Fragebogen „Nahaufnahme“ mit Idagio-Gründer Till Janczukowicz, der gerne mal Tim Raue wäre, damit alle „Jawoll, Chef!“ zu ihm sagen

Den Fragebogen „Nahaufnahme“ beantwortet Till Janczukowicz, Chef und Mit-Gründer von Idagio, dem Streamingdienst für klassische Musik mit 80 Mitarbeitern und Abonnenten in 180 Ländern.

Seit der Gründung vor vier Jahren hat er es auf über eine Million Nutzer-Konten – also App-Downloads – gebracht. Er bietet einen Katalog mit 1,2 Millionen Tracks und hat Verträge mit mehr als 1000 Labels und Rechteinhabern samt der Deutschen Grammophon, Sony Music und Warner Classics.

 

 

Till Janczukowicz (Foto: Ildagio)

 

Erklären Sie in einem Satz, was Ihr Unternehmen tut.
Wir machen aus jedem Mobiltelefon die ultimative Klassiksammlung.

 

Womit beginnt Ihr Arbeitstag?

Ich stehe gegen sieben Uhr auf und versuche dann den Zustand zwischen Schlaf und Wachsein noch etwas zu verlängern: Zwei Stunden, in denen ich schreibe, ordne, Ideen notiere und Klavier spiele. Man kann das auch Meditation nennen. Oder aus der Perspektive des konkreten Arbeitsnutzens formuliert: eine Technik, Gedanken, die normalerweise im Unterbewusstsein bleiben, in die Bewusstseinsebene zu heben.

 

Wie würden Sie sich selbst als Chef beschreiben?

Inspirierend, offen und partnerschaftlich. Hoffe ich jedenfalls. Und ich kann – bei aller Leidenschaft – loslassen. Der Aufbau eines Start-ups hat viel Ähnlichkeit mit dem Entstehungsprozess eines Kunstwerkes. Es geht darum, Vorstellung in Realität zu verwandeln. Dazu braucht man als Unternehmer aber sehr viel mehr Menschen als die meisten Künstler. Man muss Menschen verschiedenster Kulturkreise und Denkweisen mitnehmen und motivieren. Ich glaube an den Mix von Zuhören, Fragen stellen, eigene Erfahrungen teilen und die anderen dann irgendwann einfach machen lassen.

 

… und was würden Ihre Mitarbeiter darauf antworten?

Ich hoffe, sie würden es bestätigen. Dann würden sie vielleicht sagen, dass ich manchmal auch sehr ins Detail gehe. Letzten Endes, denke ich, dass ich eine halbwegs realistische Selbstwahrnehmung habe.

 

Tee oder Kaffee?

Im Winter Ingwertee, sonst Kaffee.

 

Verraten Sie eine Marotte.

Der Sinn für Jacketts und rahmengenähte Schuhe, die mit handwerklicher Leidenschaft hergestellt wurden. Mit den Jacketts ist das ein Zufall gewesen: 2005 habe ich die Familie Attolini kennengelernt, die ich auf Bitten eines Freundes zum ersten Konzert zu Ehren von Papst Benedikt im Vatikan eingeladen habe, das ich in meinem Vorleben als Künstlermanager und Produzent dort veranstaltet habe. Und seither ist die neapolitanische Familie Attolini für mich der Inbegriff der ultimativen Schneiderei. Wenn Sie mit Mitte 40 ein Startup gründen, finden Sie eine Zeit lang auch Sneakers cool, weil die ganzen Milliardäre im Valley das so machen. Aber irgendwann …

 

Was bringt Sie in Harnisch?

Dummheit und mangelnde Bereitschaft, die Dinge auch einmal aus anderen als den bekannten Perspektiven zu betrachten.

 

…und was bringt andere an Ihnen in Harnisch?

Meine Emotionalität. Viele sagen mir Passioniertheit nach.

 

Was möchten Sie gerne mal machen, wenn Sie wirtschaftlich unabhängig wären, nicht mehr in Ihrer Firma und ganz viel Zeit hätten?

Große Musik spielen. Aber die Zeit würde nie und nimmer reichen, da es noch so ungemein viel große Musik gibt. Anfangen würde ich mit Beethovens Sonaten, den gesamten Scriabin, Ravels Gaspard de la nuit. Aber letzten Endes ist das nur eine andere Form des Versuchs, anderen Menschen große Musik nahe zu bringen.

 

Was schätzen Sie an anderen Menschen am meisten?

Intelligenz in Kombination mit Demut, Durchsetzungsvermögen und: Humor.

 

Auf welche drei Dinge könnten Sie niemals verzichten?

Meine Familie und Freunde, meinen Flügel, Bewegung in der Natur und Wein.

 

Wenn Sie für einen Tag den Job von jemand anderem übernehmen könnten – welcher wäre das?

Wenn es sich nur um einen Tag handeln soll, würde ich liebend gern mit meinem Freund, dem Koch Tim Raue tauschen. Mal ein anderer Umgangston. Keine Slack Channels. In der Küche redet nur einer. Und alle anderen sagen „Jawoll, Chef!“

 

 

Till-Janczukowicz hat einen Faible für rahmengenähte Oxforder – die trägt er vor allem dann, wenn´s ihm besonders wichtig wird. So wie bei dem Konzert im Vatikan beim Papst. Und weil er sie so liebt, brauchen sie auch so edle Spanner.

 

 

 

 

 

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