Buchauszug Hermann Simon: „Am Gewinn ist noch keine Firma kaputtgegangen“

 

Buchauszug Hermann Simon, Gründer der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners: „Am Gewinn ist noch keine Firma kaputt gegangen“

Hermann Simon (Foto: Simon-Kucher & Partners)

 

Auf der Suche nach Gewinn

Marcel Proust wurde mit seinem Monumentalwerk »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« berühmt. Wir begeben uns in diesem Kapitel auf die Suche nach Gewinn. Zunächst fragen wir nach Gewinnvorstellungen in der Bevölkerung. Sodann vergleichen wir Gewinne nach Ländern sowie Branchen. Es wird sich herausstellen, dass die Renditen deutscher Unternehmen im Durchschnitt ausgesprochen niedrig ausfallen. Auf der Unternehmensebene werden wir erfahren, dass es einerseits wenige hochprofitable Unternehmen gibt, die einen Großteil der Gewinne auf sich vereinen, und andererseits sehr viele Firmen ständig niedrige Renditen einfahren und ihre Kapital- kosten (WACC) nicht verdienen.

 

 

Überschätzte  Gewinne

Was denken Erika Mustermann und Otto Normalverbraucher über Gewinne? Es gibt eine Reihe von Erhebungen, die dieser Frage nach- gehen. Bei einer Umfrage im Jahr 1991 wurde Verbrauchern folgende Frage gestellt: »Was bleibt bei einem Industrieunternehmen von 100 DM Umsatz nach Abzug aller Kosten und Steuern als Gewinn übrig?« Der Durchschnitt der Antworten lag bei 15,75 DM. In den Vorstellungen der Befragten betrug die Umsatzrendite nach Steuern (Nettoumsatzrendite) also knapp 16 Prozent. Die tatsächliche Nettoumsatzrendite lag in dem betreffenden Jahr bei 2,6 Prozent. Die Gewinnrate wurde demnach um das Sechsfache überschätzt. Einige Jahre später wurde 1 300 Personen die gleiche Frage gestellt. Der Durchschnitt der Antworten erreichte diesmal einen Wert von 24,15 DM, was einer Nettoumsatzrendite von 24 Prozent entspricht.

 

Die reale Zahl für die Jahre von 1982 bis 1992 betrug 2,02 Prozent.  Im Jahr 1993 wurde mit 1,2 Prozent ein Tiefpunkt erreicht. Die tatsächliche Rendite wurde bei dieser Befragung um das Zwölffache überschätzt. In einer Erhebung aus dem Jahr 1999 wurde die Nettoumsatzrendite im Mittel mit 20 Prozent beziffert. Im selben Jahr erreichte die Nettoumsatzrendite deutscher Industrie- und Handelsunternehmen knapp 2 Prozent. Die Überschätzung beträgt in diesem Falle das Zehnfache des tatsächlichen Wertes.4 Insgesamt ergibt sich aus diesen drei Befragungen ein ungewichteter Mittel- wert für die vermutete Umsatzrendite von rund 20 Prozent (exakt 19,97 Prozent).

 

Angesichts dieser erstaunlichen Befunde wollte ich mir selbst einen Eindruck verschaffen und befragte 2019 persönlich 100 Personen, die ich in einer Fußgängerzone und ähnlichen Situationen ansprach. Es handelt sich hierbei um ein sogenanntes Convenience Sample, von dem man keine repräsentativen Ergebnisse erwarten kann. Mir ging es nicht nur um Zahlen, sondern ich wollte auch die Reaktionen der Befragten beobachten. Ich stellte folgende Frage:

»Wieviel bleibt als Gewinn nach Steuern übrig, wenn ein Unter- nehmen 100 Euro als Umsatz einnimmt?« Diese Frage empfinden Wirtschaftskundige sicherlich als einfach. Für viele Befragte traf das allerdings nicht zu. Ein wesentlicher Anteil von ihnen empfand die Frage als schwierig. Manche zeigten sich konsterniert und bekundeten, dass sie noch nie über dieses Thema nachgedacht hätten. Einige konnten oder wollten partout keine Zahl nennen. Sie erklärten, keinerlei Vorstellung von der Gewinnmarge zu haben.

Andere verweigerten die Antwort aus ideologischen Gründen, beispielsweise mit dem Argument, sie lehnten Gewinn grundsätzlich ab. Diese Befragung war für mich eine neue, ungewohnte Erfahrung. Mir kam der Gedanke, dass man jedem Studierenden der Wirtschaftswissenschaften auferlegen sollte, normale Menschen zum Thema Gewinn zu befragen. Als Student und auch als Hochschullehrer habe ich das nie getan.

 

Wie sehen die Ergebnisse aus? Im Durchschnitt (arithmetisches Mittel) vermuteten die von mir Befragten eine Nettoumsatzrendite von 22,8 Prozent. Der Median lag bei 19,0 Prozent.5 Trotz des kleinen Stichprobenumfanges liegen diese Werte sehr nah an den Ergebnissen der früheren größeren repräsentativen Stichproben. Der Mittelwert sagt jedoch nicht alles. Deshalb stellen wir in dem Histogramm in Abbildung 2.1 die Verteilung der Antworten dar.

 

Man kann es kaum glauben. Die Antworten weisen eine Spannweite zwischen 0 und 80 Prozent auf. Die Standardabweichung, also die mittlere Abweichung vom Durchschnitt, ist mit 19 Prozent sehr groß. Diese Streuung belegt, dass eine weitverbreitete Unkenntnis beziehungsweise Unsicherheit in der Einschätzung von Gewinnen beziehungsweise Umsatzrenditen besteht. In der Abbildung findet sich auch der wahre Mittelwert der Nettoumsatzrendite deutscher Unternehmen für einen Zeitraum von 14 Jahren.  Er  liegt  bei 3,24 Prozent. Die Menschen überschätzen die Gewinnmarge um den Faktor sieben. Die weitverbreitete Unkenntnis zu Gewinnkennzahlen ist erschreckend. Resümierend bleibt festzustellen, dass Verbraucher Gewinnvorstellungen haben, die weit von der Realität entfernt und zudem mit hoher Unsicherheit behaftet sind.

 

 

Unterschätzte Aktienrendite

Wenn Menschen der Meinung sind, dass Unternehmen exorbitant hohe Gewinne erzielen, dann sollte man erwarten, dass sie Aktien für eine attraktive Anlageform halten. Schließlich gehören die Gewinne der Unternehmen gemäß unserer Definition in Kapitel 1 den Aktionären und niemandem sonst. Doch die Wahrnehmung der Renditen von Aktien steht in eklatantem Widerspruch zu den enormen Überschätzungen der Nettoumsatzrenditen. Eine Befragung von 4 973 Personen ergab die in Abbildung 2.2 dargestellte Verteilung der Antworten. Demnach antwortet  eine  Mehrheit von 52,3 Prozent auf die Frage, ob Aktien langfristig eine bessere Rendite als andere Geldanlagen bringen, mit »stimme eher nicht zu« (39,8 Prozent) beziehungsweise »stimme überhaupt nicht zu« (12,5 Prozent).

