfte sind sich für keine Drecksarbeit zu schade. Im obersten Führungskreis werden sie dafür auch noch gefeiert. Wenn schon Abschied, dann besser mit Worten wie diesen: »Offenkundig passt unser Unternehmen nicht mehr zu Ihren Zielen.«

 

Ein »Beautiful Exit« verläuft immer so, dass man sich hinterher noch in die Augen schauen kann. Was demnach absolut tabu sein sollte: angeblich verschlampte Austrittspapiere, schleppend bearbeitete Arbeitszeugnisse, Mobbing während der letzten Arbeitstage, Beschimpfungen und Beleidigungen sowie üble Nachrede. Bedanken Sie sich vielmehr aufrichtig für die zurückliegende Arbeitsbeziehung und wünschen Sie dem Mitarbeiter für die Zukunft viel Erfolg. Dies nützt nicht nur dem Betriebsklima und Ihrem guten Ruf am Arbeitsmarkt. Jeder kauft lieber Produkte von Unternehmen, von denen man weiß, dass dort die Mitarbeiter fair behandelt werden.

 

Im Trennungsmanagement geht es nicht nur um ein gesetzeskonformes »Was«, sondern vor allem um ein geglücktes »Wie«. Das hilft nicht nur den Entlassenen, sondern tut auch den Bleibenden gut. Bei denen stellen sich nämlich – nach der ersten Erleichterung, nicht selbst betroffen zu sein – Verunsicherung, Ängste und manchmal auch Schuldgefühle ein. Ist die Stimmung dann schlecht, drückt dies nicht nur auf die Motivation, sondern auch auf die Produktivität. Energielosigkeit, Desinteresse und Absentismus halten Einzug. Die verbliebenen Guten sind bei erstbester Gelegenheit auf und davon. Solche langfristigen internen Folgen werden ebenso wie die externen Imageschäden bei Entlassungen meist stark unterschätzt – und auch nicht berechnet.

 

Zur schockierenden Nachricht darf am Ende nicht auch noch ein katastrophaler Gesprächsstil kommen. Wenn die Trennung von einem Mitarbeiter schon unumgänglich ist, dann muss man dessen Würde nicht auch noch mit Füßen treten. Irgendwann bekommt man dafür die Quittung: Alte Rechnungen werden beglichen. Der Mitarbeiter wird »Tauschgerechtigkeit« herstellen wollen. Anstatt in die Passivität zu gehen, schlägt er aktiv zurück. Das Ziel: Vergeltung für (subjektiv) erlittenes Unrecht. Dazu braucht es keine Gewerkschaft und keinen Betriebsrat. Heutzutage nutzt man – wie die Kunden – Meinungsportale und das Web, um sich über die Firma mal so richtig auszulassen. Und das schadet nicht selten gerade dann, wenn man wieder mal händeringend nach Toptalenten sucht. Ach übrigens: Kunden, Investoren und Medienvertreter lesen das auch.

 

Jeder Querdenker ist Meinungsmacher und Influencer

Jeder Querdenker, der im Web seine Stimme erhebt, ist Meinungsmacher für oder gegen sein (Ex-)Unternehmen. Als »Corporate Influencer« kann er die Arbeitgebermarke stärken, wo es nur geht, und dies mit einer Glaubwürdigkeit, die jede offizielle Verlautbarung übersteigt. Reputation entsteht ja nicht durch das, was man selbst über sich sagt, sondern

durch das, was Dritte denken und sagen. Onlinebasierte Mundpropaganda spielt dabei eine entscheidende Rolle. Nicht die Firmenwebsite und deren Karriereteil, sondern das Eingabefeld der Suchmaschinen ist zunehmend der Startpunkt für eine potenzielle Mitarbeiterbeziehung – und oft zugleich das Ende.

 

Wie ein Unternehmen zum Beispiel mit seinen hellen, wachen Querdenkern umgeht, spricht sich im Web in Windeseile herum. Und wo ein Empörungswille ist, schlägt dieser schnell Wellen. Dabei spielen Hinweise auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen, im Social Web und in User-Foren eine entscheidende Rolle. Auch YouTube ist voll von Clips, die frustrierte Mitarbeiter heimlich im Büro gedreht oder nachgestellt haben, um Missstände und Fehlverhalten offenzulegen. Solche Interaktionspunkte werden im Fachjargon »Earned Touchpoints« genannt, denn man kann sich das (hoffentlich) Positive, das an solchen Punkten ausgedrückt wird, nicht wie eine Stellenanzeige kaufen, man muss es sich vielmehr verdienen. Google nennt sie die »Zero Moments of Truth« (ZMOT). Dies sind die Momente der Wahrheit vor dem ersten direkten Kontakt, die schonungslos offenbaren, was Arbeitgeberversprechen tatsächlich taugen.

 

Eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom hat gezeigt: 84 Prozent derjenigen, die den Job wechseln wollten, haben sich durch solche Bewertungen in ihrer Entscheidung beeinflussen lassen, und 54 Prozent haben sich aufgrund von negativen Bewertungen gegen ein Unternehmen entschieden. Vor miesen Arbeitsbedingungen, einem toxischen Klima, entgleister Moral und schlechten Führungsmanieren kann man also rechtzeitig die Flucht ergreifen. Gerade die Topkandidaten kehren reputationsschwachen Firmen den Rücken, noch ehe es zu einem ersten Kontaktversuch kommt. Viele Anbieter werden schon allein deshalb vom Markt verschwinden, weil sie keine klugen, fortschrittlich denkenden Köpfe mehr finden, die für sie tätig sein wollen.

