Im CNN-Interview erklärte Microsoft-Gründer Bill Gates, warum die Testzahlen in den USA nicht aussagekräftig sind und welchen möglichen Therapieansatz ihn am optimistischen stimmt, um den Coronavirus in den Griff zu bekommen. Hier ein Interview-Ausschnitt aus der CNN Coronavirus Townhall am 30. April:

Coronavirus Townhall von CNN: Bill Gates im Interview mit Anderson Cooper und Sanjay Gupta (Foto: CNN International)
Hat die Pandemie in den USA Ihrer Meinung nach bereits ihren Höhepunkt erreicht, und wo befinden wir uns gerade im „Bogen“ der Pandemie?
Bill Gates: Nun, sicherlich haben wir unseren ersten Peak bereits erreicht, und wenn wir an der Politik der sozialen Isolation festhalten, dann wird an den meisten Orten des Landes weiterhin ein Rückgang zu verzeichnen sein. Weil aber die Menschen an einigen Orten des Landes wieder zu mehr gesellschaftlicher Interaktion zurückkehren, ist es sehr wahrscheinlich, dass es noch weitere Höhepunkte geben wird.
Wird es zukünftige Peaks an verschiedenen Orten geben, die zu mehr Todesopfern führen?
So ist es. Im Sommer und im Herbst wird es Tote geben. Es bestehen noch Unklarheiten zur Saisonalität. Werden wir uns im Sommer in Selbstgefälligkeit wiegen, nur um im Herbst wieder die Zahlen nach oben zu drücken? Und es gibt eine Zeitverzögerung im ersten Monat während die Menschen die Maßnahmen umsetzen – und nicht jeder wird davon Gebrauch machen.
Man denkt dann womöglich: „Hey, die Maßnahmen wirken gut, lasst uns Lockerungen angehen“. Und fangen die Menschen erst mal, sich in ihrem Verhalten daran zu halten, kann man sich ganz schnell wieder ein exponentielles Wachstum einhandeln.
Sollte es Ihrer Meinung nach Heimtests geben, die Menschen einfach selbst an ihren Familien(mitgliedern) durchführen können?
Nun, wir müssen zwar sicherstellen, dass die Tests dort durchgeführt werden, wo es notwendig ist. Aber, ja, man sollte in der Lage sein, zu Hause einen Test zu bekommen, wenn man symptomatisch ist. Dann sollten sehr schnell alle Kontakte, einschließlich des eigenen Haushalts, getestet werden. Das ist ein perfektes Beispiel dafür, wo man sehr schnell eine Antwort braucht, damit die Leute wissen, wer sich isolieren sollte, anstatt auszugehen und bei der Arbeit zu sein. Das wird umso wichtiger, je mehr wir diese Öffnungspolitik betreiben.
Im Hinblick auf die Schnelligkeit der Tests hat Südkorea Kioske eingerichtet, die für sie gut funktionierten. In den USA könnten wir ebenfalls auf Kioske und Apotheken zurückgreifen, aber wir müssen eine Priorisierung und eine schnelle Umsetzung gewährleisten. Immer wenn man, sagen wir mal, erst drei Tage später eine Antwort erhält, zählt es nicht. Das muss man aus den Zahlen herausnehmen, die die Leute in diesen Diagrammen zeigen. Es gibt da all diese Pseudo-Tests und die Unstimmigkeiten, die in dieser komischen Zahl eingebaut sind.
Sie sagen also, dass die Testzahlen, die in den USA herausgegeben werden, nicht aussagekräftig sind:
Wenn man das Testergebnis innerhalb von 24 Stunden erhält, damit man dementsprechend reagieren kann, dann kann man das zählen. Wenn man sicherstellt, dass Menschen mit niedrigem Einkommen gleichberechtigten Zugang haben – und nicht etwa der Paketlieferant, der zwar keine Symptome aufweist, aber jeden Tag getestet wird, nur weil er in wohlhabende Gegenden liefert.
Die Warteschlangen für diesen Testprozess sind nicht priorisiert. Wenn man also Beziehungen zu einem Arzt hat, der wiederum Verbindungen zum Labor hat, rückt man in der Schlange ganz nach vorn. In anderen Ländern gibt es tatsächlich Kriterien für den Umgang mit dieser sehr knappen Ressource – bei denen es darum geht, Leben zu retten und darum, zu sehen, ob wir das Richtige tun, und das auf gerechte Weise zuzuteilen.
[…] Worauf zielt der Test ab? Auf den Zeitpunkt der größten Ansteckungsgefahr. Es dauert eine Weile, bis man Symptome zeigt, was die Sache schwieriger gestaltet. Aber, wissen Sie, wenn man erst einmal symptomatisch ist, und dann getestet wird, ist man nur noch etwa 3 oder 4 Tage ansteckend. Wenn man also den Test erst drei Tage später bekommt – was bringt das? Entschuldigt man sich dann einfach bei den Menschen, denen man in den letzten drei Tagen begegnet ist?
Was meinen Sie zur Wirksamkeit einiger aussichtsreicher Impfungen, z.B. Remdesivir? Wie könnten diese uns helfen, schnell zur Normalität zurückzukehren?
Nun, viele der Therapeutika sehen eher nach einer Sackgasse aus. Und diejenigen, die vielversprechend sind, zeigen ziemlich bescheidene Effekte. Wissen Sie, ich glaube nicht, dass man sagen wird: „Hey, für schwer erkrankte Patienten hat Remdesivir die Krankheitsdauer von 15 Tagen auf 11 Tage verkürzt – lass uns ins Kino gehen.“
Nichtsdestotrotz hilft jeder kleine Schritt – und es wird Kombinationstherapien geben — und man wird verschiedene Möglichkeiten finden, diese Dinge anzuwenden. Also denke ich, dass es in Bezug auf mögliche Therapien Monat für Monat auch gute Nachrichten geben wird. In verschiedenen Ländern werden derzeit eine Menge Versuche durchgeführt. Die Liste der Möglichkeiten, die ausprobiert werden, ist sehr lang.
Am optimistischsten stimmt mich die Möglichkeit, Antikörper herzustellen […]. Das kann eine sehr dramatische Wirkung entfalten, z.B. dass mehr als 80 Prozent der Patienten die Erkrankung vermeiden. Und daran wird derzeit mit Volldampf gearbeitet. Unser Therapeutika Accelerator-Programm hat gerade eine ziemlich große Antikörper-Fabrik reserviert, um sicherzustellen, dass wir aus allen Antikörpern den allerbesten auswählen, ihn in diese Fabrik bringen, um ihn sehr, sehr schnell den Menschen zur Verfügung stellen können, die ihn brauchen.
Das gesamte Interview aus der Coronavirus Townhall von CNN vom 30. April unter: https://edition.cnn.com/videos/business/2020/05/01/entire-april-30-coronavirus-town-hall-part-4-sot-vpx.cnn