 

Einerseits werden die Gewinne der Unternehmen für sehr hoch gehalten, andererseits glauben viele Menschen nicht, dass Aktien eine höhere Rendite bringen. Diese Einschätzung der Attraktivität von Aktien steht komplett im Widerspruch zu der tatsächlichen Rendite dieser Anlagekategorie. In seinem Klassiker Stocks for the Long Run beziffert Jeremy Siegel die realen, das heißt inflations- bereinigten Nachsteuerrenditen auf Aktien für den sehr langen Zeitraum von 1802 bis 2012, also für 210 Jahre, mit 6,6 Prozent pro Jahr.  Abbildung 2.3 zeigt die langfristige reale Wertentwicklung

 

Asset Class Annualized

Return

Stocks 6.6 %
Bonds 3.6 %
Bills 2.7 %
Gold 0.7 %
US Dollar – 1.4 %

für Aktien (Stocks), langfristige Staatsanleihen (Bonds), kurzfristige Schatzwechsel (Bills), Gold und den US-Dollar.

 

Aktien sind also empirisch betrachtet eine sehr renditeträchtige Anlageform – allerdings nicht in den Augen der deutschen Verbraucher.

 

Hermann Simon: „Am Gewinn ist noch keine Firma kaputtgegangen“, 260 Seiten 34,– Euro Campus Verlag

 

Fehlwahrnehmungen und ihre Folgen

Die beschriebenen gravierenden Fehlwahrnehmungen in der Bevölkerung sind keineswegs auf Gewinne und Aktienrenditen beschränkt, sondern zeigen sich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Menschen schätzen die wirtschaftliche Lage regelmäßig und systematisch schlechter ein, als sie in Wirklichkeit ist. Solchen Wahrnehmungsverzerrungen unterliegen fast alle Menschen und Berufsgruppen. In einer repräsentativen Studie aus dem Jahr 2018 wurde in 37 Ländern nach der Höhe der Arbeitslosigkeit gefragt. Die Arbeitslosenquote wurde im  Durchschnitt  aller  Länder  auf 34 Prozent geschätzt, während sie in der Realität durchschnittlich nur 7 Prozent betrug. Für Deutschland lag die Schätzung bei 20 Prozent; die tatsächliche Arbeitslosenquote hingegen bei 4 Prozent.

 

Auch der Anteil von Musliminnen und Muslimen wird in Ländern wie den USA, Südafrika, Großbritannien, Deutschland und Frankreich massiv überschätzt. Die Befragten vermuteten muslimische Bevölkerungsanteile von 15 bis 31 Prozent, die tatsächlichen Zahlen lagen zwischen 1 und 7 Prozent.10 Die Überschätzung reichte bis zum Siebzehnfachen, war also noch fehlerhafter als bei den Umsatzrenditen. Hans Rosling berichtet in seinem vielbeachteten Buch Factfulness von unzähligen Wahrnehmungsverzerrungen aus verschiedensten Lebensbereichen und diagnostiziert eine »verheerende Unwissenheit«. Der Statistikprofessor Walter Krämer beschäftigt sich in mehreren Büchern mit diesem Phänomen.

Man kann sich kaum ausmalen, welche Fehlentscheidungen aus derart realitätsfernen Wahrnehmungen entstehen. Im Hinblick auf die falsche Einschätzung der Rendite von Aktien ist das besonders offensichtlich. Laut Angaben der Deutschen Börse für das Jahr 2016 liegt die Aktionärsquote in Deutschland im internationalen Vergleich extrem niedrig.

Abbildung 2.4 zeigt die Zahlen für ausgewählte Länder.

Niederlande 30 %
 

Japan

 

28 %

 

USA

25 %
 

Großbritannien

 

23 %

 

Schweiz

20 %
 

Schweden

19 %
 

Frankreich

15 %
 

Österreich

7 %
 

Deutschland

6 %

Abb. 2.4: Aktionärsanteil an der Gesamtbevölkerung nach Ländern

 

In einigen Studien wird die deutsche Aktionärsquote sogar noch niedriger angegeben,  in anderen hingegen mit 10 Prozent etwas höher beziffert. Aber das ändert an den Relationen zu den übrigen Ländern nichts, da die Quoten dort ebenfalls eine Tendenz nach oben aufweisen.  Je nach Land ist der Anteil der Aktienbesitzer zwei- bis fünfmal so hoch wie in Deutschland. In den Niederlanden, in Japan, Großbritannien und in der Schweiz haben die Menschen offensichtlich eine weit bessere Wahrnehmung der Attraktivität von Aktien und verhalten sich dementsprechend.

 

Das hat gravierende Folgen nicht nur für die Vermögensbildung in Deutschland, sondern auch auf die Kapitalmärkte generell und insbesondere die Börsenwerte, bei denen deutsche Unternehmen weit hinterherhinken. Hieraus entsteht eine echte Gefahr, auf die wir später noch eingehen. Aufgrund der Überschätzung der Gewinne sollte man zudem erwarten, dass der Beruf des Unternehmers in Deutschland hochbegehrt ist. Denn nur dem Unternehmer gehören die  Gewinne. Hier zeigt sich ein weiteres inkonsistentes Verhaltensmuster. Der hohen Gewinnwahrnehmung steht nämlich in Deutschland kein entsprechend starkes Interesse, Unternehmer zu werden und an den Gewinnen zu partizipieren, gegenüber.

 

Im Gegenteil, die sogenannte Gründungsrate ist seit 2004 von 10,1 Prozent auf 6,7 Prozent im Jahr 2016 gesunken. Die Gründungsrate ist der Quotient von Neugründungen und Zahl der Unternehmen. Noch stärker sank die Zahl der Unternehmensgründer, nämlich von 1,36 Millionen im Jahr 2004 auf 547 000 in 2018.16

 

Es bleibt festzuhalten, dass die Wahrnehmungen der Bevölkerung zu Gewinnen und Aktienrendite massiv von der Realität abweichen. Man kann geradezu von Realitätsverlust sprechen. Die Gewinne von Unternehmen werden um Größenordnungen überschätzt. Im Widerspruch dazu wird die Attraktivität von Aktien stark unterbewertet. Im Folgenden wollen wir die tatsächliche Gewinnsituation von Unternehmen näher beleuchten.

 

 

Gewinnwüste  Deutschland

Vor mehr als 20 Jahren habe ich Deutschland in einem Spiegel-Interview als »Servicewüste« bezeichnet. Ich bin geneigt, diesen Termin auch auf die Gewinnsituation zu übertragen und von Deutschland als »Gewinnwüste« zu sprechen. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass es hierzulande keine profitablen oder hochprofitablen Unternehmen gibt. Aber in der Durchschnittsbetrachtung der Renditen schneidet Deutschland im internationalen Vergleich schlecht ab.

 

Über die betrachteten 14 Jahre ergibt sich ein Mittelwert von 3,24 Prozent. Das heißt von 100 Euro Umsatz bleiben dem Unternehmer nur gut 3 Euro als Nettogewinn, mit dem er, wie in Kapitel 1 erläutert, seine Kapital-, Risiko- und Zukunftskosten abdecken muss. Bemerkenswert ist die geringe Schwankungsbreite der Renditen. Die Standardabweichung beträgt nur 0,43 Prozent. Im besten Jahr 2007 wurden 4,3 Prozent verdient, in den beiden schlechtesten Jahren 2003 (Platzen der New-Economy-Blase) und 2009 (Finanzkrise) waren es immerhin noch 2,5 Prozent. In zehn der 14 Jahre lag die Nettoumsatzrendite zwischen 3,0 und 3,5 Prozent.