 

Unternehmen müssen also viel mehr dafür tun, dass es drinnen bei ihnen tatsächlich stimmt, damit die guten Nachrichten reichlich nach draußen dringen. Auf Bewertungsportalen treiben sich nur Frustrierte und rachsüchtige Ehemalige herum? Weit gefehlt! Inzwischen gibt es auf den einschlägigen Plattformen von nahezu jedem größeren Unternehmen genügend Erfahrungsberichte, die ein aktuelles Stimmungsbild zeigen – gespickt mit Hinweisen, was sich schleunigst ändern sollte.

 

Das sind nur Einzelmeinungen? Jede Meinung ist wertvoll, wenn sie differenziert ist und die bewerteten Aspekte ausführlich beschreibt. Den Verantwortlichen in den Unternehmen zeigt sich durch das Mitverfolgen solcher Onlinegespräche, welche Informationen kursieren, was von besonderem Interesse ist, wo es Glanzpunkte gibt und um welche Schwachstellen man sich dringend kümmern sollte. O-Töne im Web sind die beste Echtzeit-Marktforschung aller Zeiten: schnell, günstig, ungefiltert, unverblümt.

 

Und was ist mit Fakes? Neben all den wahren positiven oder weniger schönen Schilderungen gibt es ja leider auch die, die bösen Zwecken dienen: Verleumdung, Rufmord, Geschäftsschädigung. Gegen solche Machenschaften kann, soll und muss ein Unternehmen rechtliche Schritte einleiten. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn man das Ganze überhaupt mitbekommt. Eine regelmäßige Analyse dessen, was man im Web über Sie sagt, ist also Pflicht. Dafür gibt es Programme.

 

Allerdings faken auch manche Firmen. Als vermeintliche Mitarbeiter getarnt stellen sie selbst die rosigsten Texte über sich ein, um den Gesamt-Score zu schönen. Oder sie lassen sich von obskuren Firmen dabei helfen. Medien decken so was sehr gerne auf und nennen dann Ross und Reiter. Mit unberechtigter Selbstbeweihräucherung kommt man eh nicht sehr weit. Kann ein vermeintlicher Toparbeitgeber nämlich nicht halten, was er in Schönschrift verspricht, werden enttäuschte Beschäftigte das schnell ans Tageslicht bringen. Außerdem sind geübte Leser nicht dumm. Sie können die Spreu vom Weizen trennen. Denn

die Intention eines Bewerters schimmert schnell durch. Und je mehr Bewertungen ein Arbeitgeber hat, desto eher relativiert sich das Bild.

 

Die Zeiten, in denen man via blumiger Arbeitgeberwerbung punkten oder der Welt mithilfe vollmundiger Imagebroschüren etwas vorgaukeln konnte, sind vorbei. Erinnern Sie sich noch an die Abbildung zu Beginn dieses Kapitels? Sie zeigt deutlich und klar: Positive Mundpropaganda am Anfang und am Ende einer Mitarbeiterbeziehung beeinflusst essenziell, ob sich ein Unternehmen für neue Talente attraktiv machen kann.

 

Mitteilungswillige und zugleich meinungsstarke Querdenker sind als Corporate Influencer nach innen und außen hochattraktiv. Nach innen entflammen sie andere, sich für Ihr Unternehmen mächtig ins Zeug zu legen. Nach außen tragen sie durch Mundpropaganda maßgeblich dazu bei, dass gute, passende Zukunftsgestalter bei Ihnen arbeiten wollen. Wir leben in einer immer intelligenteren Welt, und die braucht immer intelligentere Leute. Solche, die mitdenken, neu denken, anders denken.

 

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Alle Kommentare [2]

  1. Hallo Frau Schüller,
    wie wahr wie wahr…
    Ich hab mich einfach selbständig gemacht, weil querdenken in Unternehmen oft so aneckt und bin auch heute noch (nach über 15 Jahren) superglücklich mit meiner Entscheidung 🙂

    Viele Grüße
    Heike Lorenz

  2. ich verstehe nicht warum immer wieder derartige artikel geschrieben werden, in denen behauptet wird, dass Querdenker erwünscht sind, gefördert werden, Firmen voranbringen.

    Das stimmt einfach nicht! Das Gegenteil ist wahr.

    Ich bin ein sehr kreativer Querdenker (seltsamer Begriff, aber bitte). Nach Jahrzehnten leidvoller Berufserfahrung ist eines klar. Querdenker sind unerwünscht, werden gemobbt, gemieden, niemand interessiert was Sie zu sagen haben, werden als erste gekündigt. Keine Beförderungen, keine Prämien. Querdenker sind Menschen, die Kritik üben, die nicht alles positiv finden, eine eigene Meinung haben, Vorschläge für Verbesserungen machen. Dafür werden Sie gehasst und sozial ausgegrenzt.

    Das ist die Wahrheit! Diese beruht auf Erfahrung und nicht auf Hörensagen oder Interviews oder dem was Führungskräfte so von sich geben.