Führungskräfte ohne Digitalstrategie (7) – Chefs sind nur noch vorübergehende Erscheinungen – und das hierarchiefrei und im Austausch. Von Ulrich Goldschmidt vom DFK-Verband für Führungskräfte

Führungskräfte ohne Digitalstrategie: Gastbeitrag von Ulrich Goldschmidt (7).

Manager reden zwar von Digitalisierung – lassen ihren Worten aber keine Taten folgen. Laut der Studie „Führung und Digitalisierung“ des DFK-Verbands für Fach- und Führungskräfte gibt es Vorgesetzte bald nur noch für kurze Zeitspannnen. Hierarchien sind perdu, es geht um Austausch.

 

Ulrich Goldschmidt (Foto: C.Tödtmann)

 

Immerhin glauben 44 Prozent der Fach- und Führungskräfte in Deutschland, dass Managementaufgaben in den Unternehmen künftig nur noch auf Zeit vergeben werden – und dass die Digitalisierung diesen Trend noch verstärken wird.

Das ist eins der Ergebnisse der Studie „Führung und Digitalisierung“, für die der Berufsverband DFK – Verband für Fach- und Führungskräfte über 1.500 Fach- und Führungskräfte zu Trends in der Arbeitswelt 4.0 befragt hat.

Die wenigsten dagegen glauben an eine Demokratisierung der Betriebe und eine Wahl der Führungskräfte durch die Mitarbeiter. Überraschend ist, dass schon heute 31 Prozent der Befragten glauben, der Arbeitgeber werde künftig nur noch Arbeitsangebote unterbreiten aus denen die Mitarbeiter auswählen. Große Zustimmung gibt es dafür, dass die Digitalisierung den Trend zur Selbstführung der Mitarbeiter verstärken wird und Netzwerk-Strukturen die traditionellen Hierarchien ersetzen.

 

Nur für ein paar Monate Chef – Top-Manager rechnen nicht damit 

Verschieden Unternehmen experimentieren bereits seit einiger Zeit damit, Führungsaufgaben nur noch befristet zu übertragen. Verstärkt wurde dieser Trend durch die zunehmende Verbreitung von Projektarbeiten. Dass auch die Digitalisierung dazu beitragen wird, glauben 40 Prozent der männlichen und 56 Prozent der weiblichen Fach- und Führungskräfte. Etwas überraschend: Nur 33 Prozent der befragten Vorstände und Geschäftsführer sehen das so.

 

Mitarbeiter wählen Führungskräfte

Die wenigsten Führungskräfte können sich vorstellen, dass die Digitalisierung die Demokratisierung der Unternehmen vorantreiben könnte. Nur 14 Prozent meinen, dass die Führungskräfte künftig von den Mitarbeitern gewählt werden. Was heute noch wie eine Science-Fiction-Erzählung aus ferner Zukunft klingt, ist gar nicht so weit entfernt, wenn man genauer hinschaut. Auch wenn es noch kein flächendeckendes Phänomen ist, finden sich erste Beispiele für solche Führungskräfte-Wahlen. Dabei handelt es sich auch nicht etwa nur um obskure Start-ups mit eng begrenzter Lebenszeit aus Berlin-Kreuzberg sondern um Beteiligungsgesellschaften größerer Konzerne. Ob daraus einmal eine größere Bewegung „demokratischer Unternehmen“ wird? Womöglich.

 

Mitarbeiter suchen sich ihre Aufgaben selbst – oder tauschen sie weg

Auch diese Idee klingt für jeden fremd, der in den klassischen Strukturen deutscher Unternehmen arbeitet: Der Arbeitgeber wird künftig nur noch einen Katalog mit Arbeitsaufgaben unterbreiten, aus dem die Mitarbeiter auswählen und sich selbst den anstehenden Aufgaben zuordnen. Nach heutigen Standards klingt das nach Anarchie und Auflösung aller Strukturen.

Aber auch solche Modelle gibt es schon zumindest in Ansätzen. Es existieren sogenannte „Job-Basare“ auf denen Mitarbeiter ihnen zugewiesene Aufgaben gegen andere Aufgaben tauschen können, die ihnen mehr liegen. Führung bedeutet hier, das vermeintliche Chaos zu dirigieren und dafür zu sorgen, dass trotzdem alle anstehenden Arbeiten erledigt werden.

Zwar sagen die Fach- und Führungskräfte noch überwiegend, dass so ein Trend trotz Digitalisierung eher unwahrscheinlich ist. Aber immerhin 31 Prozent sehen die realistische Chance auf Umsetzung dieser Entwicklung. Und bei weiblichen Führungskräften liegt die Zustimmungsquote sogar bei 48 Prozent.

 

Mehr Selbstführung

Selbstführung ist kein Trend mehr, sondern die Entwicklung ist in den Betrieben deutlich erkennbar: Selbstführung im Sinne von selbstbestimmter und eigenverantwortlicher Arbeitsorganisation der Mitarbeiter. Dass sich diese Entwicklung durch die Digitalisierung sogar noch verstärkt, glauben bereits 75 Prozent der Führungskräfte in der DFK-Studie.

Unternehmen müssen alle Prozesse daraufhin überprüfen, ob sie den Anforderungen an Selbstführung genügen und ob sie genug Spielräume einräumen. Führung wird sich dahin verändern, dass es mehr und mehr zu einem dienenden Ansatz kommen muss. Und bei dem Führungskräfte dafür sorgen, die Rahmenbedingungen für Selbstführung und Aufgabenerledigung zu schaffen und zu sichern.

 

Netzwerke statt Hierarchien

Deutlich werden die Befragten, wenn es um die Zukunft althergebrachter hierarchischer Strukturen geht: Deren Ende ist eingeläutet und die Digitalisierung beschleunigt diesen Prozess noch, denken 64 Prozent. Ersetzt werden sie durch formelle und informelle Netzwerkstrukturen. Bei den befragten Frauen sind es sogar 70 Prozent, die diesen Weg klar vorgezeichnet sehen. Die Top-Manager der Unternehmen sind bei dieser Frage noch etwas zurückhaltend: Von den teilen nur 50 Prozent diese Einschätzung schon heute.

Das Fazit: Austausch und Kollaboration sind die Zukunft, Hierarchien stören und behindern da nur. Verzögerungen, die der Einhaltung von Hierarchien und Berichtswegen alter Prägung geschuldet sind, werden künftig nicht mehr akzeptiert.

 

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