Man kann also sagen, dass die deutschen Unternehmen unabhängig von Konjunk- turzyklen niedrige, allerdings ziemlich gleichmäßige Gewinnspannen aufweisen. Diese Verhältnisse sorgen für ein eher langweiliges Börsenklima und tragen insofern partiell zur Erklärung der niedrigen Marktkapitalisierung börsennotierter Aktiengesellschaften in Deutschland bei.

 

Vergleicht man diese Renditen mit den Werten, die in den Umfragen geäußert wurden, dann darf man vermuten, dass die niedrigen Durchschnittszahlen angezweifelt werden. Deshalb betrachten wir hier ein konkretes Fallbeispiel. Die Gewinn- und Verlustrechnung dieses klassischen mittelständischen Industrieunternehmens für das Geschäftsjahr 2017 ist in leicht komprimierter Form in Abbildung 2.6 dargestellt.

 

Mio. Euro in Prozent
Umsatz 193,5 100
Materialaufwand 118 61,0
Personalaufwand 44 22,7
Abschreibungen 5 2,6
Sonstiger Aufwand 16 8,3
Zinsen 1,3 0,7
Steuern 2,9 1,5
Jahresüberschuss 6,3 3,3

 

Abb. 2.6: Gewinn- und Verlustrechnung eines deutschen Industrieunternehmens für das Geschäftsjahr 2017 Quelle:   Bundesanzeiger

 

Die Nettoumsatzrendite (Jahresüberschuss) entspricht exakt dem deutschen Durchschnitt für das letzte Geschäftsjahr in Abbildung

2.5. Die Gewinnsituation kann man insofern als typisch für die deutsche Wirtschaft einstufen. Auf ihrer Homepage bezeichnet sich die Firma als »ein Unternehmen der Spitzenklasse, mit Bestleistungen und zukunftsweisenden Spitzenprodukten«. Das Unternehmen beschäftigt 600 Mitarbeiter und exportiert in 46 Länder. Die Bilanz- summe beträgt 114 Millionen Euro. Mit einer Eigenkapitalquote von 52,6 Prozent ist das Unternehmen sehr solide finanziert. Unterm Strich bleiben jedoch nur 3,3 Prozent vom Umsatz als Gewinn hängen. Die Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Umsatzrendite und dem Wert, den die Menschen auf der Straße vermuten, ist sehr hoch.

Besser sieht es bei der Gesamtkapitalrendite aus. In dieser Firma wird das Kapital 1,7-mal umgeschlagen. Das ist ein für Industrie- unternehmen hoher Wert. Somit ergibt sich nach Formel (1.9) eine Gesamtkapitalrendite von 5,6 Prozent. Das Unternehmen zahlt sehr niedrige Zinsen. Folglich fällt die Eigenkapitalrendite bei einer Fremdkapitalquote von nur 47,3 Prozent gemäß Formel (1.10) mit 10,6 Prozent spürbar höher aus. Dieser Wert liegt jedoch deutlich unter dem deutschen Durchschnitt, wie wir weiter unten zeigen werden. Die Ursache liegt darin, dass die Fremdkapitalquote bei den meisten deutschen Unternehmen deutlich höher ist (siehe Formel (1.10)). Es sei daran erinnert, dass die Eigenkapitalrendite die Kapital-, die Risiko- und die Zukunftskosten tragen muss.

 

 

Internationaler Vergleich

Bisher haben wir die Gewinnvermutungen und die tatsächlichen Gewinne in Deutschland betrachtet. Nicht minder wichtig und interessant sind internationale Vergleiche. Wie schneiden deutsche Unternehmen im Vergleich zu ihren ausländischen Wettbewerbern ab? Dazu betrachten wir Abbildung 2.6. Sie stellt die Nettoumsatzrenditen für die OECD-Länder für die Jahre 2003 bis 2011 dar.

 

Im Schnitt erreichten die deutschen Firmen in den neun betrachteten Jahren eine Nettoumsatzrendite von 3,4 Prozent. Dieser Wert ist sehr ähnlich dem Mittelwert von 3,24 Prozent für die Jahre 2003 bis 2016 aus Abbildung 2.5. Das deutet darauf hin, dass sich das Bild seit 2011 nicht grundlegend geändert hat. Im Vergleich zu den OECD-Ländern schneiden deutsche Firmen nachhaltig schlecht ab. Der Durchschnitt für die übrigen Länder in Abbildung 2.7 liegt bei 6,0 Prozent, also 76 Prozent über dem deutschen Mittelwert. Die Unternehmen in Großbritannien schafften 6,6 Prozent und in den USA 5,1 Prozent. Selbst französische Unternehmen übertrumpften ihre deutschen Pendants mit 4,5 Prozent Nettoumsatzrendite, das sind 32 Prozent mehr. Nur in Japan lag die durchschnittliche Rendite über die neun Jahre mit 2,3 noch niedriger als in Deutschland.

 

 

Österreich und Schweiz

Aufschlussreich ist ein Vergleich zwischen deutschen, österreichischen und schweizerischen Unternehmen. Abbildung 2.8 zeigt die durchschnittlichen  Nettoumsatzrenditen  für  die  Jahre  2007  bis 2011. Die geringfügige Abweichung der deutschen Renditen von Abbildung 2.7 ergibt sich aus dem anderen Berichtszeitraum.

Während der Unterschied zwischen deutschen und österreichischen Renditen nur marginal ist, spielen Schweizer Unternehmen in einer ganz anderen Gewinnklasse. Auf die Ursachen der niedrigen deutschen Renditen gehen wir in Kapitel 5 ausführlich ein. Hier sei zur Schweiz nur Folgendes angemerkt. Da es sich um Renditen nach Steuern handelt, schlagen die niedrigen Steuersätze in der Schweiz auf die Nettorenditen durch. Daraus folgt, dass die Schweizer Unternehmen eine wesentlich höhere Selbstfinanzierungskraft besitzen. Und die höhere Nettorendite wirkt sich massiv auf die Marktkapitalisierung aus. Das wertvollste deutsche Unternehmen ist SAP mit einem Börsenwert von 150 Milliarden Euro. Nestlé wird hingegen an der Börse mit 268 Milliarden Euro bewertet, bei Roche sind es 211 Milliarden Euro und bei Novartis 191 Milliarden Euro.20 Deutschland ist eine »Gewinnwüste« und in der Folge auch eine »Marktkapitalisierungswüste«.

  

Umsatzrenditen nach Branchen

Umsatzrenditen sind nach Branchen sehr verschieden. Insofern ist bei Vergleichen der Umsatzrenditen über Branchen hinweg Vorsicht geboten. Anders sieht das beispielsweise bei Eigenkapitalrenditen aus. Denn ein Investor wird sein Kapital bevorzugt in Unternehmen anlegen, die in einer Branche mit hohen Eigenkapitalrenditen tätig sind, natürlich unter Berücksichtigung des Risikos. Die Umsatzrenditen reflektieren Gegebenheiten der jeweiligen Branche wie Wert- schöpfungstiefe, Umschlagshäufigkeit des Kapitals, Intensität von Forschung und Entwicklung und Wettbewerb.

 

Die Quellenlage zu Umsatzrenditen nach Branchen ist spärlich, zudem mangelt es an Vergleichbarkeit der Daten. Insofern sollten die folgenden Werte nur als grobe Indikatoren interpretiert werden. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau berichtet für 2017 für mittel- ständische Unternehmen unterschiedlicher Branchen Umsatzrenditen vor Steuern.21 Zur Schätzung der in Abbildung 2.8 dargestellten Nachsteuerumsatzrendite haben wir diese Werte um 30 Prozent vermindert, was etwa der Höhe des Körperschaftsteuersatzes entspricht.

 

Für das sonstige verarbeitende  Gewerbe  liegt  die  Rendite  bei 3,1 Prozent, also sehr nah an dem oben dargestellten langjährigen Durchschnitt für die deutsche Wirtschaft. Der Mittelstand ins- gesamt wird in dieser Statistik auf 5,0 Prozent Nettoumsatzrendite taxiert. Auch innerhalb der Dienstleistungen gibt es große Unterschiede. Während wissensintensive Dienstleistungen 10,2 Prozent erreichen, schneiden die sonstigen Dienstleistungen mit 3,6 Prozent deutlich schlechter ab. Laut einer Umfrage des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung erwirtschafteten die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie 2018 eine Nettoumsatzrendite von  3,5  Prozent. Die Umsatzrendite korreliert negativ mit der Unternehmensgröße, das heißt, kleinere Betriebe erzielen im Durchschnitt eine höhere Umsatzrendite.

In einer Studie der 500 forschungsintensivsten börsennotierten Unternehmen  der  Welt  berichtet  die  Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY für ausgewählte Branchen Umsatzrenditen auf EBIT-Ba- sis.22 Abbildung 2.9 zeigt das Ergebnis. Die Renditeunterschiede sind erheblich. Die Pharma-/Biotechnologiebranche erzielt fast dreimal so hohe Renditen wie die Automobilindustrie. Dahinter stehen unter anderem  sehr  unterschiedliche  F&E-Intensitäten. So geben die Pharma-/Biotechnologieunternehmen im Schnitt 17,1 Prozent vom Umsatz für F&E aus, bei den Autofirmen sind es lediglich 4 Prozent.

 

Pharma/ Biotechnologie   14,2%

Gesundheitswesen   13,9%

Informationstechnologie/Digital   13,1%

Telekommunikation   21,7 %

Industrie  11,2 %

Chemie  7,4%

Automobilindustrie   10,1%

 

Abb. 2.9: Umsatzrenditen (EBIT) nach Branchen für F&E-intensive Unternehmen

Quelle: EY

 

Wir halten fest, dass die Umsatzrenditen nach Branchen stark variieren. Insofern sind branchenübergreifende Vergleiche von Umsatzrenditen normalerweise nicht sinnvoll. Für das einzelne Unternehmen stellen Vergleiche innerhalb der eigenen Branche hingegen einen aussagekräftigen Vergleichsmaßstab dar.

 

Renditen im Handel

Tendenziell niedrig, gleichwohl sehr unterschiedlich fallen die Umsatzrenditen im Handel aus. Das wollen wir an einer Auswahl von Beispielunternehmen illustrieren. Im Handel werden zwar hohe Umsätze getätigt, dabei aber in der Regel niedrige Gewinnmargen erzielt.

Im Lebensmitteleinzelhandel liegen die Gewinnmargen typischerweise unter 3 Prozent, oft sogar unter 1 Prozent. Der REWE- Konzern weist für 2017 einen Umsatz von 49,4 Milliarden Euro und einen Jahresüberschuss von 338 Millionen Euro aus. Daraus errechnet sich eine Nettoumsatzrendite von 0,68 Prozent. In der REWE-Group, die mehr Geschäfte als der Konzern umfasst, arbeiten 345 434 Menschen. Die Metro AG setzte 36,5 Milliarden Euro um und erwirtschaftete einen Jahresüberschuss von 348 Millionen Euro, somit eine Nettoumsatzrendite von 0,95 Prozent. Sie brauchte dazu 173 234 Mitarbeiter.

Der Möbelhändler IKEA liegt umsatzmäßig mit 36,3 Milliarden Euro nah an der Metro, erzielte in 2017 mit 208000 Mitarbeitern jedoch einen Jahresüberschuss von 2,47 Milliarden Euro, also den siebenfachen Nettogewinn der Metro. Die Nettoumsatzrendite von IKEA fällt mit 6,8 Prozent für einen Händler hoch aus. Doch selbst in Handelsgeschäften, die ansonsten stagnieren und schrumpfen, kann man mit der richtigen Strategie gute Gewinne erzielen. Die Ernst Stackmann GmbH & Co. KG, die in der Kleinstadt Buxtehude ein Warenhaus betreibt, erzielt bei einem Umsatz von 31,1 Millionen Euro einen Jahresüberschuss von 2,99 Millionen Euro. Das ergibt eine Nettoumsatzrendite von 9,62 Prozent.23 Noch besser schneiden die sogenannten Fast Fashion Filialisten ab. Im Jahr 2015 erwirtschaftete Inditex (Zara) unglaubliche 13,7 Prozent Nettoumsatzrendite.24 Auf dem Fuß folgten Primark mit 12,4 Prozent, H&M mit 11,3 Prozent und Uniqlo mit 10,4 Prozent. Alle diese Firmen sind Billiganbieter, die mit extrem günstigen Kosten und hohen Umschlagsgeschwindigkeiten arbeiten.

 

Im Großhandelsbereich beobachten wir ebenfalls große Unterschiede. Das umsatzmäßig größte Schweizer Unternehmen, Glencore, betreibt als Hauptgeschäft den Rohstoff- und Energiehandel. Glencore erzielte in 2017 einen Umsatz von 220 Milliarden Dollar sowie einen Nachsteuergewinn von 2,6 Milliarden Dollar, was einer Nettoumsatzrendite von 1,18 Prozent entspricht.

Die Hamburger Neumann Group, größter Rohkaffeehändler der Welt, erreichte bei einem Umsatz von 2,4 Milliarden Euro einen Jahresüberschuss von 19,7 Millionen Euro, also eine Nettoumsatzrendite von 0,82 Prozent. Dazu wurden 2 300 Mitarbeiter benötigt.

Der Lebensmittelsystemanbieter (Groß- und Außenhändler) August Toepfer & Co. (ATCO) erwirtschaftete mit 400 Mitarbeitern einen Umsatz von 340 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von 2,4 Millionen Euro. Die Nettoumsatzrendite beträgt somit 0,71 Prozent.

Mit rund 34 000 Mitarbeitern setzte der Pharmagroßhändler Phoenix Pharma SE im Geschäftsjahr 2017/2018 24,9 Milliarden Euro um und erarbeitete einen Nachsteuergewinn von 186 Millionen Euro, was einer Nettoumsatzrendite von 0,74 Prozent entspricht. Von 100 Euro Umsatz bleiben Phoenix also 74 Cent als Gewinn.

Der Industriebedarfshändler Würth kam im Jahr 2018 mit 77 080 Mitarbeitern auf einen Umsatz von 13,6 Milliarden Euro sowie einen Jahresüberschuss von 687 Millionen Euro, was eine für die Handelsbranche hohe Nettoumsatzrendite von 5,0 Prozent ergibt. Fielmann, der europäische Marktführer unter den Optikern, erzielte in 2017 einen Umsatz von 1,39 Milliarden Euro und einen Nettogewinn von 172,9 Millionen Euro, demnach eine Nettoumsatzrendite von 12,5 Prozent. Allerdings ist Fielmann kein reiner Händler, sondern weist eine tiefere Wertschöpfung auf, da er auch diagnostische und handwerkliche Leistungen erbringt.

Diese Beispiele illustrieren, dass selbst innerhalb des Handels die Umsatzrenditen sowie die dahinterstehenden Wertschöpfungsstrukturen sehr verschieden sein können und die Kennzahlen über Subbranchen des Handels hinweg nur eingeschränkt vergleichbar sind.

 

 

Eigenkapitalrenditen

Bisher haben wir Umsatzrenditen verglichen. Nun kann man mit einer gewissen Berechtigung fragen, ob das der relevante Vergleich ist. Kommt es nicht vielmehr darauf an, wie sich das Eigenkapitel verzinst? Sind die Eigentümer von Aktiengesellschaften, also die Aktionäre, nicht stärker an der Eigenkapitalrendite als an der Umsatzrendite interessiert? Wie bereits erwähnt, ist dies insbesondere im branchenübergreifenden Vergleich sicherlich der Fall. Aus Investorensicht ergeben solche Vergleiche großen Sinn. Zudem drängt sich die Frage auf, ob deutsche Unternehmen bei der Eigenkapitalrendite international besser abschneiden als bei der Umsatzrendite?

In der Tat erreichten deutsche Unternehmen im Jahr 2016, dem letzten Berichtsjahr, eine durchschnittliche Nettoeigenkapitalrendite von 15,4 Prozent.25 Dieser Wert bewegt sich in einer international vergleichbaren Größenordnung, die etwa für die USA bei 16,9 Prozent und für Europa bei 12,9 liegt.26 Bei der Eigenkapitalrendite scheint die deutsche Welt also in Ordnung, jedenfalls deutlich besser als bei der Umsatzrendite.

Nun gibt es bei der Eigenkapitalrendite allerdings eine Besonderheit. Man kann sie nach oben treiben, indem man den Nenner, also das Eigenkapital, klein hält beziehungsweise verkleinert. Bei gegebenem Kapitalbedarf geht das nur, indem das Fremdkapital ent- sprechend erhöht wird. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an Formel (1.10):

Eigenkapitelrendite = Gesamtkapitalrendite/(1 – Fremdkapitalquote)

Wenn bei gegebener Gesamtkapitalrendite die Fremdkapitalquote steigt, dann geht die Eigenkapitalrendite nach oben. Zu den Fremdkapitalquoten deutscher Unternehmen  findet man unterschiedliche Angaben. Für die Jahre 2003 bis 2016 waren deutsche Unternehmen mit einer durchschnittlichen Fremdkapitalquote von 73,3 Prozent (= Fremdkapital/Gesamtkapital) im internationalen Vergleich hoch verschuldet. Das Institut für Mittelstandforschung schätzt die Fremdkapitalquote in Deutschland auf 75 Prozent, wobei für Großunternehmen mit 70,6 Prozent ein etwas niedrigerer Wert als für Mittelständler mit 75,9 Prozent angegeben wird.

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) berichtet in ihrem Mittelstandsatlas 2018 eine Fremdkapitalquote von 71 Prozent. In einer anderen Studie wird für den deutschen Mittelstand für 2017 eine Quote von 68,8 Prozent angegeben. Beim deutschen Maschinenbau sind es 70 Prozent, in sechs Vergleichsländern 62 Prozent. Im Fahrzeugbau beträgt die deutsche Quote 83 Prozent, in sechs Vergleichsländern 73 Prozent. In der Energiebranche sind die entsprechenden Zahlen 78 und 73 Prozent. Schindele und Szczesny schreiben: »German SMEs typcially rely on a financing concept with a markedly low equity ratio. With an approximately 25 % equity ratio over all companies and around 20 % average equity ratio among SMEs, these figures lie notably below those of international counterparts (on average 50 % equity ratio).«

Man liegt also nicht ganz falsch, wenn man die Fremdkapitalquote deutscher Unternehmen auf gut 70 Prozent beziffert und davon ausgeht, dass deutsche Unternehmen eine um 10 bis 20 Prozent höhere Fremdkapitalquote aufweisen als Unternehmen aus Vergleichsländern. Erfreulich ist allerdings, dass die Eigenkapitalquote der deutschen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zwischen 2006 und 2016 von 17,7 Prozent auf 28,1 Prozent gestiegen ist. Das erklärt teilweise, warum die Eigenkapitalrendite im selben Zeitraum von 22,6 auf 15,4 Prozent gesunken ist.

In dem Rechenbeispiel im Kontext von Formel (1.10) in Kapitel 1 haben wir gezeigt, dass die Eigenkapitalrendite von 15 auf 18,9 Prozent steigt, wenn die Fremdkapitalquote von 50 auf 60 Prozent erhöht wird. Und geht man auf 70 Prozent Fremdkapitalquote, dann schnellt die Eigenkapitalrendite sogar auf 21,7 Prozent hoch. Die Eigenkapitalrendite steigt prozentual also stärker als die Fremdkapitalquote. Mit anderen Worten, die Elastizität der Eigenkapitelrendite gegenüber der Fremdkapitalquote ist größer als 1.34 Das gilt selbst- verständlich nur bei positivem Leverage-Effekt.

Die höhere Verschuldung treibt zwar die Eigenkapitalrendite nach oben, aber  sie hat eine unerwünschte  Nebenwirkung. Mit höheren Schulden steigt nämlich das Risiko. Das im Vergleich zur Umsatzrendite bessere Abschneiden deutscher Unternehmen bei der Eigenkapitalrendite wird also mit höherem Risiko erkauft. Das heißt in der höheren Eigenkapitalrendite verstecken sich erhöhte Risikokosten, deren Höhe sich nur schwer quantifizieren lässt.

 

 

Renditen der Hidden Champions

Unsere vorstehende Analyse der Profitabilität deutscher Unternehmen fällt ausgesprochen kritisch aus. Man sollte sich gleichwohl vor Augen halten, dass es sich hierbei um Durchschnittsbetrachtungen handelt, die immer nur einen Teil der Wirklichkeit wiedergeben können. Denn auch in Deutschland gibt es hochprofitable Unternehmen. Diese Aussage wollen wir an ausgewählten Beispielen illustrieren.

Als erstes betrachten wir die Hidden Champions. Ein Hidden Champion ist ein Unternehmen, das zu den Top 3 in seinem Welt- markt gehört oder die Nummer 1 auf seinem Kontinent ist, weniger als 5 Milliarden Euro Umsatz macht und im allgemeinen Publikum wenig bekannt ist.36 Deutschland hat mehr dieser Unternehmen als jedes andere Land. Die Hidden Champions bilden die Elite des deutschen Mittelstandes.

Seit Anfang der 1990er Jahre bis 2019 haben wir zahlreiche Studien bei den Hidden Champions durchgeführt und fragten dabei nach der durchschnittlichen Gesamtkapitalrendite in den letzten zehn Jahren. Der resultierende Wert liegt bei 14 Prozent. Verknüpft man diese Gesamtkapitalrendite mit der Eigenkapitalquote der Hidden Champions von 42 Prozent und nimmt Fremdkapitalkosten von 6 Prozent an, so ergibt sich eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent. Macht man die für Industrieunternehmen realistische Annahme, dass das Kapital einmal pro Jahr umgeschlagen wird, dann bleibt nach Abzug der Fremdkapitalkosten (Annahme: 6 Prozent auf 58 Prozent Fremdkapital) eine Umsatzrendite vor Steuern von rund 11 Prozent. Wendet man darauf einen Körperschaftsteuersatz von knapp 30 Prozent an, so erhält man eine Umsatzrendite nach Steuern von 8 Prozent. Diese Gewinnkennzahlen sind in Abbildung 2.10 zusammengefasst.

 

 

Kennzahl Wert
Gesamtkapitalrendite vor Steuern 14 %
Eigenkapitalrendite vor Steuern 25 %
Umsatzrendite vor Steuern 11 %
Umsatzrendite nach Steuern 8 %

 

Abb. 2.10: Gewinnkennzahlen der Hidden Champions (mehrere Hidden-Champions-Studien 1990–2019)

 

Die Profitabilität der Hidden Champions stellt sich im Vergleich als hervorragend dar. Wie wir gesehen haben, liegt die langjährige durchschnittliche Nettoumsatzrendite in Deutschland bei 3,2 Prozent. Die Hidden Champions sind 2,5-mal so profitabel wie das typische deutsche Industrieunternehmen. Auch gegenüber den größten Unternehmen der Welt, den Fortune Global 500, brauchen sich die Hidden Champions gewinnmäßig nicht zu verstecken. Deren Nettoumsatzrendite liegt bei 6,3 Prozent. Die Hidden Champions über- treffen diesen Wert um 27 Prozent. Allerdings können sie mit der Nettoumsatzrendite von 21 Prozent der zehn profitabelsten Größtunternehmen nicht mithalten.

Es bleibt festzuhalten, dass die Hidden Champions im langjährigen Vergleich eine ausgezeichnete Profitabilität aufweisen. Diese liegt, gemessen als Nettoumsatzrendite, bei mehr als dem Doppelten des deutschen Durchschnittswertes und übertrifft auch die Rendite der 500 größten Firmen der Welt deutlich. Auch die Eigenkapitalrendite der Hidden Champions liegt mit 25 Prozent deutlich höher als der deutsche Durchschnittswert von 15,4 Prozent, und zwar ohne dass dies durch eine höhere Fremdkapitalquote erkauft wird. Vielmehr unterschreitet die Fremdkapitalquote der Hidden Champions in Höhe von 58 Prozent den deutschen Mittelwert von gut 70 Prozent signifikant.

Die Gewinne der Hidden Champions beruhen auf kontinuierlicher Innovation und Spitzenleistung, auch das den Mittelstand prägende Kostenbewusstsein trägt wesentlich zu der hohen Profitabilität bei. Gute Gewinne bilden die Basis für die Bildung von Eigenkapital, was in der Folge zu einer niedrigeren Fremdkapitalquote führt und somit das Risiko reduziert.

 

Deutsche Gewinn-Stars

Trotz der insgesamt eher trüben Gewinnsituation gibt es auch unter deutschen Unternehmen Gewinn-Stars, die in der internationalen Spitzengruppe mithalten können. In Abbildung 2.11 listen wir 26 Unternehmen auf, die ausnahmslos eine Nettoumsatzrendite von mehr als 20 Prozent erzielen. Man sollte sich vor Augen halten, dass es sich hier um extrem hohe Gewinnspannen handelt. Überraschend und aufschlussreich an dieser Auswahl ist, dass diese Gewinn-Stars keineswegs nur aus einer oder wenigen Branchen wie etwa Pharma oder Luxusgüter stammen, in denen man hohe Renditen erwartet, sondern dass sie branchenmäßig breit gestreut sind.

Die höchste Nettoumsatzrendite erzielt der börsennotierte Immobiliendienstleister Publity AG mit 43,1 Prozent. In der Liste finden sich ein Küchengerätehersteller wie Rational, Elektronikfirmen wie Puls und Scheubeck Holding (Maschinenfabrik Rein- hausen), das Rabattsystem Payback, Software- und Internetanbieter wie Teamviewer oder Scout24, der Tickethändler CTS Eventim, ein Chemieunternehmen wie Chemetall und sogar ein Hotel wie Motel One. Mast-Jägermeister ist der einzige Gewinn-Star aus dem Lebens- mittelbereich. Selbst die ansonsten krisengeschüttelte Printmedienbranche ist mit dem Prisma-Verlag vertreten. Und obwohl klein, ist die hochprofitable Weng Fine Art AG sogar börsennotiert. Die Zahlen beziehen sich in der Regel auf das Geschäftsjahr 2017.

 

 

 

Unternehmen

 

Branche                    Umsatz in Mio. Euro

Netto- gewinn in Mio. Euro Nettoum- satzrendite in Prozent
CTS Eventim Ticketing 225 95,4 42,4
Teamviewer Remote                    157

Screen Control

61,9 39,4
Deutsche Börse Group Finanzwesen             2802 896 32,0
Chemetall Chemie                    188 59,8 31,8
Payback Rabatt-                     281

systeme

87,9 31,3
Lohmann The- rapiesysteme Therapie-                  226

systeme

69,3 30,7
Kryolan Professionel-             25

les Make-up

7,5 30,0
Eppendorf Laborgeräte              425 120,9 28,4
FTI Ticketshop Ticketing                  15,4 4,3 27,9
Puls Hutschienen-            108

Netzteile

28,9 26,8

 

 

 

 

Unternehmen

 

Branche                    Umsatz in Mio. Euro

Netto- gewinn in Mio. Euro Nettoum- satzrendite in Prozent
Rational Großküchen- geräte 491 129 26,3
Pulsion Medizin- technik 25,6 6,7 26,2
Lange Uhren Uhren 114 28,8 25,3
RIB Software Software für Bau 54 12,8 23,7
Lamy Schreibgeräte 112 26,0 23,2
Scout24 Advisory Sales 480 110,9 23,1
Buhl-Data- Service Software 85 19,5 22,9
Evotec Pharma- entwicklung 375 84,1 22,4
Weng Fine Art Kunsthandel 4,4 0,97 22,0
Dr. Falk Pharma Pharma 324 71,4 22,0
Prisma Verlag Programm- beilagen 25,6 5,56 21,7
Motel One Hotel 487 104 21,4
Mast-Jäger- meister Spirituosen 412 87,7 21,3
Horst Brandstätter Holding (Playmobil) Spielzeuge 642 133 20,7
Scheubeck Holding (Reinhausen) Elektronik 745 151 20,3
Lotto 24 Online-Lotto 38,3 7,7 20,1

 

Abb. 2.11: Auswahl von deutschen Gewinn-Stars mit Nettoumsatzrenditen von mehr als 20 Prozent

Quellen: Bundesanzeiger, Geschäftsberichte, FAZ, Handelsblatt

 

In dieser Tabelle findet sich mit der Deutsche Börse Group nur ein DAX-Unternehmen. Allerdings liegen mehrere DAX-Unternehmen nicht weit darunter. Wirecard schaffte in 2017 eine Nettoumsatzrendite von 17,42 Prozent, dicht dahinter folgt SAP mit 17,08 Prozent.

  1. Merck erreichte 16,63 Prozent. Auch die im M-Dax notierte Software AG kann sich mit 16,13 Prozent sehen lassen.

Auch im Dienstleistungssektor findet man hochprofitable Unter- nehmen. Manchmal ist die Umsatzrendite dabei kein aussagefähiger Indikator. Ein Beispiel ist die DKV Mobility Services Holding (DKV), ein führender Dienstleister für den gewerblichen Güter- und Personentransport auf der Straße. DKV weist einen Umsatz von 5,82 Milliarden Euro aus, in dem allerdings die durchlaufenden Kosten für Treibstoffe etc. in Höhe von 5,57 Milliarden Euro enthalten sind.

Die Wertschöpfung, man kann auch sagen das Rohergebnis, beträgt demnach »nur« 247 Millionen Euro, aus dem ein Nettogewinn von 92 Millionen Euro, was 37,2 Prozent entspricht, erwirtschaftet wird – eine phantastische Leistung. Auch der Autovermieter Sixt weist in 2018 bei einem Umsatz von 2,93 Milliarden Euro einen Nettogewinn von 439 Millionen Euro, somit eine hohe Nettoumsatzrendite von 15,0 Prozent aus.

Mit diesen Fallbeispielen will ich vor allem zwei Botschaften vermitteln. Die erste Botschaft ist, dass es in Deutschland sehr wohl gelingen kann, hohe Gewinne zu erzielen. Man kann den Eindruck haben, die Verbraucher hätten bei den eingangs dieses Kapitels angeführten Befragungen an Firmen mit solchen Gewinnraten gedacht, denn es existieren tatsächlich Nettoumsatzrenditen in der von den Menschen auf der Straße vermuteten Höhe. Selbst in Deutschland gibt es also Gewinn-Stars, aber es sind leider nur sehr wenige. Zweitens zeigen die angeführten Beispiele, dass hohe Renditen in sehr unterschiedlichen Branchen erwirtschaftet werden können. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Branche ist also nicht unbedingt ein überzeugendes Argument für eine schlechte Gewinnperformance. Letztlich kommt es auf das Unternehmen und seine Kompetenzen an.

Gleichzeitig muss ich eingestehen, dass diese Fallbeispiele in Deutschland seltene Ausnahmen sind. Die Zusammenstellung der Abbildung 2.10 kostete einige Zeit und Mühe und setzte eine gewisse Kenntnis des deutschen Mittelstandes voraus. Es fällt zudem auf, dass – anders als in den USA – mit der Deutsche Börse Group nur ein großes deutsches Unternehmen eine Nettoumsatzrendite von mehr als 20 Prozent erzielt. Apple schafft das seit Jahren: Im Jahr 2017 erzielte die Firma eine Nettoumsatzrendite von 21,1 Prozent, 2018 waren es 22,3 Prozent. Derart hohe Gewinnraten findet man in Deutschland allenfalls unter mittleren und kleineren Unternehmen.

 

 

Deutsche Großunternehmen: Umsatz hoch, Gewinn niedrig

Die amerikanische Zeitschrift Fortune veröffentlicht jährlich eine Rangliste der nach Umsatz größten Unternehmen der Welt, die sogenannte »Fortune Global 500 List«. Zunächst vergleichen wir die 100 gewinnträchtigsten Unternehmen aus dieser Liste für das Jahr 2017. Unter den weltweit 100 Unternehmen mit den absolut höchsten Gewinnen befinden sich sieben deutsche Firmen. Allerdings schafft es keine von diesen in die Top 10. Die Umsätze und Gewinne der globalen Top 10 stellen wir in Abbildung 2.12 den entsprechenden Werten der sieben profitabelsten deutschen Firmen gegenüber.

Dieses Bild beinhaltet eine aufschlussreiche Botschaft. Wie die horizontalen Balken unten in der Abbildung zeigen, überlappen sich die Umsätze der profitabelsten deutschen Großunternehmen mit denjenigen der zehn profitabelsten Firmen der Welt. Mehrere von ihnen bewegen sich in der gleichen Umsatzklasse wie die inter- nationalen Gewinnführer. Aber beim Gewinn fallen die deutschen Unternehmen generell spürbar zurück, wie man an den vertikalen Balken links sieht. Die Abbildung 2.12 erlaubt eine graphische Veranschaulichung der Nettoumsatzrendite. Diese entspricht der Steigung des Fahrstrahls vom Koordinatenursprung zur jeweiligen Position.

Für Apple (Steigung beziehungsweise Nettoumsatzrendite 21,1 Prozent) und Volkswagen (Steigung beziehungsweise Nettoumsatzrendite 5,0 Prozent) sind diese Fahrstrahlen eingezeichnet. Der enorme Unterschied wird auf diese Weise drastisch veranschaulicht. Im Durchschnitt liegt die Nettoumsatzrendite der sieben deutschen Firmen bei 7,2 Prozent. Das ist wesentlich mehr als die 3,24 Prozent Gewinn in Mrd. Dollar aller deutschen Unternehmen aus Abbildung 2.5. Im nationalen Vergleich sind die sieben also deutlich profitabler. International sieht es hingegen ganz anders aus. Denn die zehn profitabelsten Unternehmen der Welt erreichen eine Nettoumsatzrendite von 21,0 Prozent, also fast den dreifachen Wert der Deutschen. Und selbst wenn man die drei chinesischen Banken herausnimmt, mit denen der Vergleich vielleicht nicht ganz fair ist, kommt man auf eine Durchschnittsrendite von 19,2 Prozent. Ironischerweise bewegen sich diese Werte in der Größenordnung, die von den deutschen Verbrauchern vermutet wird.

In einem zweiten Vergleich greifen wir auf die Daten der For- tune-Global-500-Liste für 2018 zurück und betrachten die in Abbildung 2.13 dargestellten gewinnträchtigsten Unternehmen, diesmal bewusst ohne Banken.

 

Insgesamt zeigt sich bei diesem Vergleich ohne Banken ein ähnliches Bild wie für 2017. Wie die horizontalen Balken andeuten, überlappen sich die Umsatzbereiche der beiden Gruppen, während beim Gewinn – senkrechte Balken – eine vollständige Disjunktivität vorliegt. Im Durchschnitt erwirtschaften die internationalen Unternehmen eine Nettoumsatzrendite von 13,8 Prozent, während die deutschen Firmen nur 4,9 Prozent, also nur gut ein Drittel des internationalen Wertes, schaffen. Betrachtet man, um den Einfluss von Ausreißern wie Apple auszuschließen, statt des Mittelwertes den Median, so ändern sich die Relationen mit 11,6 Prozent Umsatzrendite für die internationalen und 4,6 Prozent für die deutschen Unternehmen nur geringfügig. Auch beim Median schaffen die deutschen Firmen nur 39,7 Prozent der internationalen Top-Renditen. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den internationalen Gewinnführern keineswegs nur um US-amerikanische Unternehmen handelt, unter den zehn aufgeführten sind mit Royal Dutch Shell, Samsung Electronics, Toyota und Gazprom immerhin vier nichtamerikanische.

Bessert sich die Situation? Aus einer 2019 veröffentlichten Studie der 1 000 größten börsennotierten Unternehmen der Welt ergibt sich, »dass deutsche Großunternehmen sowohl beim Umsatzwachstum als auch bei der Gewinnentwicklung die absoluten Schlusslichter auf der Welt sind. Bei der Gewinnentwicklung musste Deutschland als einziges Land einen Gewinnrückgang hinnehmen.« Es führt kein Weg an der Schlussfolgerung vorbei, dass die deutschen Großunternehmen bei der Profitabilität massiven Nachholbedarf haben. Wie im Kontext von Abbildung 2.8 erläutert, gilt diese Aus- sage auch für österreichische Unternehmen. Sie spielen in der gleichen niedrigen Gewinnklasse wie ihre deutschen Pendants. Ganz anders sieht es bei den Schweizer Unternehmen aus. Ihre Gewinne liegen international in der Spitzengruppe.

Die Gewinnschwäche, die sich in entsprechend niedrigen Marktkapitalisierungen  niederschlägt,  bildet  im  internationalen  Wettbewerb eine permanente Gefahr. Die Fusion von Linde und Praxair spricht diesbezüglich eine deutliche Sprache. Im Jahr 2017 erzielte Linde einen Umsatz von 19,3 Milliarden Dollar und einen Netto- gewinn von 1,4 Milliarden Dollar, was einer Umsatzrendite von 7,3 Prozent entspricht, ein für deutsche Verhältnisse sehr ordentlicher Wert. An der Börse wurde Linde mit etwa 45 Milliarden Dollar bewertet. Praxair setzte im selben Jahr nur 11,4 Milliarden Dollar um, erzielte aber einen Nettogewinn von 1,55 Milliarden Dollar. Der Börsenwert lag ebenfalls bei circa 45 Milliarden Dollar.

Obwohl Linde im Umsatz 69 Prozent größer war als Praxair, hat man den Eindruck, dass Praxair in diesem Merger die Oberhand behielt.44 Letztlich zählen Gewinn und Marktkapitalisierung und nicht Umsatz. Das hört man in Deutschland nicht gern, aber so tickt die Welt. Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die deutschen Groß- unternehmen  im  internationalen  Vergleich  zwar  hohe  Umsätze aufweisen, bei den Gewinnen jedoch stark schwächeln. Im inner- deutschen Vergleich schneiden die Großen hingegen überdurchschnittlich gut ab. Bei global operierenden Großunternehmen ist allerdings die internationale und nicht die nationale Messlatte an- zulegen. Eine wesentlich entschiedenere Gewinnorientierung erscheint dringend angezeigt.

 

Globale Superstars

In einer weltweit angelegten Studie hat das McKinsey Global Institute die Gewinne von 5 750 Großunternehmen mit mindestens 1 Milliarde Dollar Umsatz unter die Lupe genommen.45 Als Kriterium für ein Ranking verwendet man den Economic Profit, also den Gewinn, der über die Kapitalkosten WACC (siehe Kapitel 1) hinaus erwirtschaftet wird. Unternehmen, die beim Economic Profit zu den besten 10 Prozent, also dem obersten Dezil der 5 750 Firmen gehören, werden als »Superstars« bezeichnet. Das sind 575 Unternehmen. Die Befunde der Studie sind überraschend und äußerst interessant:

 

  • Die Verteilung der Economic Profits ist höchst ungleich. Das oberste Dezil der Superstars vereinnahmt 80 Prozent des Economic Profits aller Firmen. Diese Relation erinnert an Apple, das über Jahre trotz eines mengenmäßigen Marktanteils von »nur« 15 Prozent mehr als 80 Prozent der Gewinne im Smartphone- Markt einstrich.
  • Allein auf die Superstars, die zum besten Prozent gehören, entfallen 36 Prozent der gesamten Economic Profits.
  • Die mittleren 60 Prozent aller Firmen erwirtschaften einen Economic Profit von nahe an Null, verdienen also bestenfalls ihre Kapitalkosten WACC.
  • Das unterste Dezil, also die gewinnschwächsten 10 Prozent der Firmen erleiden Economic Losses und vernichten insgesamt so viel Wert, wie die Superstars generieren. Dennoch überleben viele dieser Firmen, weil sie von den Staaten am Leben gehalten werden. In der Studie werden sie als »Zombie-Companies« bezeichnet.
  • Die Lücke zwischen den Superstars und der Medianfirma wächst im Zeitablauf. Das Gleiche gilt für das unterste Dezil. Superstars und Superverlierer liegen heute deutlich weiter auseinander als vor zwanzig Jahren.
  • Im Superstar-Segment herrscht eine hohe Dynamik. Fast 50 Pro- zent der Superstars steigen innerhalb von zehn Jahren aus dem obersten Dezil ab. Von diesen fallen 40 Prozent, also insgesamt 20 Prozent, sogar ins unterste Dezil zurück. Die Börsenregel »Greife nie in ein fallendes Messer« scheint hier ihre Bestätigung zu finden.
  • Superstars sind keineswegs auf einzelne Branchen beschränkt. Die Branchendiversität hat vielmehr zugenommen. Das erscheint konsistent mit der Branchenvielfalt der deutschen Gewinn-Stars in Abbildung 2.11. Stark an Bedeutung gewonnen haben folgende Sektoren: Finanzwesen, professionelle Dienstleistungen, Immobilien, Pharmazeutika/Medizintechnik und Internet/Me- dien/Software.
  • Nicht überraschend ist, dass die Streuung nach Regionen größer geworden ist. Dabei konzentrieren sich die Superstars immer stärker auf die sogenannten Megacities. Unter den 50 »Superstar-Cities« finden sich auch drei deutsche: Köln-Düsseldorf, Frankfurt und München. Die Pro-Kopf-Einkommen in den Superstar-Cities sind 45 Prozent höher als in den sie umgebenden Regionen.

 

Die Superstar-Studie liefert eine weitere Facette der extrem ungleichen Verteilung von Gewinnen. Wenige Superstars ernten den weitaus größten Teil der in einem Markt erwirtschafteten Gewinne. Die Mehrheit der großen Unternehmen verdient allenfalls ihre Kapitalkosten beziehungsweise unterliegt Economic Losses. Wir beobachten eine zunehmende Dynamik und Volatilität der Gewinnpositionen, die von Trends wie Digitalisierung, höherer Forschungs- und Know-how-Intensität sowie dem Aufstieg neuer Firmen aus den Schwellenländern getragen wird. In Kapitel 5 werden wir vertieft auf diese Ursachen und die zu ziehenden Schlussfolgerungen eingehen.

Zusammenfassung

Die Menschen auf der Straße haben völlig falsche Vorstellungen von den tatsächlichen Unternehmensgewinnen. Sie überschätzen die Nettoumsatzrendite um den Faktor 5 bis 10. Die langjährige Nettoumsatzrendite  deutscher  Unternehmen  liegt  bei  niedrigen 3 Prozent. Die Hidden Champions heben sich positiv von diesem Muster ab. Ihre Rendite erreicht mehr als das Doppelte des deutschen Durchschnitts. Daneben gibt es in Deutschland Gewinn-Stars, die mit mehr als 20 Prozent Nettoumsatzrendite in der globalen Spitzenklasse spielen. Diese Gruppe ist allerdings klein, mit der Deutsche Börse Group gehört ihr nur ein DAX-Unternehmen an.

Die im absoluten Sinne profitabelsten deutschen Firmen bewegen sich umsatzmäßig in der gleichen Liga wie internationale Größtunternehmen, schneiden jedoch beim Gewinn signifikant schlechter ab. An die globalen Superstars, die 80 Prozent der Gewinne in ihren Märkten auf sich ziehen, reichen deutsche Unternehmen nicht heran. Daraus entstehen gravierende Nachteile für die Marktkapitalisierung, damit erhebliche Risiken. Im Fazit ergibt sich das Bild einer weitverbreiteten Gewinnschwäche deutscher Unternehmen, deren Ursachen und mögliche Lösungen wir in Kapitel 5 vertieft diskutieren werden.

 

 

 

 

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